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Jugendarbeit statt Kneipensport: Tischfußballprojekt der Jugend Kalk

Welches Geräusch hallt durch die Erinnerung an Gemeindehäuser, Jugendkeller und Konfirmandenfreizeiten? Die Orgel? Die verstimmte Gitarre des Vikars? Von wegen: Im akustischen Gedächtnis unwiederbringlich verwurzelt ist das Gerumpel kleiner Bälle, die in einem Tischfußballspiel, im Volksmund “Kicker” genannt, hin und her gedroschen werden. Seit 2010 ist Tischfußball vom Deutschen Sportbund als eigenständige Sportart anerkannt. Die Evangelische Jugend Kalk-Humboldt will jetzt ein eigenes Team aufbauen. “Raus aus der Kneipe, rein in den ernst zu nehmenden Sport” ist die Devise. Ein Benefizturnier im Kalker Bezirksrathaus sollte jetzt für eine Anschubfinanzierung sorgen, denn erst ab 400 Euro Eigenkapital werden Fördermittel gewährt.

Kickern verbindet Generationen
Bei den Schirmherren des Turniers, den evangelischen Pfarrern Kurt Kassing und Hans-Harro Eder aus Kalk und Humboldt Gremberg, weckte die Veranstaltung "nostalgische Erinnerungen: Tischfußball – so ein schönes Wort gibt es nur in der deutschen Sprache – bei uns hieß das früher Kicker” – erinnerte sich Kassing in seiner Ansprache, während rund 20 Kinder und Jugendliche auf ihren Einsatz warteten. Eder erzählte am Anfang der Veranstaltung von seiner Ausbildungszeit, in der Kicker und Billardtisch zum körperlichen “Abreagieren” beliebt waren und von seiner ersten Zeit als Gemeindepfarrer: “Die Jugendlichen aus dem Jugendkreis in Humboldt-Gremberg freuten sich immer, wenn sie den Pfarrer abziehen konnten”.
Danach ließen sich die jugendlichen Kickerfans aus Kalk, Humboldt-Gremberg und Lindweiler, die der Einladung von Daniel Drewes, dem Jugendleiter der Evangelischen Kirchengemeinde Kalk-Humboldt, gefolgt waren, nicht lange bitten. In der Halle des Bezirksrathauses, die das Bürgeramt zur Verfügung gestellt hatte, verteilten sie sich an sechs Kickertische und legten sofort los.

Disziplin und Strategie
Dass die Jugendlichen überhaupt ausreichend Wettkampfgeräte vorfanden, verdankt die Evangelische Jugend aus Kalk Elias Schmoz. Der 26-jährige, ehemalige FSJler der Evangelischen Kirchengemeinde Kalk-Humboldt, der heute Geschichte und Philosophie für das Lehramt studiert, entdeckte die Faszination der rotierenden Figuren erst vor fünf Jahren. Heute ist er stolzer Besitzer eines halben Dutzends Kickertische, die er für das Turnier zur Verfügung stellte. Privat spielt er mittlerweile in der “Kölner Kicker Liga” für das Team “Brechstange Kalk”, das zur Zeit Kölner Vizemeister ist. Nebenher veranstaltet Schmoz Kickerturniere für Erwachsene und Kinder und will jetzt ein eigenes Team der in der Evangelischen Jugend Kalk aufbauen.
“Tischfußball ist im Prinzip ein wunderschöner Teamsport und ein Systemspiel” ist seine Erfahrung. Mit “drauflos Dreschen” werde wenig erreicht, stattdessen könnten sich Spielbegeisterte jede Menge taktischer Spielzüge aneignen.

Teamfähigkeit wie den Umgang mit Sieg und Niederlage lernen
Das Turnier soll der Startschuss für eine eigene Kalker Liga werden, ein Projekt, für das Schmoz und Drewes einen Förderantrag an den Landschaftsverband Rheinland stellen wollen. Voraussetzung für die Bewilligung von Fördermitteln sind 400 Euro Eigenfinanzierung. Und genau die sollte das Turnier einbringen. Der Verkauf von Brötchen, Getränken und Kuchen, gestiftet von lokalen Geschäftsleuten und dem dritten Schirmherrn, Bezirksbürgermeister Markus Thiele, sollte eine weitere Einnahmequelle sein.
Von den Kicker-Aktivitäten in Kalk versprechen sich Schmoz und Drewes vor allem einen pädagogischen Wert: “Wie in jedem Sport muss man hier teamfähig sein und den Umgang mit Siegen und Niederlagen lernen. Taktik und Reaktionsfähigkeit gehören sowieso dazu, und wer nicht körperlich fit ist, hält auch kein Turnier durch” ist sich Schmoz sicher.
Die Tischfußball-Kurse sollen zusätzlich ein sinnvolles Freizeitangebot und ein “Auffangkorb” werden. Wie nötig das ist, zeigte sich beim Turnier: Die Kinder und Jugendlichen erschienen mit den Betreuern der Jugendzentren – Eltern waren nicht zu sehen. “Das sind keine Jugendlichen, mit denen die Eltern samstags einen Ausflug machen”, wusste auch Drewes aus Erfahrung.

Noch fehlt Geld – eine SMS kann helfen!
Fair und sportlich ging es auf jeden Fall bis zum Finale zu: Als der 12-jährige Bathuhan Sungu aus Kalk letztlich gegen den 17-jährigen Koray Isikoglu aus Buchheim verlor, fand auch er aufmunternde Worte bei den Zuschauerinnen und Zuschauern. Eine Urkunde und einen Trostpreis konnten alle Teilnehmenden mitnehmen, für die höher Platzierten gab es Sachpreise und Einkaufsgutscheine. Auch Freestyle-Fußballkünstler Dominik Kaiser, der eigentlich auftreten sollte, aber wegen einer Verletzung nur ein Video zeigen konnte, stiftete dem Sieger eine DVD. Bis zu den erhofften 400,- Euro müssen Drewes und Schmoz noch Spenden sammeln und hoffen auf zahlreiche SMS. Denn: Noch bis Ende April kann jeder, der die Anschubfinanzierung für das Projekt unterstützen möchte, dies durch eine SMS an die Nummer 81190, Stichwort “Tischfußball”, tun. Eine SMS kostet 5,- Euro.

Text: Annette von Czarnowski
Foto(s): von Czarnowski