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EKD befragt ihre Mitglieder: Was kann mir die Kirche heute noch bieten?

Ist die Kirche heutzutage zum bloßen Dienstleister degeneriert? Diese Vermutung drängt sich vielleicht auf, wenn es heißt "Kirche für Rituale und Notfälle wichtig". Unter dieser Überschrift hat der epd-Wochenspiegel Ergebnisse der vierten Mitgliederbefragung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) veröffentlicht.

Betreuung von alten Menschen erwartet
Die Studie, in der 1.800 Evangelische und 900 Konfessionslose zu Wort kamen, wurde am 14. Oktober 2003 unter dem Titel "Kirche – Horizont und Lebensrahmen. Weltsichten, Lebensstile, Kirchenbindung" in Berlin vorgestellt. Sie ist die vierte innerhalb von 30 Jahren: Seit 1972 befragt die EKD ihre Mitglieder und andere im regelmäßigen Abstand von 10 Jahren. Zu den wesentlichen Resultaten der letzten Befragung (Herbst 2002) gehören folgende: Für Rituale wie Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung erwarten die befragten Protestantinnen und Protestanten eine deutliche Begleitung durch die Kirche (78 Prozent). Denn: Zum unbedingten Merkmal des Evangelisch-Seins gehört, so die Studie, dass man getauft und konfimiert ist. Noch häufiger wird allerdings die Betreuung von alten, kranken und behinderten Menschen erwartet (82 Prozent).

Seinem Gewissen folgen
Als Kernaufgaben wurden die Verkündigung der christlichen Botschaft und das Feiern der Gottesdienste genannt. Und wer sich schließlich selbst als Evangelischer versteht, muss "seinem Gewissen folgen" und "sich bemühen, ein anständiger und zuverlässiger Mensch zu sein". Gerade die Forderung nach den beiden letzt genannten Merkmalen des Evangelisch-Seins hat in den letzten 10 Jahren deutlich zugenommen. Dabei konnten die Forscher einen Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschen ausmachen: So schließt das Evangelisch-Sein im Osten ein höheres Maß an Verpflichtungen mit ein – vor allem innerhalb des gemeindlichen Lebens.

Verbundenheitsgefühl blieb gleich
Im Vergleich zu 1992 ist das Verbundenheitsgefühl mit der Kirche bei den Befragten fast gleich geblieben. Die Zahl der Menschen, die sich ihrer Kirche "sehr" oder "ziemlich verbunden" fühlen, hat sich in den letzten 30 Jahren kaum geändert. Einen leichten Anstieg verzeichnet die Studie allerdings bei denen, die sich "etwas verbunden" (37 Prozent) mit der evangelischen Kirche fühlen. Auffällig ist auch, dass die Gruppe derer, die sich "überhaupt nicht verbunden" fühlt, in den letzten drei Jahrzehnten kontinuierlich kleiner geworden ist. (12, 10, 8, 6 Prozent = Entwicklung im Zeitraum 1972 bis 2002).

Offen für unterschiedliche Beteiligungsformen
Die Motive für eine Kirchenmitgliedschaft sind durchaus vielfältig, so ein weiteres Ergebnis der vierten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Die Motivationslage variiere in starkem Maß je nachdem, in welcher Nähe sich die einzelnen zur kirchlichen Institution befänden. Im Klartext: Je distanzierter ein Mitglied, umso höher werden die Amtshandlungen bewertet. "Die evangelische Kirche kommt also nach Meinung der Autoren gar nicht darum herum, den vielfältigen Motiven zur Mitgliedschaft Raum zu geben und die Kirche offen zu halten für unterschiedliche Beteiligungsformen", fasst eine Presseerklärung der EKD diese Erkenntnisse zusammen.

Sind Kampagnen das Gebot der Stunde?
Das ist vor allem dann nötig, wenn, wie in der Studie geschehen, eine Trennung zwischen "Mitgliedschaft" und "Kirchlichkeit" vorgenommen wird. Mitgliedschaft, so der Autor Michael Moxter, sei dadurch definitiv bestimmt, dass sie sich rechtswirksam kündigen lasse. Kirchlichkeit dagegen bleibe ein ungenaues Phänomen: "Nähe und Ferne der Mitglieder lassen sich nicht präzise vermessen, sondern wandeln sich in beweglichen Horizonten". Wann und warum sich Menschen innerhalb kirchlicher Aktivitäten beteiligen und wann sie einfach bloß versorgt werden wollen, scheint auch für die Autoren nicht eindeutig geklärt: "Aktivität und Stabilität stehen wohl in einem komplexeren Verhältnis als es die Alternative von "Beteiligungskirche" und "Versorgungskirche" nahe legt". Und sie fragen: "Sind Mobilisierungsstrategien und Kampagnen das Gebot der Stunde oder gibt es mittlerweile nicht auch ein ungutes 'Zuviel' an medialem Dauergerausche, 'Vorkommen-Wollen' und 'Sich-krampfhaft-unterscheiden-wollen?'"

Dienstleister oder nicht?
Ist Kirche nun zum bloßen Dienstleister geworden oder bietet sie auch im 3. Jahrtausend einen Mehrwert, auf den die Menschen nicht verzichten wollen? Dazu kann sich jeder selbst eine Meinung bilden: Die Studie ist erhältlich bei der EKD, Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, unter versand@ekd.de und sie kann im Internet runtergeladen werden: www.ekd.de

Text: Angelika Knapic
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