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„Ich kann ohne Singen nicht leben“

Eine große Stimme fasziniert immer wieder in der kleinen evangelischen Kirche in Kürten-Delling. Elena Knapp, in Russland klassisch ausgebildete Mezzosopranistin, ist dort heimisch geworden. Wieso jemand die Theater von St. Petersburg gegen die bergische Idylle eintauscht? Dahinter steckt eine Liebesgeschichte: Vor zehn Jahren gastierte die Sängerin mit dem Newa-Ensemble in der Dellinger Kirche – und verliebte sich in den dortigen Pfarrer Ralph Knapp.

Ein bisschen verliebte sich Elena Knapp vielleicht auch in das denkmalgeschützte Gotteshaus, das sie mehrfach im Jahr bei Konzerten mit ihrer Stimme füllt. „Die Akustik ist wunderbar! Ich kann mich gut hören, es ist physisch leicht zu singen“, schwärmt Elena Knapp. „Der Klang geht dort wie durch Butter – ganz weich.“ Daher mache es „viel Spaß, dort zu singen“. Doch das nächste Konzert findet in einer anderen Gemeinde des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch statt: Am Sonntagnachmittag, 12. Februar, 17 Uhr, singt Elena Knapp in Bergisch Gladbach in der Andreaskirche.

„Singen ist meine Natur“
Für die 45-jährige Mezzosopranistin ist Singen fast wichtiger als Atmen. „Ich kann ohne Singen nicht leben. Das ist das Wichtigste, was ich in meinem Leben habe“, sagt sie. „Das ist einfach meine Natur.“ Schon als Zwei- und Dreijährige schmetterte sie in ihrer russischen Heimatstadt Perm Lieder – gern auf einem Baumstumpf stehend. Doch die Eltern förderten das Talent nicht. „Mein Papa meinte, dass Musiker sein, kein richtiger Beruf ist. Das sei eine Schande.“ So begann die Tochter zunächst ein Jurastudium.

„Mama war in Panik“
Doch das Leben hat seine eigene Dynamik und so kam es, dass ein Schlüsselerlebnis für Elena Knapp neue Weichen stellte: Sie hörte nach der Perestroika auf einer Schallplatte Werke von Rachmaninow, der bis dahin als Komponist von kirchlichen Inhalten verboten war – und war bezaubert. „Ich wollte nun unbedingt im Kirchenchor singen.“ Das tat die 17-jährige Russin und schnell wurde sie dort Solistin. Als eine Zuhörerin entsetzt hörte, dass dieses junge Talent Jura studiere, beschleunigte sich der musikalische Werdegang von Elena Knapp. Sie nahm ein Jahr privaten Gesangsunterricht – und brach dann das Jurastudium ab. „Mama war in Panik. Papa hat gesagt: Nur über meine Leiche.“

Solistin in St. Petersburg
Aber Elena Knapp war in ihrer Gesangskarriere nicht mehr aufzuhalten. „Ich wollte das mit ganzem Herzen!“ Sie ging an die Musikhochschule in Jekaterinburg, war im dritten Studienjahr schon Solistin in Perm am Theater und machte verkürzt nach vier statt fünf Jahren das Examen. Anschließend wurde sie in St. Petersburg als Solistin am renommierten Mariinsky-Theater angestellt. Es folgten in der Stadt Engagements am Mikhaylovsky-Theater und Rimski-Korsakow-Konservatorium, wobei Elena Knapp in letzterem ihre größte Rolle sang: „Den Orpheus von Gluck.“

Liebe über Grenzen hinweg
Durch die Musik fand die 45-Jährige auch ihre Liebe: Als sie 2006 als Solistin mit dem Newa-Ensemble auf Deutschland-Tournee ging, gastierte sie auch in der Dellinger Kirche – und verliebte sich in Pfarrer Ralph Knapp. Und er in sie. Das Paar führte ab da stundenlange Telefongespräche, besuchte sich zwei Jahre lang über die Grenzen hinweg und heiratete dann.

Idylle statt Metropole
Statt in der russischen Metropole lebte sie nun in der bergischen Idylle. Der Lebensrhythmus sei hier völlig anders, erzählt die Sängerin. „Hier ist alles langsamer, ruhiger.“ Nicht nur in Delling, sondern in ganz Deutschland. „Wochenende ist Wochenende, alles ist eingefroren. In St. Petersburg läuft absolut alles durch – werktags, feiertags, tagsüber, nachts. Und alles geht viel schneller.“ Es war für sie unvorstellbar, dass sie das Ergebnis einer im Juni bestandenen Deutschprüfung erst im August erfuhr. „Das war ein Schock für mich.“ In Russland gebe es solche Ergebnisse unverzüglich.

Internationale Auftritte
Doch Elena Knapp hat sich inzwischen im deutschen Alltag akklimatisiert. Als Pfarrfrau im Grünen, wo sie in Notfällen auch mal an der Orgel einspringt, hat sie an einem allerdings unverbrüchlich festgehalten: am Singen. Inzwischen ist sie als Mezzosopranistin auf Bühnen nicht nur in Deutschland und Russland präsent, sondern auch in der Schweiz und Spanien. Sie singt solo, mit Kollegen, mit instrumentaler Begleitung und immer mehr auch mit „ihrem“ Trio Zarewitsch. Sie singt bei Galas, Hochzeiten und Begräbnissen, bei Opernaufführungen und Festivals – und zwischendurch auch immer wieder als Heimspiel in der Dellinger Kirche.

Alles – nur bitte kein Rap!
Was Elena Knapp singt? „Ich singe alles gerne.“ Sie ist, was den Musikstil angeht, flexibel. „Ich singe gerne Klassik und Folklore und irgendwelche Schlager und Swing, Jazz, alles – alles außer Rap und HipHop!“

„Seelenklänge“ am 12. Februar
Wer Elena Knapp hören möchte, hat dazu am Sonntag, 12. Februar, Gelegenheit. Die Mezzosopranistin tritt mit dem Trio Zarewitsch um 17 Uhr in der Andreaskirche in Bergisch Gladbach-Schildgen, Voiswinkeler Straße 40, auf. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erbeten. Ein Teil des Erlöses fließt an den Förderverein Gemeindezentrum Andreaskirche. Der Titel des Programms „Seelenklänge“ verspricht Musik aus aller Welt, vorgetragen mit russischer Seele.

Text: Ute Glaser
Foto(s): Ute Glaser