You are currently viewing „Suche den Frieden und jage ihm nach!“
Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen [ACK], Susanne Beuth, beim ökumenischen Gottesdienst mit anschließendem Neujahresempfang der ACK in der Basilika St. Gereon

„Suche den Frieden und jage ihm nach!“

Unter dem Motto der Jahreslosung „Suche den Frieden und jage ihm nach!“ lud die Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen in Köln (ACK) ein zu einem ökumenischen Gottesdienst mit anschließendem Neujahrsempfang in die Basilika St. Gereon. Susanne Beuth, Vorsitzende der ACK und Pfarrerin in Köln-Klettenberg, begrüßte die Gäste, darunter Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. Die Predigt hielt Dr. Eberhard Schockenhoff, Professor für Moraltheologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau. Der Moraltheologe predigte über das Thema der Jahreslosung: „Frieden“, schlug jedoch direkt den Bogen zum Neuen Testament.  „Seligpreisungen mögen uns heute merkwürdig vorkommen.“ Aber in biblischer Zeit seien Seligpreisungen „praktische Weisheitsformeln“ gewesen. „Glücklich ist, wer vorgesorgt hat, wenn Not kommt. Glücklich ist, wer eine Familie hat.“ Aber es habe auch drohende „Seligpreisungen“ gegeben mit apokalyptischen Hintergrund: Die neue Welt könne nur entstehen, wenn die alte untergehe. Es gebe eine letzte Gelegenheit, vor dem Untergang Buße zu tun.

Die Bergpredigt stelle hingegen keine Bedingungen und erwarte keinerlei Vorleistungen von den Menschen. „Das ist die Umwertung aller Werte. Menschen werden als Adressaten genannt, die nach weltlichen Maßstäben nicht so glücklich sind“, sagte der Prediger über die Seligpreisungen in der Bergpredigt: Arme, Trauernde und Verfolgte. Und fuhr fort: „Selig die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.“ Damit seien nicht jene gemeint, die die bloße Abwesenheit von Aggression als Frieden bezeichneten. Deshalb sei die Übersetzung „Selig sind die Friedfertigen“ zu blass. Gemeint seien vielmehr die, die leidenschaftlich engagiert seien für einen stabilen Frieden. „Die, die mit sich selbst in Frieden sind, können auch mit anderen in Frieden leben. Der Gerechte leidet lieber, als anderen Leid anzutun.“ Und das sei keine schwache christliche Sentimentalität. „Kein Krieg bietet mehr die Aussicht, einem Volk mehr Nutzen als Schaden zu verursachen.“ „Frieden ist keine Selbstverständlichkeit“, sagte der Prediger. Er könne angesichts unterschiedlicher Interessen der Staaten jederzeit in Krieg umschlagen. Der Begriff Schalom bedeute nicht einen vorübergehenden Nichtkrieg. „Der Schalom lässt Krieg nicht mal als gedankliche Möglichkeit zu“, erklärte Schockenhoff.

Und die, die Frieden stifteten, seien Töchter und Söhne Gottes, wie es sich aus der Bergpredigt ergebe. Von der sei die christliche Friedensbewegung des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst worden. Schockenhoff erinnerte an den Österreicher Franz Jägerstätter, der als Kriegsdienstverweigerer von den Nazis wegen „Wehrkraftzersetzung“ hingerichtet wurde. Und an den katholischen Priester Max Josef Metzger, der vom Volksgerichtshof unter Vorsitz von Roland Freisler zum Tode verurteilt und ebenfalls hingerichtet wurde. Beide hätten sich der Kriegsbegeisterung in den Kirchen widersetzt. Für Metzger sei die Entfesselung militärischer Gewalt ein Akt des Ungehorsams der europäischen Christen gegen Gott und die Bergpredigt gewesen. Und der größte Frevel, dass die beiden Weltkriege vom Boden des christlichen Abendlandes ausgegangen seien, wo nach dem Willen Jesu Feindesliebe und Frieden herrschen sollte.

In Sachen Friedensethik gebe es eine große ökumenische Übereinstimmung, sagte Schockenhoff. Der „gerechte Frieden“ in der politischen Welt sei der „Friede durch Recht“. Die Philosophen hätten für ihre Vorschläge die Ethik Immanuel Kants für die heutige Zeit weitergedacht. Danach stehe der „gerechte Frieden“ auf vier Säulen. Die seien: Einsatz für Menschenrechte, Förderung der Demokratie, gerechter Welthandel und der Ausbau internationaler Organisationen. Aber: „Der Friede Gottes, der größer ist als unsere Vernunft, ist uns zur Nachahmung aufgegeben. Wir werden ihn nie vollständig erreichen. Aber wir richten uns nach ihm aus.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann