Pfarrer Rüdiger Penczek ist ein wahres Energiebündel – beim Verabschiedungsgottesdienst hat es den 57-Jährigen keine zwei Minuten am Stück auf der Bank vor der Apostelkirche gehalten, auch, weil er jedes seiner Gemeindeglieder persönlich und mit Namen begrüßte. Unweigerlich musste man an den guten Hirten denken, der jedes seiner Schafe kennt und um seine Besonderheiten weiß.
Nach 27 Jahren verlässt Pfarrer Rüdiger Penczek die Evangelische Kirchengemeinde Wesseling und geht an den Niederrhein, genauer gesagt nach Spellen-Friedrichsfeld im Kirchenkreis Dinslaken. Der Impuls für die Bewerbung sei der Wunsch nach Veränderung gewesen. Zehn Jahre vor dem geplanten Ruhestand noch einmal aufbrechen zu neuen Ufern, Unterwegssein als Glaubens- und Lebensmotto – auch das ist typisch Rüdiger Penczek. „Wir haben immer viel gefeiert“, erinnerte er sich und mit einem Blick auf das im Jahr 2000 eröffnete Begegnungszentrum meinte er: „Kirchen sollten Häuser mit offenen Türen sein.“
Highlights waren für ihn, neben den vielen Familiengottesdiensten, Formate, in denen es um gelebte Spiritualität ging, insbesondere ein dreimonatiges Seminar zum Thema „Spiritualität im Alltag“, das nachhaltige Wirkung im Leben der Teilnehmenden entfaltet habe. „Da haben sich 50 Menschen gemeinsam auf den Weg gemacht und etwas Wesentliches geteilt“, schwärmte Penczek später im Gottesdienst. Also kein bisschen Wehmut? Doch, natürlich! „Die Menschen in Wesseling werde ich vermissen“, gab er zu. „Ich weiß mich so beschenkt nach diesen 27 Jahren.“
Musik spielt eine wichtige Rolle im Wesselinger Gemeindeleben und so war auch der Abschiedsgottesdienst geprägt durch die Jugendband, die schon beim Einzug mit ihrem kraftvollen Sound dafür sorgte, dass eher Aufbruchs- als Abschiedsstimmung aufkam.
In Kontakt mit dem Bibeltext
Nicht nur musikalisch, auch in Sachen Verkündigung geht Rüdiger Penczek gerne ungewöhnliche Wege. Seine Abschiedspredigt über Lukas 17, 5 – 6 („Von der Kraft des Glaubens“) hielt er nicht als Frontalmonolog, sondern „interaktiv“ als Bibliolog. Dabei ging es darum, „in Kontakt“ mit dem Bibeltext zu kommen, einzelnen Aspekten des Gehörten gemeinsam nachzuspüren und die Impulse zu teilen.
„Über lange Zeiträume wird man leicht zur Institution, so dass sich das Gefühl einstellen kann, es geht nicht ohneeinander. Aber geistlich gesehen ist doch ein Bote Gottes einer, der auf der Wanderschaft ist.“, sagte Superintendent Bernhard Seiger, der zwölf Jahre lang mit Rüdiger Penczek die Verantwortung für den Kirchenkreis Köln-Süd teilte und die Entpflichtung vornahm. Doch wer weiterzieht, lässt immer auch etwas zurück. 27 Jahre Dienst in einer Gemeinde lassen sich kaum in wenigen Stichworten zusammenfassen, geschweige denn würdigen.
Seiger erwähnte Ausflüge und Freizeiten aller Art, Experimente mit Musik, die Arbeit des CVJM und der Offenen Tür, die Übergabe der Kitas an die Diakonie Michaelshoven, ökumenische Kontakte sowie die Verbindungen zur Kommune Wesseling. Er sprach aber auch die schwierige Situation der Gemeinde mit nunmehr zwei vakanten Pfarrstellen an. Pfarrerin Laura Kadur wird zwar weiterhin eine Vakanz in Wesseling vertreten, aber es wird aufgrund der Personallage nur noch jeweils einen Zentralgottesdienst um 10 Uhr (abwechselnd in der Apostelkirche und der Kreuzkirche) geben.
Ein Ort, der Menschen verbindet
Wer weiterzieht, lässt immer etwas zurück – nicht immer ökonomisch Messbares und statistisch Erfassbares, sondern auch Begegnungen und gemeinsame Erlebnisse. „Mich verbindet viel mit Rüdiger. Er hat meine drei Kinder getauft und ich bin Lehrerin an der Grundschule. Da haben wir viele Schulgottesdienste zusammen gefeiert“, erklärte eine Besucherin nach dem Gottesdienst und drückte damit aus, was Kirche im besten Fall sein sollte: ein Ort, der Menschen verbindet.
Foto(s): Priska Mielke