Wiedereintritt in die evangelische Kirche
Auf den ersten Blick scheint es paradox: Den Kirchen – nicht nur der evangelischen – laufen die Mitglieder davon. Das kann man mindestens einmal im Monat in der Zeitung lesen, alle Berechnungen des Kirchensteuer-Aufkommens bestätigen es, deshalb müssen kirchliche Einrichtungen sparen bis zur Schmerzgrenze – wenn sie nicht aus Geldmangel ganz geschlossen werden müssen.
Auf der anderen Seite scheint es ein Bedürfnis vieler Menschen zu geben, sich wieder der Kirche zuzuwenden. Dies beweisen jedenfalls die Zahlen der verschiedener Eintrittsstellen: In Aachen treten jährlich 120 evangelische Christinnen und Christen (wieder) ein, in Bonn etwa jeden zweiten Tag ein Mensch, „Schlag auf Schlag“ gehe das, sagen Martina Baur-Schäfer und Pastor Jens Anders im Bonner Kirchenpavillon sowie Pfarrer Joachim Gerhardt im Haus der Evangelischen Kirche Bonn.
Was sind die Gründe?
Sie seien vielfältig, erläutert Gerhardt. Oft äußerten die Menschen „ein eher diffuses Gefühl“: „Mir fehlt da was“. Viele suchten neu nach einem Stück Wertevermittlung, Orientierung in ihrem Leben. So nach dem Motto: „Geld verdienen ist nicht alles im Leben.“ Oft seien auch Kinder der Anlass, neu über Fragen des Lebens und des Glaubens nachzudenken. So seien zwei Drittel der Wiedereingetretenen Menschen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, „also mitten im Berufsleben“. Das habe schon überrascht, gesteht Gerhardt. Zeige aber auch, dass der Schritt zum Wiedereintritt „ein sehr bewusster ist“ nicht zuletzt, weil er mit der Zahlung von Kirchensteuer verbunden sei. Interessant ist laut Gerhardt auch, warum die Menschen den Eintritt über die Eintrittsstellen wählten und nicht – wie bisher üblich – über das zuständige Gemeindepfarramt. „Es scheint für viele eine hohe Hemmschwelle zu bestehen, zum Gemeindepfarrer oder zur Gemeindepfarrerin zu gehen“, hat er festgestellt. Viele scheuten eine mögliche Aufnahmezeremonie im Gottesdienst. Andere äußerten Befürchtungen, sie würden dort „gleich für ehrenamtliche Arbeit in der Gemeinde rangezogen“. Und viele hätten Angst, sie müssten sich für ihren Austritt nachträglich rechtfertigen.
(Dieser Text steht im Original auf der Seite der Evangelischen Kirche in Bonn, dort findet sich auch eine Liste mit Fragen und Antworten zum Wiedereintritt.) Die Bonner Eintrittsstelle ist nach Düsseldorf und Wuppertal die dritte in der Rheinischen Landeskirche.
Hinweise
In der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) gibt es mittlerweile sechs anerkannte Eintrittsstellen. Sie befinden sich in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Koblenz und Wuppertal-Barmen. Alle auf einen Blick finden Sie hier.
Für die Evangelische Kirche in Westfalen hat am 1. Juli in Dortmund eine Wiedereintrittsstelle eröffnet. Dort wurden gleich auf Anhieb mehr als 120 Neuaufnahmen verzeichnet – innerhalb eines einzigen Monats! (Kontakt und weitere Informationen: Telefon 0231/534 66 96)
Auch in Köln wird es bald eine Wiedereintrittsstelle geben, Ort wird die Informationsstelle an der Antoniterkirche sein, ideal gelegen – mitten in der Fußgängerzone (Schildergasse 57). Zur Zeit werden die Einzelheiten geplant, noch in diesem Jahr soll die Kölner Wiedereintritsstelle eröffnet werden.
„Evangelisch werden: So geht`s!“ – Diese Handreichung der Evangelischen Kirche im Rheinland ist hier nachzulesen. Sie umfasst wirklich alles, was wichtig ist: Was müssen Ausgetretene tun, was nicht Getaufte, Menschen anderer Konfession, alle Rechte und Pflichten, was kostet es und was ist nötig?
10 gute Gründe, in der Kirche zu sein, hat die EKiR hier zusammengestellt.
Wie der Wiedereintritt Schritt für Schritt vor sich geht, ist hier nachzulesen.
Für viele Menschen ist der Grund des Austritts gewesen, dass sie sich mit ihrem Pfarrer/ihrer Pfarrerin nicht mehr verstanden haben, dass es zu Spannungen in der Gemeinde kam. Für manche kommt dazu, dass sie sich genau aus diesem Grund nicht mehr an ihre heimische Gemeinde wenden möchten. Dies muß allerdings kein Hinderungsgrund sein, sich doch wieder der evangelischen Kirche zuzuwenden: Jeder evangelische Mensch kann einen Antrag auf Wiederausfnahme in jeder evangelischen Gemeinde Deutschlands stellen. Und man kann auch bei seiner Heimatgemeinde beantragen, in eine andere Gemeinde „entlassen“ zu werden. Wenn Sie wieder in die evangelische Kirche eintreten wollen, können Sie dies aber natürlich auch jederzeit bei Ihrem zuständigen Ortspfarrer tun (Wenn Sie nicht wissen, wer für Sie zuständig ist, finden Sie hier eine Suchhilfe für Köln und Umgebung).
Oder Sie wenden sich an eine Wiedereintrittsstelle. In Bonn etwa gibt es gleich zwei: den Kirchenpavillon in der Budapester Straße 7, 53111 Bonn. Geöffnet: Di bis Fr von 11-17 Uhr und Sa nach Vereinbarung, Tel. 0228/639070 kirchenpavillon@bonn.ekir.de
Und die Kircheneintrittsstelle im Haus der Evangelischen Kirche, Adenauerallee 37, 53113 Bonn. Geöffnet: Mo bis Fr von 9-16 Uhr, Tel. 0228/91428-17 kircheneintritt@bonn.ekir.de
Auch in der Düsseldorfer Johanneskirche, Martin-Luther-Platz 39, gibt es eine Wiedereintrittsstelle. Zuständig ist Pfarrerin Dorothee Marquardt, Sprechstunde dienstags von 15 bis 17 Uhr, Telefon: 0211/13 58 98, Email: marquardt@johanneskirche.org
Wenn Sie nicht zu Ihrem Ortspfarrer (oder der Pfarrerin) gehen möchten, ist von Köln aus vielleicht auch ein Weg in den Kirchenkreis Leverkusen sinnvoll. Alle nötigen Informationen finden Sie hier.
Oder nach Wuppertal: Die Eintrittsstelle in Wuppertal befindet sich in der City-Kirche in Barmen, Zwinglistraße 5. Sie ist dienstags, donnerstags und freitags von 11 bis 17 Uhr, mittwochs von 11 bis 14 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet.
Weitere Eintrittstellen gibt es beispielsweise in Hannover oder Berlin.
Eine echte Besonderheit bietet schließlich der Kirchenkreis Bad-Godesberg/Voreifel an: eine mobile Wiedereintrittstelle an: Kirche(n)Mobil, Kontakt: Dr. Uta Garbisch Telefon 0228/307 87-12 (dienstags bis donnerstags, 9.30 bis 15 Uhr) eMail: pressereferat-bgv@t-online.de. Wie diese ganz besondere Form einer Wiedereintrittsstelle arbeitet, hat Sina Kaiser für den WEG 2002 sehr anschaulich beschrieben. Den Text können Sie hier lesen.
Ein wunderbar einfaches Wiedereintritts-Formular im Internet bietet die Gemeinde Ober-Roda (bei Offenbach) an.
Der Erfahrungsbereicht einer wieder evangelischen Christin aus dem Gebiet des Evangelischen Stadtkirchenverbandes Köln beschreibt authentisch und ehrlich Gründe und Überlegungen bei einem Kirchenwiedereintritt. Nachzulesen hier.
Weitere Information
Der Synodenbeschluss der rheinischen Landeskirche zum Wiedereintritt: „Wiedereintritt Getaufter soll erleichtert werden“ hier – ein Beschluss übrigens, der 2001 auf Initiative der vier Kölner Kirchenkreise zustande kam.
Foto(s): schlarb