„Die Lukaskirche ist das Zentralheiligtum von Porz“, schwärmt Harald Klimek, Pfarrer im Ruhestand, von diesem besonderen Denkmal der Kirchenarchitektur. Zum dritten Mal beteiligte sich die Evangelische Lukaskirchengemeinde am Tag des offenen Denkmals. Mit Pfarrer Klimek, Heidemarie Rehme, stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, und dem Presbyteriumsvorsitzenden Henning Schützendorf stand ein Team von Kirchenführern bereit. Sie machten Besucherinnen und Besuchern mit der Einzigartigkeit der Lukaskirche vertraut.
Zwischen 1881 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs verzehnfachte sich die evangelische Bevölkerung in Porz. Da die dort ansässigen Industriebetriebe an einer religiösen Bindung ihrer Arbeiter interessiert waren, förderten sie den Bau von Kirchen mit Geld und Sachgütern. Führungskräfte der Fabriken beeinflussten als Presbyter oder Kirchmeister wichtige Entscheidungen.
Evangelischer Kirchenbau gewünscht
Gemeindechronisten notierten, man wünsche sich „einen Bau im Geist der Zeit als ein weithin sichtbares Zeichen für die Evangelischen“. Aufgrund persönlicher Verbindungen gewannen die Initiatoren Max Benirschke als Planer – einen Schüler des seinerzeit schon weltbekannten Jugendstil-Architekten Otto Wagner. Der Anthroposoph aus Österreich lehrte zu der Zeit an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf und hatte sich mit dem Entwurf der evangelischen Kirche in Essen-Haarzopf einen Namen gemacht.
Benirschkes Entwurf: Saalkirche mit Westturm
Als Saalkirche mit Westturm plante Benirschke den Bau der evangelischen Kirche im Herzen von Porz, wobei er sich an der Formensprache des expressionistischen Jugendstils orientierte. „In der Forschung wird oft erwähnt, dass der Turm Ähnlichkeit mit dem 1908 fertiggestellten Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe in Darmstadt hat. Tatsächlich ist ein Zusammenhang nicht nachweisbar“, sagt Klimek. Der 76-Jährige war nie Pfarrer an der Lukaskirche, engagiert sich aber seit seinem Zuzug 2004 in der Gemeinde.
Der Erste Weltkrieg verzögert den Ausbau
Die Grundsteinlegung für die Lukaskirche in der Mühlenstraße 2 fand am 26. Juli 1914 statt. Fast 13 Jahre sollten ins Land gehen, bis die Innenausstattung fertiggestellt war und die Kirche eingeweiht werden konnte. Schuld war der Erste Weltkrieg. Es gab keine Bauarbeiter mehr, geschweige denn Baumaterial, und das Geld fehlte nach Kriegsende an allen Ecken. Im Grunde war der Jugendstil passé, als der Künstler und spätere Keramiker Kurt Derckum Mitte der 1920er Jahre den Innenraum ausmalte und das Porzer Doppelbild „Kreuzabnahme und Himmelfahrt“ schuf.
Innengestaltung spiegelt reformatorischen Gedanken wider
Die Innengestaltung ist aus Sicht von Klimek Ausdruck des reformatorischen Gedankens. Benirschke entwarf ein auf den Chorraumbogen aufgemaltes Kreuz, nach evangelischer Tradition ohne Corpus. „Es hat den Charakter eines Triumphkreuzes des Lebens über den Tod“, interpretiert er die Formen.
In einem Aufsatz von 1929 beschreibt der damalige Pfarrer Ernst Mühlendyck das formale Grundprinzip der Kirche als Kreuz mit Kreis, das Symbol für die Kirche als Begegnungsort zwischen Christus und der Welt. Kurt Derckum übersetzte die Symbolik in die farbliche Ausgestaltung. Gelbe und braune Erdtöne sind das Sinnbild fürs Irdische, blaue und graue Farbtöne für das Göttliche. Unterschiedliche Schattierungen trennen zudem Altar- und Gemeinderaum, die baulich zueinander geöffnet sind.
Restaurierung in den 1970er Jahren
Die Reparatur- und Erhaltungsmaßnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten die Lukaskirche: Das Altarfenster wurde eingemauert, das Doppelbild abgehängt und die Innenausmalung überpinselt. Hinzu kamen jedoch die von Helmuth Uhrig entworfenen Seitenfenster mit Motiven, die das Lukas-Evangelium zeigen. 1977 war die Restaurierung der Porzer Pfarrkirche so weit abgeschlossen, dass diese unter Denkmalschutz gestellt werden konnte.
Rätselhaft: Das Porzer Rundfenster
Beim Betreten der Lukaskirche fällt das farbige Rundfenster im Chorraum ins Auge. Bis heute gibt die Gestaltung, die bereits 1920 fertig wurde, Rätsel auf. Ein fünfzackiger Stern füllt den Kreis mit dem blauen Strahlenkranz aus. Als Pentagramm liegt der Stern über einem lateinischen Kreuz mit acht kreisförmig angeordneten Rosen in der Mitte. „Stern und Kreuz markieren den Anfang und das Ende des menschlichen Jesus“ – eine mögliche Deutung des Chronisten Wolf-Dieter Raudsep.
Foto(s): Ulrike Weinert