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Die Delegierten der vier Kölner Kirchenkreise auf der 77. Landessynode in Düsseldorf

Sechs Tage Sitzungen und Debatten – Kölner Rückblick auf die 77. Landesynode der Evangelischen Kirchen im Rheinland

Weniger Regelungen, mehr Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit für die Kirchengemeinden, sowie eine Stärkung der Mitgliederorientierung, Finanzen, das Thema „sexualisierte Gewalt in der Kirche“, die Zukunft der Kirche und Kirche auf dem Kölner CSD standen neben vielen anderen Themen auf der Tagesordnung der 77. Landesynode der Evangelischen Kirchen im Rheinland. „Wir haben die Lebensordnung unserer Kirche den neuen Herausforderungen unserer Zeit angepasst. Es geht darum, dass wir niederschwellig Menschen erreichen und so auch zu Amtshandlungen einladen. Dazu haben wir manche rechtlichen Hindernisse beseitigt“, sagte Bernhard Seiger, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region und Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, mit Blick auf die Synode. „Unser rechtlicher Rahmen wird insgesamt in vieler Hinsicht einfacher (Stichwort „Leichtes Gepäck“), wir müssen agiler werden, um das zu befördern, sind etliche Regelungen vereinfacht worden. Wir haben uns in Arbeitsgruppen und Workshops mit neuen Aktivitäten befasst, die uns voranbringen. Ich nenne das Thema „Mitgliederbindung stärken“ und die Aufgabe, unser Organisationskorsett auf das Kleinerwerden unserer Kirche in vieler Hinsicht einzustellen.“

„Es war eine Synode, in der Wichtiges den gebührenden Platz hatte: Zum Beispiel die deutliche Absage gegen die AfD aufgrund ihrer demokratiefeindlichen Ziele schon im Präsesbericht am Montag und dann als Beschluss der gesamten Landessynode am Freitag“, fasste Susanne Beuth, Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Mitte, ihre Bilanz der Tagung in Düsseldorf zusammen. „Die Synode hat sich nicht geschont, sondern sich mit schweren Themen sehr ernsthaft befasst: Sexualisierte Gewalt in der Kirche, Antisemitismus und Menschenrechtsfragen haben neben den innerkirchlichen Themen wie Mitgliederrückgang und Finanzkrise eine große Rolle gespielt.“

„Das stärkste Signal der Landessynode ist für mich, dass wir uns klar für ein demokratisches und vielfältiges Miteinander in Kirche und Gesellschaft positioniert haben“, sagte Miriam Haseleu, stellvertretende Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Mitte und Mitglied der Kirchenleitung, rückblickend auf die Landessynode. „Die AfD ist für uns keine wählbare Partei. Sie ist menschenverachtend und antidemokratisch. Und wir setzen uns ein gegen jede Form von Antisemitismus an allen Orten an denen wir wirken. Es ist unsere Verantwortung uns diesbezüglich mit der Vergangenheit in unseren Familien und unseren Einrichtungen auseinanderzusetzen und gegenwärtig Sprache und Handlungen für die unverbrüchliche Solidarität mit unseren jüdischen Nächsten zu finden. Ich bin froh und dankbar, dass sich die Delegierten der Jugend wirksam in die Debatten eingebracht haben. Sie setzen sich auf eine bewundernswerte Art für Diversität und Veränderungen in unserer Kirche ein. Ihnen zuzuhören ist sehr wichtig. Nicht weniger als die Zukunft von Gemeinden und Kirche stand zwei Tage im Fokus der Synode. Mehr gemeindliche Vielfalt, mehr Partizipation und Diversität, mehr flexible übergemeindliche Schwerpunktsetzungen und Strukturen werden die evangelische Kirche im Rheinland prägen. Das ist mir wichtig und darauf freue ich mich.“

 

Zukunft der Kirche

Zum ersten Mal in der Geschichte der Synode waren zwei Tage mit Foren und Workshops der Zukunft der Kirche gewidmet. Nach einem Vortrag zur aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung nahmen die rund 200 Delegierten aus 37 Kirchenkreisen an 14 Workshops teil und gingen Fragen von Freiräumen und Vielfalt in der kirchlichen Arbeit, Diversität bis hin zur digitalen Kirche nach. „Wir stellen fest, dass insbesondere Menschen zwischen 20 und 35 Jahren unserer Kirche den Rücken kehren. Viele sind indifferent gegenüber ihrer Kirche geworden, nicht feindselig, aber sie sind gleichgültig“, sagte Bernhard Seiger zu den Workshops am Mittwoch der Synode. „Und dann ist die Frage im Raum, „Warum soll ich für etwas bezahlen, wovon ich jetzt nichts habe?“ Das müssen wir ernst nehmen und daher genau überlegen, was wir tun können, um die Mitgliederbindung insbesondere in dieser Altersgruppe zu stärken. Darum ging es in den Workshops, die ich besucht habe. Wir werden in Köln und Region konkret über Briefaktionen nachdenken, mit denen wir Lebensthemen dieser Altersgruppe aufgreifen. Die Württembergische Kirche hat mit einer solchen Maßnahme durchaus Erfolg.“

„Ich habe trotz der großen Herausforderungen für uns als Kirche keine Resignation, sondern eine Aufbruchsstimmung und Veränderungsbereitschaft erlebt“, sagte Markus Zimmermann, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord. „Ein gesunder Trotz, Hoffnung aus dem Glauben, verbunden mit protestantischer Nüchternheit: Das sind die Grundlagen, die uns weiterhelfen und zu nachhaltigen Lösungen führen werden. Dass vielleicht sogar der sprichwörtliche Satz „weniger ist mehr“ für die Veränderungsprozesse unserer Kirche zutreffen kann, habe ich an vielen guten Ideen und Vorschlägen in dem Workshop, an dem ich teilgenommen habe, wahrgenommen. So haben wir beispielsweise über alternative Mitgliedschaftsformen nachgedacht. Alles erst einmal Ideen und noch nicht spruchreif. Aber sie werden in unseren synodalen Prozessen weiter beraten, und ich bin mir sicher: Unsere Kirche bleibt lebendig und wird auch für distanzierte Menschen wieder zunehmend interessant.“

 

Finanzen und Pfarrstellenrahmenplan

Kreative Konzepte sind für die Zukunft gefragt, denn der Rückgang der Mitgliederzahlen führt auch zu geringeren Einnahmen durch die Kirchensteuer. Nach Jahren steigender Einnahmen trotz wachsender Austrittszahlen wurde 2023 nach Aussagen der Kirchenleitung ein Kipp-Punkt erreicht. So sind die Kirchensteuereinnahmen im Vorjahr um sieben Prozent auf 707 Millionen Euro gesunken – das entspricht einem Minus von rund 54 Millionen Euro. Prognostiziert wird für das Jahr 2024 ein Gesamtkirchensteueraufkommen in Höhe von circa 693 Millionen Euro – ein Rückgang um weitere zwei Prozent gegenüber 2023. „Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass der für 2030 vermutete Kipppunkt der Kirchensteuer bereits im letzten Jahr eingetreten ist. Das heißt, dass die Kirchensteuer insgesamt sukzessive zurückgeht, und zwar leider erheblich“, sagte Superintendent Markus Zimmermann, der auch Vorsitzender des Finanzausschusses der Landeskirche ist. „Für die Kölner Gemeinden bedeutet das auch immer geringere Einnahmen durch die Kirchensteuer. Für eine gewisse Zeit können wir in Köln und der Region den Rückgang der Kirchensteuer durch die Verwendung der klugerweise in den guten Jahren durch den Evangelischen Kirchenverband Köln und Region angesammelten Rücklagen für die Gemeinden noch etwas abfedern.“

Die Evangelische Kirche im Rheinland geht weiter davon aus, im Jahr 2040 nur noch 700 Pfarrstellen zu haben. Auf diese Zahl hat sich die Landessynode verständigt. Der Landessynode 2026 soll ein Vorschlag vorgelegt werden, wie diese Pfarrstellen dann verteilt werden. Vor neun Jahren hatte die Synode erstmals eine Zielzahl festgelegt, damals waren für das Jahr 2030 noch 1000 Vollzeitpfarrstellen vorgesehen.

 

Mitgliederorientierung und neue Lebensordnung

„Durch die Veränderungen in der Kirchenordnung und die neue Lebensordnung haben die Gemeinden mehr Freiheiten, ihre Gottesdienste, die Taufen und Trauungen zu gestalten“, sagte Torsten Krall, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch und Mitglied im Ausschuss für Kirchenordnung und Rechtsfragen. „Es ist möglich, noch mehr danach zu gehen, was Menschen brauchen und dies schnell und vor Ort individuell umzusetzen.“ Dies bedeutet weniger Regelungen, mehr Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit für Pfarrpersonen und Presbyterien sowie eine Stärkung der Mitgliederorientierung. So sind unter anderem nach der neuen Lebensordnung alle Getauften zum Abendmahl eingeladen, Amtshandlungen außerhalb der eigenen Ortsgemeinde werden vereinfacht und Einschränkungen für Gottesdienstorte bei Amtshandlungen fallen weg.

Superintendentin Susanne Beuth begrüßt die Vereinfachungen in der Lebensordnung und der Kirchenordnung: „Die Taufe von Kindern, deren Eltern nicht der Kirche angehören, ist jetzt uneingeschränkt möglich, braucht also keine Ausnahmegenehmigung mehr. Ideen für alternative Leitungsmodelle (Doppelspitze und geteilte Ämter), die an einigen Stellen erprobt werden, werden parallel darauf untersucht, ob sie für die ganze Kirche gesetzlich ermöglicht werden können.“

 

Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt und Präventionsarbeit

Für eine konsequente Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt und eine umfassende Präventionsarbeit setzt sich die rheinische Kirche ein. „Sexualisierte Gewalt widerspricht allem, woran wir glauben und wofür wir stehen“, erklärte Präses Thorsten Latzel auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Landessynode. Die Aufarbeitung sei ein „dauerhafter Lernprozess“, in der Vergangenheit sei Verantwortungsträgern das Ansehen der Institution oft wichtiger gewesen als das Leid der Betroffenen. Ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung sei die sehr breit angelegte ForuM-Studie, deren Ergebnisse am 25. Januar 2024 vorliegen werden, erklärte Präses Thorsten Latzel weiter. Im Unterschied zur katholischen MHG-Studie hat die ForuM-Studie auch die Diakonie, Pendant zur katholischen Caritas, und alle kirchlichen Berufe und Ehrenamtlichen untersucht und bezieht sich nicht nur auf Kinder und Jugendliche, sondern auf alle Altersgruppen.

„Der Umgang mit der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und die Fehler unserer Kirche in den vergangenen Jahrzehnten in dieser Hinsicht ist ein zentrales Thema für uns“, sagte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger. „Ich bin dankbar für den guten Umgang damit auf der Landessynode, insbesondere durch Vizepräses Christoph Pistorius. Entscheidend ist die Haltung. Wir müssen sehen, dass über Jahrzehnte auch in unserer Kirche viele Menschen Leid an Leib und Seele erlitten haben, durch Amtsträger, durch Mitarbeitende, auch Ehrenamtliche, in der Kinder- und Jugendarbeit. Viele Betroffene tragen daran ihr ganzes Leben. Hier gibt es nur eine Haltung: Auf der Seite der Betroffenen stehen, in Kontakt sein, fragen, was jetzt dran ist und ihnen hilft. Und aus all dem für die Prävention weiter zu lernen. Unsere Schutzkonzepte und die Schulungen dienen dazu, dass unsere Kirche gegenwärtig und in Zukunft an möglichst jedem Ort ein sicherer Platz für Kinder und Jugendliche und Erwachsene ist. Wir werden weiter lernen, was war, wo es blinde Flecken gab und gibt und was wir verbessern können. Dazu dient die ForuM-Studie, die wir diese Woche kennenlernen werden.“

 

Abgrenzung von der AfD und Beschluss zum Thema Antisemitismus

Die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland hat sich in einem Beschluss besorgt über demokratiefeindliche Kräfte geäußert und zum entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland aufgefordert. So seien die politischen Grundsätze der AfD nicht vereinbar mit den Grundwerten der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Es ist unsere Pflicht und Überzeugung, dass wir uns als Kirche klar gegen jede Form von Antisemitismus wenden, natürlich gegen den Antisemitismus von Rechts, aber auch den aus dem islamistischen und dem linken Lager“, sagte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger hierzu. „Das Thema Rechtspopulismus und AfD ist auf der Agenda. Ich denke, es muss die Auseinandersetzung um die inhaltlichen Aussagen geführt werden zu den Themen Migration, Zukunft der Wirtschaft und Klimaschutz. Dabei ist klar, dass rassistische und nationalistische und antieuropäische Haltungen zurückgewiesen werden. Daher begrüße ich die Beschlüsse der Landessynode. In Bezug auf die politischen Fragen müssen wir uns aber wirklich auch auf die komplexen Fragestellungen einlassen. Es gibt auf viele gesellschaftlich relevante Fragen auch von den Kirchen keine einfachen Antworten, denn ökonomische Zusammenhänge und die Frage der Politikakzeptanz muss auch unsere jeweilige Argumentation berücksichtigen.“

In ihrer Erklärung „Gegen Antisemitismus. Für Gerechtigkeit und Frieden in Israel und Palästina“ zeigte sich die Landessynode „erschüttert über den alten, wieder erstarkten Antisemitismus und alle seine neuen Formen, die sich zunehmend in unserem Land Bahn brechen“. Weiter heißt es darin: „Wir verurteilen die Anfeindungen und Angriffe auf jüdische Menschen, die auch in unserer Nachbarschaft zugenommen haben. Wir stehen als Christinnen und Christen entschlossen an der Seite von Jüdinnen und Juden. Antisemitismus ist Gotteslästerung und mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar.“ „Die diesjährige Landessynode war von A bis Z ein Statement gegen Antisemitismus – vom Präsesbericht über das Gebet zur Nacht „Wünschet Jerusalem Frieden“ bis zur Verabschiedung des Papiers „Gegen Antisemitismus. Für Gerechtigkeit und Frieden in Israel und Palästina“, bewertet Pfarrer Martin Bock die Beschlüsse zum Thema Antisemitismus. Der Leiter der Melanchthon-Akademie ist Beauftragter für den christlich-jüdischen Dialog im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region. „Wir nehmen damit den Impuls der Synode von 2020 auf, die Synodalerklärung „zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“ von 1980 zu ihrem 40ten Jubiläum zu aktualisieren. Aber natürlich ist die schreckliche Situation des jüdischen Volkes und das Erstarken des Antisemitismus nach dem 7. Oktober auch ein ganz wichtiger Anlass. Mir ist wichtig, dass die Synode unmissverständlichen Klartext gesprochen hat darin, die traumatische Situation der weltweiten jüdischen Community durch den grausamen Überfall der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel voller Schmerz zu sehen und treu an der Seite Israels zu bleiben. Das hat auch das Friedensgebet sehr berührend zum Ausdruck gebracht. Für unser Zusammenleben mit jüdischen Menschen in Deutschland ist das sehr wichtig! Es ist in der Tat so: Jüdische Gemeinden und Verbände leben in unserem Land in Angst! Sehr konkret; Wer zum Synagogengottesdienst geht, spricht oftmals nicht öffentlich darüber, die Kippa wird kaum noch in der Öffentlichkeit getragen usw. Das sind untragbare Zustände. Was wir zivilgesellschaftlich dagegen tun können, müssen wir tun! Antisemitismusprävention bleibt eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe. Zugleich spricht die Synode auch innerkirchlich Klartext: Antisemitismus ist Gotteslästerung! Das heißt: Alles, was in UNSEREM EIGENEN Handeln, Reden und Beten von Antisemitismus getränkt ist – wissentlich oder unwissentlich – ist ein Verstoß gegen das erste Gebot! DESHALB ist eine verstärkte theologische, Bildungs-Anstrengung nötig, dieses Statement „Antisemitismus ist Gotteslästerung“ zum Thema zu machen, in der Gottesdienst- und Predigtarbeit, in Gemeindeveranstaltungen, in unseren öffentlichen Statements, in der aufmerksamen „Revision“ unserer Kirchen. Was steht da auf dem Altar, was bilden Fenster und Taufsteine ab? Der dritte Klartext richtet sich auf die politische Zukunft der Region. So schwierig es im Moment ist, sich eine Zweistaaten-Lösung vorzustellen, möchte die Synode an dieser politischen Roadmap festhalten – weil wir mit davon überzeugt sind, dass sie für die Menschen in Israel und Palästina – und auch für die Perspektiven im Nahen Osten, für die arabischen Staaten –  ein Baustein zum dauerhaften Frieden ist. Ich glaube deshalb, dass wir als Christenmenschen gar nicht anders können, als zu sagen: „Wir unterstützen alles, was zur Beendigung der humanitären Katastrophe für die Zivilbevölkerung in Gaza beiträgt.“ Wir wollen damit keine Schuldzuweisungen aussprechen, sondern unserem Mitleiden und Schmerz Ausdruck verleihen.“

Miriam Haseleu (li) und Wibke Janssen

In einem Friedensgebet am Mittwochabend unter der Überschrift „Wünscht Jerusalem Frieden“ (Psalm 122) gedachten die Mitglieder der Synode dem unermesslichen Leid nach dem Terrorangriff der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel und dem Krieg zwischen Israel und der Hamas mit seinen Opfern in der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen. Pfarrerin Miriam Haseleu hatte den Abend unter anderem mit Oberkirchenrätin Wibke Janssen vorbereitet und gestaltet. Mit einem Gebet drückte Pfarrerin Miriam Haseleu die Betroffenheit und Ratlosigkeit vieler Menschen angesichts des Krieges in der Region aus:

„Gott,
mit Fragen sind wir hier.
Ratlos und erschrocken.
Wir sind hier und suchen nach der Gemeinschaft miteinander rund mit dir.
Wir wollen uns stärken, um gute Worte zu finden,
um da zu handeln, wo wir gefragt sind.
Wir lassen uns bestärken, dass wir mitfühlen mit denen,
deren Leben bedroht ist, die trauern, die verzweifelt sind –
mit all denen, die nicht in Frieden leben können – in Israel und in Palästina.

Wir brechen auf, um das zu tun, was wir können, für das, worauf wir hoffen:
Freiheit, Sicherheit und Frieden für Israel und Palästina.
Das alles scheint fern.
Woher kommt Hilfe?
Wir hoffen auf dich, Gott,
und auf den Frieden, der von dir kommt.
Frieden. Salam. Shalom.
Amen“

 

EU-Außengrenzen und Kirchenasyl

Der Landessynode wurde auch der 14. Bericht zum Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen vorgelegt. „Der Bericht legt die Finger in die Wunden“, sagte Kirchenrat Rafael Nikodemus, aus dem Dezernat Ökumene. So zeige der Bericht, dass sich die humanitäre und rechtliche Situation von Geflüchteten in Europa keineswegs entschärft habe. „Es gibt an den EU-Außengrenzen massive völkerrechtswidrige, gewaltsame Menschenrechtsverletzungen – nicht nur am Mittelmeer“, sagte Superintendentin Susanne Beuth, Mitglied des Ausschusses für Öffentliche Verantwortung der Landeskirche. „Das Ziel ist, dass Menschen gar nicht die Chance bekommen, Asyl zu beantragen.“ Nach Darstellung des Berichtes kommt es immer wieder zu gravierendsten Menschenrechtsverletzungen an Europas Außengrenzen. Zugleich drohe ein Aufweichen humanitärer und menschenrechtlicher Standards in der europäischen Asylpolitik. Die Landessynode stellte fest: „Der Platz von Christinnen und Christen ist und bleibt an der Seite der Schutzsuchenden.“ Sie forderte zum Thema Kirchenasyl „Lösungen, bei denen menschen- und völkerrechtliche Gesichtspunkte gewahrt bleiben“.

 

CSD 2024 und Architekturpreis

Über zwei gute Nachrichten konnten sich die Delegierten aus den vier Kölner Kirchenkreise freuen: Die Evangelische Kirche im Rheinland unterstützt den CSD 2024 und der Publikumspreis zum Architekturpreis ging nach Köln-Nord.

„Die Evangelische Kirche im Rheinland wird sich am CSD 2024 in Köln beteiligen und vertraut dabei auf die schon 2023 bewährte Organisation durch die Queere Kirche Köln“, freute sich Superintendentin Susanne Beuth. Die Landessynode hat beschlossen, die „Queere Kirche“ in Köln bei der Finanzierung ihrer Teilnahme am Christopher Street Day (CSD) am 21. Juli 2024 finanziell zu unterstützen und ermutigt zur Teilnahme. „Mich freut es sehr, dass die Rheinische Kirche mit einem Wagen beim nächsten CSD in Köln vertreten sein wird“, kommentierte Superintendent Torsten Krall diese Entscheidung der Synode. „Darüber gab es kaum Diskussionen, die Zustimmung stützt sich auf eine sehr breite Mehrheit.“ Die Organisation der Teilnahme soll weiterhin bei dem Erprobungsraum „Junge, digitale, bewegliche und queere Kirche in Köln“ unter der Leitung von Pfarrer Tim Lahr liegen.

Der Publikumspreis zum Architekturpreis 2023 der Evangelischen Kirche im Rheinland geht an die Erlöserkirche in Köln-Weidenpesch. Präses Thorsten Latzel überreichte Superintendent Markus Zimmermann eine Urkunde während der Landessynode in Düsseldorf. „Persönlich war es für mich natürlich auch ein Highlight, dass unsere Ev. Begegnungsgemeinde einen weiteren Preis für unsere neue Erlöserkirche mit nach Hause nehmen konnte, den EKiR- Publikumspreis für die künstlerische Gestaltung des Gottesdienstraumes“, freute sich Superintendent Markus Zimmermann. Die Ausstellung zum Architekturpreis im rheinischen Landeskirchenamt war seit Ende November zu sehen. Plakate der Ausstellung lieferten einen Eindruck von den Projekten und haben dadurch eine Abstimmung über den Publikumspreis ermöglicht. Die neuen Prinzipalstücke der Künstlerin Gabriele Wilpers aus der Kategorie „Künstlerische Gestaltung“ überzeugten die meisten Besucherinnen und Besucher der Ausstellung im Landeskirchenamt in Düsseldorf. Im Urteil der Jury hieß es: „Die Künstlerin gestaltet das Fenster durch bewegliche, teils farbige Glaselemente. Es werden differenzierte Lichtstimmungen in dem Raum erzeugt. Für die Gestaltung des Altars und der Kanzel wurde ebenfalls Glas gewählt.“ Die Künstlerin habe mit Licht und Material gespielt.

 

Ökumene

In seinem Grußwort auf der Synode in Düsseldorf hatte Weihbischof Rolf Steinhäuser am Sonntag eine gewisse Distanz in der Ökumene angesprochen. Hierzu sagte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger: „Ich habe mich über das gute und klare Grußwort des Bischofs sehr gefreut. Er hat den weißen Elefanten im Raum benannt, also das Schweigen und die Distanz zwischen dem Bistum Köln und der rheinischen Landeskirche seit zwei Jahren. Die Gründe sind klar: Es ist für die evangelische Seite angesichts des Agierens der Bistumsleitung nicht einfach, in Kontakt zu sein, zumal es tiefe Verwerfungen innerhalb unserer katholischen Schwesterkirche gibt. Aber wir bleiben Geschwister und wir gehören als Kirchen zusammen, das ist der Lernweg seit dem 2. Vatikanischen Konzil, und sehr viel wurde erreicht. Der Weihbischof hat Recht, das letzte große Miteinander auf dieser Ebene war im Jahr des Reformationsjubiläums 2017. Aber wir können gleichwohl vor Ort und auf der mittleren Ebene ganz viel miteinander machen. Und das geschieht ja auch. Es wäre nur gut, wenn auch unsere Leitungen erkennen, dass wir einen gemeinsamen Auftrag für die Menschen haben. Ich weiß, es ist schwer mit konkreten Aktionen, aber dann kann ich zumindest den Schmerz über das kalte Nebeneinander ausdrücken. Und ich glaube, wenn wir uns an Bischof Steinhäuser halten, der der Landeskirche die ausgestreckte Hand hingehalten hat, dann finden wir auch Wege. Bischof Steinhäuser hat in Düsseldorf in der Johanneskirche gesagt: „Umkehr zu mehr gemeinsamem Handeln und Nachdenken angesichts der Krisenszenarien ist nötig.“  Dem stimme ich voll und ganz zu und denke: Wenn man miteinander redet und das Ziel hat, gemeinsam etwas zu erreichen, wird man auch Wege dafür finden. Bei den politisch brisanten Themen kann eine gemeinsame Haltung der großen Kirchen in der Öffentlichkeit helfen. Das heißt nicht, die Differenzen, die wir haben in Bezug auf Sexualmoral, Rolle der Frauen in der Kirche oder Macht zu verschweigen, aber es gibt reichlich Gemeinsames!“

„Die Synode war ein sehr lebendiger Ausdruck des „Umbaus“ unserer Landeskirche: in der Suche nach neuen Gemeindeformen, im Ernstnehmen der veränderten gesellschaftlichen Wahrnehmung des Christseins, auch in einem neuen Ringen um einen ökumenischen Dialog mit der katholischen Kirche, mit der wir gerade an diesem Punkt in einem Boot sitzen“, fasste Akademieleiter Martin Bock die Synode aus seiner Sicht zusammen. „Es ist ja leise um die Ökumene geworden, weil viele enttäuscht sind oder das Interesse zu verlieren scheinen, weil manche Durchbrüche sich verzögern oder auch verhindert werden. Aber wir haben auf der Synode gemerkt: Es gibt – das zeigt insbesondere die neue Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung – eine große Sehnsucht, dass die Kirchen mit gemeinsamer Stimme auftreten, sich für Schwache starkmachen, eine verständliche Sprache der Hoffnung und Menschenfreundlichkeit sprechen! Das eigenständige Profil unserer Kirche im Sinn der Abgrenzung zu anderen Kirchen ist nicht das Thema vieler Menschen, sondern der Brückenbau, wo er eben möglich ist. Für mich ruft das nach einem neuen ökumenischen Aufbruch! Wir sollten noch entschlossener nach einer selbstverständlichen gemeinsamen Kultur und Glaubens-Sprache suchen und sie in Stadt und Land zum Ausdruck bringen, indem wir zum Beispiel dafür sorgen, dass kirchliche Orte – egal welcher Konfession – in der Nähe sind, dass Christenmenschen ansprechbar und in der Öffentlichkeit präsent sind. Eine solche arbeitsteilige Ökumene an der Basis bzw. in den urbanen und ländlichen Orten kann das Kleiner Werden unserer Kirche abfedern und uns entspannter darauf zugehen lassen.“

 

Landessynode 2025

Die nächste, 78. ordentliche Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland findet an einem anderen Ort und zu einem anderen Zeitpunkt statt. 2025 und 2026 wird das Maritim in Bonn neuer Tagungsort sein. Und geplant ist die Tagung 2025 vom 2. bis 7. Februar.

Text: EKiR / APK
Foto(s): APK