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„Es ist etwas ins Lot gekommen“: Die zentrale Kircheneintrittsstelle Köln meldete den 1.000. Eintritt

Mit 19 Jahren trat die Katholikin Johanna Xant (Name geändert) aus der Kirche aus. Nun, mit 34 Jahren, ist sie wieder eingetreten, und zwar in die evangelische Kirche. Amtlich vollzogen wurde dieser Schritt in der zentralen Kircheneintrittsstelle des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, im CityPavillon der Antoniterkirche, Schildergasse 57. Sie ist eine von 18 Kircheneintrittsstellen der Rheinischen Landeskirche. Eröffnet wurde die von Citypfarrer Dr. Bertold Höcker geleitete Einrichtung im November 2003. Bis Mitte März 2007 nutzten genau 1.000 Menschen, davon 583 Frauen, die Möglichkeit, dort (wieder) in die evangelische Kirche einzutreten. Die 1.000ste (Wieder-)Eingetretene hiess Johanna Xant.

Warum in die evangelische Kirche (wieder) eintreten?
Xant wurde im katholisch geprägten Ostwestfalen geboren. Heute begründet sie ihren Austritt mit der damaligen Schwierigkeit, sich in ihrer Kirche „verorten“ zu können. „Andererseits war da immer ein Gefühl des Verlustes der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft.“ Aus seiner Praxis als ehrenamtlicher Koordinator der Kircheneintrittsstelle kennt der Pfarrer und Superintendent i.R. Eckart Schubert diese Empfindungen: „Es gibt einige, die sagen, ich bin als Säugling nicht gefragt worden, ob ich getauft werden möchte. Sie sind später ausgetreten und haben irgendwann gemerkt: Mir fehlt etwas.“

Selten spontan – und doch ganz unkompliziert
Auf das Angebot des Evangelischen Kirchenverbandes aufmerksam geworden ist die junge Frau wie so viele andere bei einem Besuch des Café Stanton im CityPavillon. Vor Jahren war das, zufällig, und „eigentlich im Vorübergehen, doch irgendwie ist es haften geblieben“. Dass ihr Entschluss allmählich gereift ist, bestätigt Schuberts Erfahrungen: „Es ist typisch für viele Eingetretenen. Sie reagieren selten spontan. Vielmehr braucht es oft eine lange Zeit der Überlegung.“ Bei der 1.000 Eingetretenen ging im März 2007 dann alles sehr schnell. „Ich habe eine E-Mail geschickt, um locker anzufragen, weil ich verblüfft war, wie einfach das Verfahren ist. Ich wollte mich über die Bedingungen informieren; wissen, ob es für ehemals Katholische ebenso unkompliziert ist.“ Zwei Tage danach erhielt sie einen Anruf von Schubert. Eine Woche später trafen beide sich zum vereinbarten Termin. „Ich dachte, wir führen ein umfangreiches Gespräch. Doch es ging sehr zügig. Als ich wieder ging, war ich Mitglied der Evangelischen Kirche. Und es ist in Ordnung so.“ Dass der Kircheneintritt „schnell und einfach geht“, sei ein wichtiger Aspekt des niederschwelligen Angebots, betont Schubert. „Auf die Interessierten wartet keine ´Glaubensprüfung´. Der Eintritt ist kostenfrei.“

„Es ist etwas ins Lot gekommen“
Die Frage nach einem bestimmten Auslöser, nach dem konkreten Grund für ihre Entscheidung kann die neu Eingetretene nicht so einfach beantworten. „Das hat sich entwickelt.“ Gleichwohl bringt sie die Werbekampagne für den Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni 2007 in Köln ins Spiel. „Sie hat meine Aufmerksamkeit erregt, mit dem christlichen Zeichen des Fisches und dem Bibel-Slogan. Auch die Flyer und Bilder der Bettenbörse haben mich angesprochen. Ich habe dann auch brav angerufen und zwei Betten für Kirchentagsbesuchende zur Verfügung gestellt.“ Nun, wo der Eintritt vollzogen ist, verstärkt sich bei ihr das Gefühl, „dass lange Zeit etwas gefehlt hat. Ich denke, vorsichtig formuliert, es ist jetzt etwas ins Lot gekommen.“
„Es jetzt zu tun“, dafür seien oft nur kleine Anlässe ausschlaggebend, hat Schubert in vielen Gesprächen erfahren. Die Gründe seien unterschiedlich, er nennt kirchliche Trauung und Bestattung, Taufpatenschaft, Geburt von Sohn oder Tochter als Beispiele. Vielfach werde der (erneute) Eintritt mit dem Wunsch begründet, „wieder dazu zugehören“. Dass sie wieder in die Kirche eingetreten ist, hat sie ihrem Freund erst Stunden danach erzählt. „Es gab richtig Streß. Er fragte mich, weshalb ich über so etwas Wichtiges nicht vorher mit ihm geredet habe. Ich gebe zu, ich hätte was sagen sollen. Aber ich konnte das Gefühl nicht beschreiben. Außerdem spielt bei uns, bei den meisten von unseren Freundinnen und Freunden, das Thema Kirchenzugehörigkeit keine Rolle.“

Ein Engel auf dem Weg gegeben
Jeder und jede (Wieder)Eingetretene erhält nach dem Gespräch, als abschließende Geste sozusagen, einen kleinen Bronze-Engel mit auf den weiteren Weg. „Er soll helfen, das Ganze bewusst zu machen“, so Schubert. „Ich habe den Eindruck, dass bei vielen Menschen dieser Abschluss sehr gut ankommt, weil er eben sehr stark auch die Gefühlsebene berührt.“ Viele (Wieder-) Eingetrenenen empfinden diese Gabe als „sehr schön und passend und sehr emotional“. Dabei sind viele Menschen noch einige Minuten vorher oft sehr darum bemüht , die „Angelegenheit“ nicht zu emotional werden zu lassen. Dass sich das Büro der Kölner Kircheneintrittsstelle über einem Café befindet, bezeichnete auch Johanna Xant als „elegante Lösung“ und „herrlich unaufdringlich“. Man werde auf das Angebot in einer angenehmen Atmosphäre aufmerksam gemacht, könne es sich unverbindlich ansehen.

Deutschlandweite (Wieder-)Eintrittsmöglichkeiten
Die Statistik belegt, dass die Kölner Eintrittsstelle nicht nur von Kölnerinnen und Kölnern genutzt wird. Die dort (Wieder)Eingetretenen, in der Mehrzahl sind sie zwischen 25 und 40 Jahre alt, kommen aus vielen Städten und Gemeinden des Umlandes sowie entfernteren Orten, etwa Hamburg und Berlin. Das ist ein bewußtes Konzept für ganz Deutschland, denn manchmal – so die Erfahrungen können ehemalige Gemeindeglieder nur schlecht den Kontakt mit ihrem Ortspfarrer (wieder) aufnehmen, vor allem, wenn sie beispielsweise in diesem persönlichen Kontakt schlechte Erfahrungen gemacht haben. Neben den zentralen Kircheneintrittsstellen bieten selbstverständlich weiterhin alle deutschen Ortsgemeinden die Möglichkeit, (wieder) in die evangelische Kirche einzutreten.

Kontakt
Wer an einem (Wieder)Eintritt in die Evangelische Kirche interessiert ist, kann in der Evangelischen Informationsstelle Köln einen Termin vereinbaren. Entweder persönlich während der Öffnungszeiten, montags bis freitags von 12 bis 16 Uhr, telefonisch unter 0221/6605720 oder per E-Mail an eintritt@kirche-koeln.de.

Übrigens: An jedem Pfingstmontag findet in der Antoniterkirche, Schildergasse 57, um 18 Uhr ein Gottesdienst statt, zu dem alle in der Kölner Kircheneintrittsstelle (Wieder)Eingetreten herzlich eingeladen sind. Daran schließt sich zwangloses Treffen an.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich