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Im Melanchthon-Jahr 2010 (450. Todestag des Reformators) bietet die Melanchthon-Akademie ein Jubiläumsprogramm

Philipp Melanchthon (1497-1560) wollte „Bildung für Alle“. „Bildung für Alle!“ proklamiert auch die Melanchthon-Akademie. Aktueller Anlass ist das Melanchthon-Jahr 2010, in dem der 450. Todestag des Humanisten und Reformators begangen wird. Die nach ihm benannte Erwachsenenbildungseinrichtung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region widmet sich seiner Person und seinem Erbe mit zahlreichen Veranstaltungen.

Melanchthon steht für interdisziplinäre Gesprächskultur
Das Programm ist mit dem Melanchthon-Zitat „Das Gespräch ist die Mutter des Segens“ betitelt. „Denn zum Gespräch geboren sein“, so Akademieleiter Dr. Martin Bock, „gilt auch für unsere Einrichtung.“ 1962 gegründet, habe man dort Melanchthons Bildungseifer, seine humanistische Botschaft von Anfang an als Auftrag verstanden. „Bildung kommt aus dem Gespräch und führt dahin. Daher sind auch wir im Gespräch, wollen die evangelische Sache ins Gespräch bringen“, betont Bock. „Wir richten in der Stadt den Blick auf die wichtigen Fragen, suchen nach geeigneten Kommunikationsformen.“ So wende sich die Akademie immer wieder neuen Aufgaben zu, nennt Bock beispielsweise das Einbinden der jüngeren Generation (Radiowerkstatt StudioECK), neue Medien und Thematiken sowie die Intensivierung des jüdisch-christlichen, des ökumenischen und interkonfessionellen Gesprächs. Denn auch „Melanchthon steht für eine evangelische, ökumenische und interdisziplinäre Gesprächskultur“. Bock und die Mitarbeitenden wünschen sich, dass nicht allein die mit Melanchthon verbundenen engeren theologischen Fragen das Jahr prägen. Ebenso sollen viele weitere Arbeitsbereiche, wie Bildung, Emanzipation, der Blick auf das Werk, die erforderliche Aufmerksamkeit finden. „Alles das vor dem Hintergrund der Bedeutung des Gesprächs“, sagt Bock.

Vermittlungstheologe im besten Sinne
„Philipp Melanchthon ist in der Reformationszeit eher der `unbekannte´ Reformator. Zunächst zeichnet er sich im Unterschied zu Luther noch nicht durch ein klares Profil aus. Melanchthon ist ein Vermittlungstheologe im besten Sinne“, charakterisiert Bock. Er sei bemüht gewesen, das Anliegen der Reformation in möglichst viele gesellschaftlichen Bereiche hinein zu tragen, und keinen Konflikt nur um des Konflikts willen zu suchen. Melanchthon habe die Chance erkannt, im Zuge des in Europa gärenden Humanismus´ Luthers Anliegen konsequent umzusetzen. Das Räderwerk in Gang zu setzen, und an vielen Stellen konsequent zu verwirklichen. Die Theologie sei für den Universalgelehrten Melanchthon nur eine von verschiedenen Perspektiven auf diese Veränderungen und die Reformation der Gesellschaft gewesen. Eine immens große Bedeutung komme Melanchthon „wegen seiner pädagogischen Impulse für das gesamte Bildungswesen in Deutschland“ zu. Bildung, die humanistische Idee habe er möglichst breit verankern wollen, nicht nur in Schulen, Universitäten und Kirchen.

Erste Bekenntnisschrift evangelischer Bewegung
Melanchthon kam 1518, als 21-Jähriger, nach Wittenberg, das sein Lebensmittelpunkt bleiben sollte. Seine Vorlesungen dort wurde von bis zu 600 Studierenden gehört. Nicht nur bereiste Melanchthon im Auftrag des sächsischen Kurfürsten die Gemeinden des Landes. Das reformatorische Anliegen, die humanistische Idee suchte er auch in vielen europäischen Ländern, unter anderem Italien. Polen, Ungarn voranzutreiben, hoffähig zu machen. Dass bei Melanchthon das Vermittelnde eine große Rolle gespielt hat, belegt laut Bock auch die „Confessio Augustana“ (1530). Melanchthon hat „die erste Bekenntnisschrift der evangelischen Bewegung“ maßgeblich mit verfasst. Darin werde sein starkes Bemühen erkennbar, „nur das als Reform nötig zu beschreiben, was von der Sache her nicht anders geht. Sie greift die Gemeinsamkeiten des evangelischen Glaubens mit der altkirchlichen Theologie auf, sucht den Konsens.“

Reformatorische Bewegung eine Theologie des Gesprächs
„Die Confessio Augustana ist bis heute das ökumenische Modell, über das Evangelium Brücken zu bauen zwischen unterschiedlichen Anschauungen und über die Differenzen den Konsens nicht zu vergessen“, beschreibt Bock. „Es gibt Differenzen, die notwendig sind auszusprechen aufgrund von Gottes Wille, aber Verständigung muss möglich sein und angestrebt werden – das ist der Knackpunkt.“ Melanchthon habe den Konsens gesucht, dass die Kraft des Evangeliums, das die Liebe Gottes sich verbreiten könne. Mit dieser Haltung sei Melanchthon in Vermittlungsversuchen in ganz Europa unterwegs gewesen. Denn die reformatorische Bewegung sei eine Theologie des Gesprächs. „Es geht darum, dass Gott mit uns in Kontakt bleiben will.“

„Die ursprüngliche Gestalt der Sprache ist Schönheit“
Im Melanchthon-Jahr 2010 wartet die Akademie mit einem entsprechenden thematischen Programm (www.melanchthon-bildung.de) auf. Hervorzuheben sind zwei Projekte: eine Ausstellung und die Bildungsinitiative „Bildung für alle!“. Die am Dienstag, 2. März, 18 Uhr, im Akademiegebäude, Kartäuserwall 24 b, eröffnete Ausstellung trägt den Titel „Die ursprüngliche Gestalt der Sprache ist Schönheit“. Sie beinhaltet zwanzig Arbeiten des seit elf Jahren in Köln lebenden irakischen Kalligraphen und Künstlers Mohannad Salih. Er ließ sich durch Texte von Melanchthon inspirieren, setzte dessen Worte und Sprachgewandtheit in Schrift-Bilder um. „Eingeflochten“ finden sich Zitate heutiger muslimischer Reformdenker. Durch diesen Brückenschlag zwischen reformtheologischen Aufbrüchen in verschiedenen Religionen soll beispielhaft der weite Horizont des Philipp Melanchthon charakterisiert werden. Zu sehen ist die Schau werktags bis zum 3. August. „Wir möchten Melanchthons Liebe zur Schrift und zur Sprache, zur Klarheit des Wortes und zur Bildung verdeutlichen“, so Bock. Auch sei sie ein Versuch, die reformatorische Theologie fruchtbar zu machen, sie als ein Denkmodell zu verstehen, „mit dem wir auch heute etwas in Bewegung bringen. Melanchthon wollte den Bildungsfunken der Reformation möglichst breit entzünden. Wir wollen wir ihn erneut entzünden.“

Start der Bildungsinitiative „Bildung für alle!“
Damit sind wir beim zweiten großen Projekt: „Bildung für alle!“ betont die Melanchthon-Akademie. Gemeinsam entwickelt mit der Agentur Kerygma, geht es darum, Melanchthons Forderung nach ganzheitlicher Bildung in Erinnerung zu rufen, Nachdruck zu verleihen und nach deren Bedeutung für unsere heutige Gesellschaft zu fragen. „Sein Anliegen war, die Reformation mit einer Bildungsinitiative für alle Bevölkerungsschichten zu verbinden“, so Bock. „Im Gespräch, im Austausch mit anderen, sah er den Funken, der Menschen für Bildung begeistern kann.“ Dieser Aufgabe, nämlich „vielen Menschen zu hellen Köpfen zu verhelfen“, habe sich die Erwachsenenbildungseinrichtung des Kirchenverbandes schon immer gewidmet.

Jeder kann Teil der Inititative werden
Sie, geneigte(r) Leserin und Leser, können Teil dieser Initiative werden. Mit ihr möchte die Akademie Melanchthon und seinem Anliegen ein Gesicht geben – vielleicht Ihr Gesicht. Denn: Aus hunderten kleinen Portraitfotografien soll das historische Gemälde nachgebildet werden, das Lucas Cranach der Ältere von Melanchthon angefertigt hat. Das so entstandene Melanchthon-Plakat soll als lebendiges Logo der Akademie dienen. Wie kommt Ihr Kopf ins Logo? Relativ einfach! Laden Sie Ihr Foto unter www.melanchthon-bildung.de hoch oder senden Sie es an philipp@melanchthon-akademie.de, beziehungsweise Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall 24b, 50678 Köln. Über diese Wege können Sie auch Statements hoch laden, respektive senden: Ihre ganz persönlichen Ansichten zum Thema Bildung. Diese können sich auf bestehende oder vermisste Bildungsangebote der Akademie, Ihrer Kirchengemeinde, der Städte beziehen, auf Beachtenswertes und Wünsche… Oder: Was verstehen Sie unter „Bildung für alle!“?

Im September: „Grenzen überwinden“
Die Akademie setzt ihr „Melanchthon-Programm“ im 2. Halbjahr 2010 fort.
Für September/Oktober ist eine weitere Präsentation vorgesehen. Sie nimmt unter dem Titel „Grenzen überwinden“ den gesamteuropäischen und ökumenischen Horizont des Reformators in den Blick. Konzipiert wurde sie von der Europäischen Melanchthon-Akademie in Bretten, der Forschungs- und Studieneinrichtung im Geburtsort des Reformators. Die Schau wird nicht nur in der Kölner Akademie Station machen, sondern auch in der Evangelischen Kirchengemeinden Köln-Bayenthal und der Evangelischen Kirchengemeinde Brühl.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich