Musik und Gesang in einem Gotteshaus sind nicht ungewöhnlich. Tanzen und schwofen schon eher. Was jetzt beim „Loss mer singe“-Benefiz-Konzert mit Brings und drei Bläck Fööss in der Nippeser Lutherkirche, die seit zwei Jahren auch unter KulturKirche Köln „firmiert“, abging, setzte allerdings neue Maßstäbe. 450 Besuchende erlebten mitreißend-ansteckende zweieinhalb Stunden. Sozusagen eine „superjeile Zick“ mit fetzig-ausgelassenen, aber auch nachdenklichen, bisweilen andächtig-verträumten Momenten. Dabei gehörten sie selber zu den Protagonisten des Abends. Denn „Loss mer singe“ bedeutet ganz einfach: Nicht nur zuhören, sondern mitmachen. „Es bedarf Eurer Mitarbeit“, schickte der „Hausherr“, Pfarrer Thomas Diederichs, voraus. Auch Georg Hinz machte deutlich: „Es kommt auf Euch an!“
Hinz hat die Mitsing-Konzertreihe vor drei Jahren initiiert. Seitdem ist er gemeinsam mit Lutz Langel „unterwegs in Sachen Transportmittel für kölsches Liedgut“. „Normalerweise treiben wir uns in Kneipen ´rum. Daher ist es um so schöner und spannender, dass wir heute in diesem besonderen Raum zum Mitsingen einladen dürfen“, meinte Hinz. Die Angesprochenen ließen sich nicht lange bitten. Ein Textheft in der Hand, stimmten sie zunächst ein in die Klassiker und neuen Stücke von Brings. Anschließend ging es mit Kafi Biermann, Bömmel Lückerath und Hartmut Priess, denen Brings instrumental wie vokal zur Seite sprang, in die Liederwelt der Fööss. Aus ihrer Freude über das „außergewöhnliche Erlebnis“ machten auch die Musiker keinen Hehl. Und es klang überhaupt nicht anbiedernd, wenn Peter Brings angesichts der auf die Bühne „schwappenden“ Stimmung von Gänsehaut-Gefühl und „fast Tränen in den Augen“ sprach.
![]() |
Für Stimmung sorgten die Brings und 3 Bandmitglieder der Bläck Fööss |
Keine Alternative zur OT Werkstattstraße
Die große Notwendigkeit der OT Werkstattstraße steht außer Frage. „Für Nippeser Jugendliche ist sie der einzige Platz“, betont Diederichs. Deren Jugend- und Bildungsarbeit basiere auf Offenheit, Freiwilligkeit und Verbindlichkeit. „Offenheit heißt, dass alle Angebote unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Kultur oder Körperschaft zugänglich sind. Freiwilligkeit unterscheidet die Angebote der OT von denen der Schule und von der sozialen Herkunft.“
Die OT Werkstattstraße offeriere als offenes Angebot Freiheit, Anregung, Sicherheit vor Übergriffen und Drogen, Zugang zu Medien und preiswertes Essen. „Sie bietet Erwachsene und ältere Jugendliche als Vorbilder, sie bietet Geborgenheit, die Jugendlichen werden hier ernst genommen“, erläutert Diederichs. „Die Arbeit der OT ist seit Jahrzehnten im Sechzigerviertel integriert und überaus erfolgreich.“ So stoße etwa das bekannte, in der OT begründete Hip-Hop-Projekt Phat´n´Fresh regelmäßig auf ein großes Medieninteresse. Innerhalb des Nippeser Netzwerks für Toleranz und Integration sei das Jugendzentrum mit einer tragenden Rolle betraut. Zudem kooperiere die OT mit der benachbarten Schule für Erziehungshilfe. „Dieses Jugendhilfeprojekt, das für die hier betreuten Jugendlichen eine Alternative zu einer Tagesgruppe im Heim darstellt, hat Modellcharakter in Köln.“
Foto(s): Engelbert Broich