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Literarisch-theatralische Italien-Reise in der Trinitatiskirche

Wenn es in Deutschland heiß und schwül wird, träumt sich seine Bevölkerung gerne ans Meer, insbesondere nach Italien, jenes Land, das schon seit frühester Zeit Touristen in seinen Bann gezogen hat – Goethe ist da nur einer von vielen.

Die Erzählkunst Italiens
Leider ist es selten möglich, den Arbeitsalltag in Köln mit einem Strandurlaub an der Adria zu tauschen, weshalb es zumeist bei der Italien-Sehnsucht bleibt. Auch der Evangelische Kirchenverband Köln und Region vermochte es nicht, für alle Kölner eine kostenlose Reise nach Italien zu spendieren – wohl aber eine literarische Reise. Die Schauspieler Bernd Rieser und Miriam Jansen, unterstützt von Anselm Weyer an der Trompete, nahmen unter dem Titel „Die Welt ist ein schönes Buch“ die Besucherinnen und Besucher des „protestantischen Doms“ auf eine literarische Traumreise durch die Epochen und Erzählkunst Italiens.

Auf Wunsch des Königs
Warum es gerade in der Trinitatiskirche eine Italien-Reise zu bestaunen gab, wurde noch vor Beginn der Veranstaltung deutlich. „Als um 1840 der Plan reifte, die evangelische Kirche zu bauen, die wir heute als Trinitatiskirche Köln kennen, sprach der damalige preußische König, der gerade architektonisch sehr interessierte Friedrich Wilhelm IV., ein gewichtiges Wort bei der Gestaltung mit“, erläuterte Günter A. Menne, Leiter des Amtes für Presse und Kommunikation des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region und Mitglied des Arbeitskreises „Trinitatis 2013“, bei seiner Begrüßung. Die Evangelische Gemeinde Köln habe nämlich zunächst an einen Bau im Stile der damals sehr populären Gotik gedacht. „Friedrich Wilhelm IV. jedoch befand schon den Gedanken, in einer Stadt wie Köln, in der es so viel echte Gotik gibt, einen neugotischen Bau zu errichten, absurd“, erzählt Menne. Der König habe deshalb der Evangelischen Gemeinde Kölns nahe gelegt, sie solle doch bitte für ihren neuen Kirchbau, der als evangelisches Pendant zum Kölner Dom gedacht war, einen anderen Stil wählen. „Hintergrund dessen war, dass er zuvor eine Italienreise unternommen hatte, wo er die altchristlichen Basiliken aus dem vierten Jahrhundert kennen und lieben gelernt hatte“, weiß Menne: „Dieser italienische Stil ist auf Wunsch des Königs in der Trinitatiskirche verwirklicht worden.“

Schauspieler „bereisten“ die Kirche
Eine wahre Reise wurde der Abend mit Texten von Luigi Pirandello, Francesco Petrarca, Giovanni Boccaccio und anderen Literaten auch, weil die Schauspieler das gesamte Kirchenschiff bespielten. Ob den Altarbereich mitsamt Kanzel oder die Seitenschiffe, auf mehreren Stationen bereisten die Schauspieler mit dem Publikum die Kirche. Von der Balustrade herunter flogen Bücher, auf der Empore wurden Sonnenschirme aufgespannt und im Mittelschiff breiteten die Akteure das Badehandtuch aus, während die Trompete „O sole mio“ intonierte. Zu Ohr kamen die Absurditäten eines Strandbesuchs in der Nähe Roms, Motor betriebene Sonnenschirme, futuristische Rezepte und moderne Heiligenerzählungen – stets präzise und ausdrucksstark vorgetragen von mitreißenden Schauspielern.

Debütroman von Adrian Kasnitz
Das Publikum applaudierte nachhaltig und war dankbar für diesen Kurzurlaub in der Kulturkirche des Verbandes. Die nächste Literaturveranstaltung, wieder bei freiem Eintritt, ist am Donnerstag, 4. Juli, 20 Uhr: eine Lesung des Kölner Autors und ehemaligen Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendiaten Adrian Kasnitz, der bislang vornehmlich mit Gedichten hervorgetreten ist. Er liest aus seinem jüngst erschienenen Debütroman „Wodka und Oliven“.

Text: APK
Foto(s): Annette Scholl