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NRW-Gesetzentwurf für stärkeren Sonntagsschutz

Am 28. Februar 2013 fand im Düsseldorfer Landtag auf Einladung der SPD-Landtagsabgeordneten Dagmar Andres, Brigitte Dmoch-Schweren und Guido van den Berg ein Gespräch mit Vertretern der „Rhein-Erft-Allianz für den freien Sonntag“ statt: mit Detlef Kornmüller vom KAB-Stadtverband Wesseling, Alfred Link, KAB-Kreisvorsitzender im Rhein-Erft-Kreis, Siegfried Dörr, DGB-Kreisvorsitzender des Rhein-Erft-Kreises sowie Superintendent Dr. Bernhard Seiger für den Evangelischen Kirchenkreis Köln-Süd. Gegenstand des Gesprächs war der Gesetzesentwurf der Landesregierung zur Änderung des Ladenöffnungsgesetzes, der sich zurzeit im Beratungsprozess befindet. Die Vertreter der Rhein-Erft-Allianz begrüßen das Gesetzesvorhaben, den Schutz des Sonntags wieder stärker sicher zu stellen: Die Gesetzesnovelle sieht landesweit eine Reduzierung der möglichen verkaufsoffenen Sonntage vor.

In der Praxis bisher weit mehr verkaufsoffene Sonntage möglich
Im Einzelnen ist vorgesehen, dass die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage je Kommune auf 12 Sonntage und einen Adventssonntag begrenzt wird. Nach der noch geltenden Rechtslage war und ist es möglich, dass die einzelnen Stadtteile eigene Regelungen vorsehen können. Das kann in der praktischen Umsetzung tatsächlich zu einer viel höheren Zahl von Verkaufstagen führen. Künftig soll, so der Gesetzesentwurf, wieder vorgesehen sein, solche Ausnahmen auf besondere kommunale Anlässe zu begrenzen. Die maximale Ladenöffnungszeit am Samstag soll von 24 Uhr auf 22 Uhr reduziert werden.

Dr. Seiger für die „Rhein-Erft-Allianz“: „Schritt in die richtige Richtung“
Die „Rhein-Erft-Allianz für den freien Sonntag“ versteht das Gesetzesvorhaben, so der Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, Dr. Bernhard Seiger, für die Allianz, „als einen Schritt in die richtige Richtung, den grundsätzlichen Schutz des Sonntags zu stärken.“ Für die Allianz habe jedoch, so Seiger, weiter die Zielsetzung Priorität, einen grundsätzlich arbeitsfreien Sonntag – im Sinne des Grundgesetzes – zu erreichen.
Die Vertreter der Allianz haben in ihrem Gespräch mit den NRW-Landtagsabgeordneten deutlich gemacht, dass die Beteiligung der örtlichen Interessengruppen wie der Kirchen, Gewerkschaften sowie der Vertreter von Handel und Gewerbe nicht nur wünschenswert ist, sondern mit Blick auf die Anwendung des Gesetzes auf kommunaler Ebene sicher gestellt werden sollte: „Erst auf Grundlage dieser Stellungnahmen ist eine differenzierte Bewertung einer Ausnahmeregelung durch die Stadträte möglich“, so Dr. Bernhard Seiger.
Die drei Landtagsabgeordneten begrüßten das Anliegen und wollen es im weiteren Beratungsverfahren über den Gesetzesentwurf in die Diskussion einbringen.

Pfarrer Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd.

Der Online-Redaktion im Presseamt des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region gab Superintendent Dr. Bernhard Seiger folgenden Ausblick auf das weitere Verfahren, die Rolle der Kirchen im Dialog – und eine theologische Einordnung zur Sache:

Im Gespräch mit den Landtagsabgeordneten wurde für uns erkennbar, dass nach der Expertenanhörung im Landtag Mitte Februar die Grundzüge des Gesetzes inzwischen feststehen. Es wird wohl keine grundsätzlichen Veränderungen mehr geben. Eine Verabschiedung noch vor der Sommerpause ist wahrscheinlich. Damit liegt der Ball, nach meiner Einschätzung, vor allem im Feld der Lokalpolitik – und damit auch der Kirchengemeinden: Diese werden mit ihren Lokalpolitikern über die Frage der Anwendung des Gesetzes ins Gespräch kommen.

Das Gesetz beschreibt ja nur einen Maximalrahmen für Sonntagsöffnungen: Welche Ausnahmen von der Sonntagsruhe gemacht werden, das heißt, an wie vielen Sonntagen die Geschäfte in den Kommunen, also in der Stadt Köln und in den Kommunen des Rhein-Erft-Kreises und des Rheinisch-Bergischen Kreises, künftig tatsächlich geöffnet werden dürfen – das wird in den Stadträten im neuen Rahmen entschieden. Hier gilt es, kontinuierlich im sachlichen Dialog mit den Politikern darüber zu sein, welche Regelungen vor Ort und unter Berücksichtigung des lokalen Bedarfs sinnvoll sind.

Die Rolle der Kirchen kann darin bestehen, immer wieder das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass es einen gesunden Lebensrhythmus von Leben, Arbeiten, Feiern und Ruhen gibt, der allen gut tut. Dazu gehört auch, Ausnahmen von der Sonntagsruhe als solche – eben als Ausnahmen – wahrzunehmen. Und den Wert gemeinsamer freier Zeit zu schätzen: Diese muss im oft rasanten Rhythmus der Woche deutlich unterscheidbar bleiben vom Alltag. Darum stellen wir Fragen wie diese: Wie finden Menschen heute die richtige Balance zwischen Dynamik und Entschleunigung? Wissen wir eigentlich noch, welcher Schatz die gemeinsame freie, nicht verwertbare, unproduktive Zeit für unser Menschsein darstellt?

Die Kultur des Sabbats und des Sonntags ist eine Chance, die Bedeutung von Pausen, von Unterbrechungen und von Lebensrhythmen und auch die Zyklen der Natur, wieder mehr in den Blick zu nehmen, zu erleben.“

Stichwort „Rhein-Erft-Allianz für den freien Sonntag“

Die „Rhein-Erft-Allianz für den freien Sonntag“ wurde am 25. Februar 2011 in Wesseling gegründet. Sie hat das Ziel, das Bewusstsein für den Schutz des freien Sonntags zu stärken und sich für seine gesetzliche Verankerung einzusetzen. An der Allianz sind ferner das katholische Kreisdekanat des Rhein-Erft-Kreises, der evangelische Kirchenkreis Köln-Nord und ver.di-Bezirk Aachen/Düren/Erft beteiligt.

Text: Dr. Bernhard Seiger/APK
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