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Neubrück und Höhenberg/Vingst: Angliederung Kölner Kirchengemeinden

„Wir mussten handeln, um die Seelsorge vor Ort sicherzustellen“, erklärt Hans-Jochen Schaefer. Er saß bis zuletzt dem Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Neubrück im rechtsrheinischen Köln vor. Deren Mitgliederzahl war rückläufig, die 50-Prozent-Einzelpfarrstelle blieb nach dem Weggang von Pfarrerin Alice Husken unbesetzt. 50-Prozent-Einzelpfarrstellen aber werden von der Landeskirche nicht zur Besetzung freigegeben. Aufgrund dieser prekären Situation nahm die Gemeinde Neubrück etwa Mitte 2010 mit benachbarten Gemeinden Gespräche über eine mögliche Verbindung auf. Dazu gehörte die Evangelische Kirchengemeinde Köln-Höhenberg/Vingst. Mit ihr pflegten die Neubrücker seit langem ein gutes Miteinander. Schon in der ersten Phase nach 1973, als die Evangelische Kirchengemeinde Neubrück aus der Evangelischen Kirchengemeinde Brück-Merheim hervorgegangen war, leisteten insbesondere die Höhenberg-Vingster der jungen selbständigen Nachbarin starke finanzielle Unterstützung. Die Verbundenheit kam auch jetzt wieder zum Tragen: Zum 1. Januar 2012 wurde die Gemeinde Neubrück aufgehoben und der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Höhenberg/Vingst angegliedert. Gleichzeitig benannte sich letztere um. Der neue gemeinsame Name lautet jetzt Evangelische Kirchengemeinde Vingst-Neubrück-Höhenberg.

Gleichberechtigte Partner
„Die Mitglieder in Neubrück werden in unsere Mitte aufgenommen“, betont Jörg Wolke, Pfarrer der Erlöserkirche in Höhenberg. In den Gesprächen sei von Anfang an Wert auf ein gleichberechtigtes Miteinander gelegt worden. „Zu keinem Zeitpunkt wollten wir den Eindruck einer ´feindlichen Übernahme´ erwecken“, so Wolke. Als gleichberechtigte Partner – die Nennung und Position von Neubrück im Gemeindenamen dokumentiert es – bilde man nun gemeinsam etwas Neues. Die Entscheidung zugunsten einer Angliederung fiel aus pragmatischen Gründen. „Das Verfahren der Angliederung läuft wesentlich schneller“, erläutert Wolke. Während bei einer Fusion (mindestens zwei) selbständige Gemeinden ein völlig neues, gemeinsames Konstrukt bilden, bedeutet eine Angliederung das Aufgehen der einen Gemeinde in einer anderen. Dies kann auch zur Vereinnahmung der einen durch die andere Gemeinde führen. (Ausführliche Informationen über die Regelung solcher Fälle in der Evangelischen Kirche im Rheinland finden sich beispielsweise hier und hier.)

„Mit Elan und Zuversicht“
Aber von Vereinnahmung könne in Vingst-Neubrück-Höhenberg eben nicht die Rede sein, unterstreichen Wolke wie Schaefer: „Die Neubrücker fühlen sich herzlich willkommen geheißen.“ Dass die Angliederung nicht nur friedlich, sondern zudem relativ schnell vonstatten ging, war dem erhöhten Handlungsdruck geschuldet. „Wir haben uns nicht entmutigen lassen“, so Schaefer. Mit Elan und Zuversicht habe man in kürzester Zeit eine zufriedenstellende Lösung erreicht. „Wir haben das Zepter in die Hand genommen und im Rahmen des Kirchenrechts gehandelt.“ Man befinde sich hier in einem enormen Umstrukturierungsprozess, so Wolke. „Wo Leben ist, da wandelt sich etwas, darauf muss man sich einstellen. Und das haben wir hier verstanden.“ Aufgrund der starken Vertrauensbasis und des guten Miteinanders besteht eine formale Angliederung bereits seit April 2011. Früh schon fanden die Presbyteriumssitzungen gemeinsam statt. Auch der Haushalt wurde gemeinsam verabschiedet. Noch früher hatte man die Gottesdienstzeiten angepasst. Das ermöglicht Wolke seither, sonntags in Höhenhaus und Neubrück zu predigen. „Wir haben hier eine win-win-situation“, meint der Pfarrer. Denn auch Höhenberg-Vingst habe Einschnitte zu verkraften. „Wir mussten eine komplette Pfarrstelle abbauen. Daher haben gute Gespräche auf gleicher Ebene stattgefunden.“ Künftig verfügt die insgesamt 4.822 Mitglieder zählende Gemeinde über eineinhalb Pfarrstellen. Wolke bekleidet unverändert eine volle Stelle, die weitere halbe ist derzeit ausgeschrieben. Sie wird durch die Landeskirche besetzt.

„Wir werden sehen, wie das sich entwickelt“
Auf allen Ebenen der Gemeinde finde ein Austausch statt, informierten Schaefer und Wolke. Gleichwohl sei die gemeinsame Konzeption bislang weder strukturell noch formal abgeschlossen. In diesem Zusammenhang sei es nämlich geboten, die/den demnächst mit der zweiten Pfarrstelle betraute(n) Pfarrerin/Pfarrer einzubeziehen. Alles sei im Fluss. „Das Ganze ist noch nicht zu Ende durchstrukturiert. Es ist einiges an Veränderung im Gange. Wir werden sehen, wie das sich entwickelt.“ Das gelte auch für die Diskussion um die Gebäude der Gemeinde – darunter die Erlöserkirche in Höhenberg, die Trinitatiskirche in Neubrück und das Paul-Gerhardt-Haus in Vingst. „Wir haben eine Strukturanalyse erstellen lassen. Mit den Ergebnissen befassen wir uns jetzt.“

Die Herausforderungen können nur gemeinsam bewältigt werden
Mit Erstaunen hat Wolke den vertrauensvollen Umgang der Beteiligten miteinander und deren Offenheit erlebt. Zudem hätten sich die Presbyterinnen und Presbyter sehr kreativ im Denken gezeigt. Überhaupt sei die Zusammenführung ohne das Engagement der vielen Ehrenamtlichen schwerlich möglich gewesen. „Wir wissen, dass wir eine erste Etappe geschafft haben und noch einiges zu tun bleibt“, so Schaefer. Er sieht mit Freude, „dass unsere beiden Gemeinden sich sehr bemühen, zu einer Gemeinde zusammen zu wachsen“, um die Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Zwar wurde schon der Neujahrsgottesdienst in der Erlöserkirche unter Teilnahme der aktuell vier Ordinierten in der Gemeinde gemeinsam gefeiert. Die offizielle „Vereinigungsfeier“ steht aber noch aus. Ins Auge gefasst werden soll ein Termin nach dem 5. März, dem erwarteten Einführungstag der neu gewählten Presbyterinnen und Presbyter.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich