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Pfarrerin Irmgard MacDonald, Pfarrerin Ute Wolf, Superintendent Torsten Krall und Pfarrer Volkher Preis (von links).

Pfarrerin und Krankenhausseelsorgerin Ute Wolf in Ruhestand verabschiedet

Tief empfundener Dank für Pfarrerin Ute Wolf: Der Gottesdienst zu ihrer Entpflichtung aus dem Amt als Krankenhausseelsorgerin und Verabschiedung in den Ruhestand war geprägt von großer Wertschätzung – und von Respekt vor ihrem beruflichen Engagement. 29 Jahre war Wolf in der Krankenhausseelsorge tätig.

Pfarrer Volkher Preis zeigte sich beeindruckt in seiner Begrüßung der Besuchenden in der Johanneskirche in Köln-Westhoven – mehrheitlich aus dem privaten und beruflichen Umfeld: „Du hast an vielen Krankenhaus-Betten gesessen, Gottesdienst gehalten, hast Dich engagiert in Ethikkomitees“, nannte der Sprecher des Arbeitskreises Krankenhausseelsorge im Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region nur einige Tätigkeitsfelder. Den Gottesdienst wolle man feiern in Erinnerung an Wolfs Aufgaben für in Not befindliche Menschen, im Dank für ihr langes Engagement und im Dank an Gott, der sie auch in ihrem neuen Lebensabschnitt begleiten werde.

Wolfs erste Station (1992-2000) als Krankenhausseelsorgerin war die Städtische Klinik Holweide. Darauf folgte bis 2002 die Uniklinik Köln, anschließend der Wechsel in die Evangelische Kirchengemeinde Porz. Dort bekleidete sie bis 2015 eine Gemeindepfarrstelle für das Krankenhaus Porz am Rhein und zwei Altenheime. Diese Pfarrstelle schloss den Predigtauftrag an allen gemeindlichen Predigtstätten ein. Zudem amtierte sie 2010/2011 als Vorsitzende des Presbyteriums. Nach ihrer Verabschiedung in der Kirchengemeinde Porz fungierte Wolf nun im Auftrag des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region von 2015 bis Dezember 2022 weiterhin als Seelsorgerin im Krankenhaus Porz und zusätzlich im St. Elisabeth-Krankenhaus Köln-Hohenlind.

Corona war für alle eine Herausforderung

Eingangs ihrer Predigt sprach Wolf auch von den „starken Eindrücken“, die sie zuletzt in ihrer langjährigen Tätigkeit als Krankenhausseelsorgerin beschäftigt hätten. Dazu gehörten die Erfahrungen mit der Corona-Pandemie. Diese habe in unser aller Alltag den Begriff der Vulnerabilität, der Verletzbarkeit, gebracht, schilderte Wolf. „Die Gemeinschaft war gefordert“, sich zum Schutz von Kranken, Alten und verletzlichen Personengruppen einzuschränken. Corona habe für alle eine Herausforderung dargestellt. Ebenso „für die Starken und Gesunden, die durch Ansteckung plötzlich von einem schicksalhaften Verlauf der Krankheit getroffen werden konnten“.

Seelsorgende versuchen Menschen zu schützen, Anteil zu nehmen und auszuhalten

Jedoch gehe „die Erfahrungsgrundlage für Seelsorge, die es mit Verletzlichkeit von Menschen zu tun hat“, weit über die schwierige Corona-Zeit hinaus. Denn Verletzlichkeit sei immer schon ein Thema in der Seelsorge gewesen, betonte Wolf. Seelsorgende redeten mit Patientinnen und Patienten über deren „wunde Punkte“. Seelsorgende versuchten Menschen „zu schützen, herauszufordern oder Anteil zu nehmen und auszuhalten, was nicht in Worte gefasst werden kann“. Daher seien Sorgetragende jedweder beruflicher Disziplin häufiger mit hineingenommen in die Auswirkungen von Verletzbarkeit unserer Gegenüber. „Gib mir die Gabe der Tränen, Gott“, zitierte Wolf aus dem von Dorothee Sölle verfassten Text „Das Fenster der Verwundbarkeit“. Sölle spreche darin auch von der heilsamen Kraft der Tränen. „Was uns lieb und wert und heilig ist und verletzt wird, sucht sich im Schmerz darüber auch den Kanal der Tränen“, formulierte die Pfarrerin. Verletzbarkeit betreffe auch die Seelsorgenden und quasi jeden Menschen als hilfloses Wesen von Geburt an. „Das ist normal!“

Fenster der Verwundbarkeit

„Wir könnten das nicht besser dargestellt bekommen, als in der Advents- und Weihnachtszeit“, sagte Wolf. Wir dürften den Erlöser in der menschlichen Gestalt eines verletzlichen Kindes erkennen. „Christus ist in der Krippe durch seine Bedürftigkeit nach Fürsorge die verwundbarste Seite Gottes, von der wir je gehört haben.“ Darum bräuchten wir nach Sölle ein Fenster der Verwundbarkeit, wenn wir in einer inneren Beziehung zu Christus leben wollen. Wolf schloss daraus, „dass Verletzlichkeit nicht nur eine negative, gefährliche oder risikoreiche Eigenschaft ist, sondern dass wir mit ihr aufwachsen, unsere Schlüsse daraus ziehen und unsere Widerstände gegen Unrechts- oder Leiderfahrungen dosieren“.

Vulnerabilität durch Vulneranz

Wulf führte aus, dass entsprechend der Weihnachtsgeschichte die Hirten die ersten Besucher bei Maria, Josef und dem Neugeborenen im Stall gewesen seien. Diese Arbeiter und Armen am Rande der Gesellschaft seien näher dran gewesen an der Solidarität zu den Abgewiesenen in der Hütte. Sie seien ebenso die Ersten gewesen, „die von Gottes Boten/Engeln die gute Nachricht von der Geburt hörten und von ihrem Jubel angesteckt wurden“. Die Weisen aus dem Morgenland, die darauf gehofft hätten, dass dieses Kind ihren Traum von Friede und Gemeinschaft erfüllen könne, hätten auch Herodes über ihre Suche nach einem neuen König informiert. Die „Kunde von einem anderen mächtigen König“ habe Herodes verletzt. Jedoch habe er auf seine Vulnerabilität durch Vulneranz (Verletzungsmacht) reagiert: Seine Macht habe er durch die Tötung aller Neugeborenen im Land sichern wollen.

Diese Wandlung von der eigenen Verletzlichkeit zur Gewaltanwendung gegen andere, zur Verwundung anderer, werde „Herodes-Strategie“ genannt, zog Wolf Verbindungen in die aktuelle Gegenwart. Etwa zu einem Autokrator/Diktator, der sich durch gekränkte Machtansprüche zu einem Angriffskriege führenden Gewaltherrscher gewandelt habe. Aber reichten Schutz oder Abwehr aus für ein humanes Leben, fragte Wolf auch mit Blick auf die Corona-Jahre, die unsere Vorstellungen von einem sicheren Leben noch einmal sehr ins Wanken gebracht hätten. Bei Herodes sei diese Strategie jedenfalls sei nicht aufgegangen, stellte sie fest.

Seelsorge: Ein Füllhorn an Geschichten und heilsamen Ritualen

„Die Andersmacht Gottes geht auch Wege, die wir nie vermuten würden“, konstatierte Wolf und fragte: „Was hilft uns in der Seelsorge, das verstehbar zu machen?“ Sie sprach von einem verfügbaren „Schatz, einem Füllhorn an Geschichten und heilsamen Ritualen“. Von einer Vertrauen weckenden und Heil stiftenden Ausstattung. Sie erinnere sich „so gerne an die Gottesdienste mit Segen und Salbung, an die Gedenkgottesdienste für Sternenkinder und die Überzeugungsarbeit, dass sie eigene Grabstätten haben dürfen“, sagte Wolf. Sie habe Augenblicke mit Patienten und Patientinnen geteilt, die im Krankenhaus mit ihr das Abendmahl gefeiert und gesagt hätten: „Das hat gut getan!“ Sie erinnerte ebenso „Begegnungen, in denen ich nicht weiter wusste und mir nur Beten half, also den roten Faden zu Gottes Andersmacht aufzunehmen“.

„Christus verschwendet seine eigene Verletzbarkeit“

Mit der Geburt Christi sei „Gott zu den Menschen gekommen, verletzlich und klein, er durchlebt eine leibliche Existenz mit allen Gefährdungen, Verwundungen und den Tod. Aber er überwindet sie auch.“ Christi Jubelruf zu Ostern überlasse Tod und Schrecken nicht das letzte Wort. An dieser Erlösung lasse Gott uns teilhaben. „Er behält sie nicht für sich. Er schottet sich nicht ab. Er grenzt sich nicht ein. Christus verschwendet seine eigene Verletzbarkeit“, führte Wolf aus. „Was Gottes Existenz in menschlicher Gestalt Sinn gibt, ist die Hingabe aus Liebe.“

„Du bist ein Gott, der mich sieht“

Bevor Torsten Krall, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, Wolf offiziell entpflichtete, richtete er persönliche Worte an die Krankenhauspfarrerin. Er dankte ihr für alles, was sie mit ihren vielen Fähigkeiten, ihrer Nächstenliebe für Menschen getan habe. „In diesem Dienst wurde sichtbar, wie treu Gott die Menschen liebt“, flocht Krall Stationen aus Wolfs Biografie ein. Und Krall nahm Bezug auf die gehörte Predigt. Zu Wolfs Ausführungen passe, dass die Jahreslosung 2023 „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1. Mose 16,13) laute. „Er schaut auf uns, der sich von unserem Leid verletzen lässt. Er hat unser Leid zu seinem gemacht“, so Krall.

Gott sei wie ein Liebender, wie eine Mutter, die auf ihr Kind schaue, voller Hoffnung, voller Sorge – alles das gehöre zusammen, sagte Krall. Oder mit den Augen der Seelsorgenden, die sich mitnehmen ließen. Das gehöre dazu, trotz aller professioneller Distanz. Krall bezeugte seine Hochachtung vor dieser Arbeit. So habe sich Wolf auch besonders eingesetzt für Menschen, die ihr Kind durch Fehl- oder Totgeburt verloren hätten sowie die würdevolle Bestattung der Sternenkinder. „Das wird bleiben, wie so vieles.“ Es seien etliche Spuren zu verfolgen, was ihren Dienst besonders gemacht habe. Dabei geschehe in der Krankenhausseelsorge vieles im Verborgenen. Die Früchte jedoch würden wir sehr dankbar wahrnehmen, versicherte Krall.

Im direkten Anschluss an den von Pfarrerin Irmgard MacDonald, Seelsorgerin im Marien-Krankenhaus in Bergisch Gladbach, mitgestalteten Gottesdienst und noch vor dem Umtrunk im Foyer wurde Wolf im Kirchraum von verschiedenen Seiten mit persönlichen Worten sowie Geschenken bedacht. Den Anfang machten die Kolleginnen und Kollegen aus dem Arbeitskreis Krankenhausseelsorge im Kirchenverband. Arist Hartjes, Geschäftsführer des Krankenhauses Porz dankte im Namen der Mitarbeitenden, Patienten und Patientinnen und deren Angehörigen; ein Presbyteriumsmitglied für die Evangelische Kirchengemeinde Porz. Dabei hob es hervor, dass die Verbindung Wolfs zu Porz und zur Gemeinde bis zum Schluss bestanden habe.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich