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„Pop-Kantor“ geht ungewöhnliche Orgel-Wege in der Kölner Trinitatiskirche

„Die Orgel ist der Oberhammer! Die zweitgrößte auf unserer Tour, jeder Ton sitzt perfekt, alles ist sauber gestimmt und sie hat viele kleine Helferlein“, schwärmt Nico Wieditz vor seinem Konzertauftritt in der Kölner Trinitatiskirche. Besonders lobt er die herausragenden Klangqualitäten und schier unendlichen Möglichkeiten der großen Klais-Orgel. Der 42-jährige Kirchenmusiker aus Ostdeutschland muss es wissen, machte er doch vor seinem Auftritt in der Kölner Kulturkirche auf seiner aktuellen Herbst-Tour an zahlreichen renommierten Orgeln Station, etwa in Erfurt, Görlitz, Hamburg oder Jena.

Sein Musik-Projekt „Starlights.Live“ ist ihm ein Herzensanliegen, das er bereits an vielen Orten in Deutschland präsentiert hat. Starlights.live, so Wieditz, will eine Brücke schlagen zwischen der klassischen Orgelmusik, elektronischen Klängen und bewegten Bildern. Er will eine neue Balance zwischen „echter“ Kirchenmusik und Elementen der Unterhaltungsmusik herstellen und die Kirchenorgel einem größeren und jüngeren Publikum erschließen. Seine Veranstaltung nennt er SynthPhonisches Orgelkonzert – und in der Tat ist das Format etwas Besonderes und kaum mit einem Satz beschreiben.

Der „Pop-Kantor“ erfüllt auch Zuschauerwünsche
Alles beginnt – ungewöhnlich für ein Orgelkonzert – mit einem kräftigen Pausengong, der das Publikum zur Konzentration und Stille ruft. Dann folgen auf einer großen Leinwand im Altarraum stimmungsvolle Bilder von Sternen, Milchstraßen und unendlicher Weite gepaart mit sphärischen Klängen, in die sich unmerklich, aber in großem Crescendo nach und nach echte Orgeltöne bis zum Fortissimo mischen. Wer nun weitere stimmungsvolle Filme erwartet, wird abermals überrascht. Plötzlich gibt eine Kamera den Blick auf die drei Manuale der Orgel frei und zeigt für einen kurzen Moment die vielen Schalter, Registerzüge und Tasten am Spieltisch. Und schon der nächste Bildwechsel: Der Solist des Abends erscheint frontal im Bild – gefilmt von einer weiteren Kamera am Notenpult. Sympathisch und eloquent führt Nico Wieditz, der sich gerne als „Deutschlands Pop-Kantor“ bezeichnet, sein Publikum durch den Abend, zitiert hier ein wenig Bach, da ein wenig Beethoven, dann das Phantom der Oper, Filmmusiken, StarWars, Schlager und erfüllt auch Zuschauerwünsche.

Informieren, unterhalten, verzaubern
Mit Hilfe sehr guter Kameratechnik und exzellenter Beschallung gelingt es Wieditz, Kontakt zu seinen Zuhörerinnen und Zuhörern, die viele Meter von ihm entfernt tief unten im Kirchenschiff sitzen, aufzubauen. Er schafft es, zu informieren, zu unterhalten und schließlich das Publikum an die Hand zu nehmen, einzubeziehen und zu verzaubern.

So wie sein Starlights.Live-Projekt passt auch Nico Wieditz in kein gängiges Schema: Der Orgel-Autodidakt arbeitet als Kantor in Thüringen, ist als Klavier- und Synthesizer-Pädagoge, Dirigent, Komponist, Texter und als Tonmeister tätig, beherrscht viele Instrumente und deckt beinahe alle Stile der E- und U-Musik ab. Aber er hat ein klare Mission: junge Menschen über ungewöhnliche Wege und Programme für die Orgelmusik zu begeistern. Beim Kölner Publikum ist ihm dies in der Trinitatiskirche bei seinem mehr als zweistündigen Konzert in jedem Fall gelungen.

 

 

Text: Wolf-Rüdiger Spieler
Foto(s): Wolf-Rüdiger Spieler