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„Die Ökumene leidet, wenn man die eigenen Positionen nicht genau benennt.“ Stadtsuperintendent Rolf Domning zeigte bei den AntoniterCityTours seinen Blick auf Köln

Es gibt Geschichten, die mag man kaum glauben. Selbst wenn sie der Stadtsuperintendent erzählt. Pfarrer Rolf Domning berichtete von einer Familie, die in den 90er Jahren ein Kind in der Lutherkirche taufen ließ. Der Stadtsuperintendent war zu jener Zeit dort Pfarrer. „Vor der Kirche versammelte sich die Taufgesellschaft. Alle sehr vornehm gekleidet. Die Taufe hatte die damalige Vikarin übernommen, die auch das Vorgespräch mit den Eltern des Täuflings geführt hatte.“ Schon während des Taufgottesdienstes habe man bei der Gesellschaft zunehmende Befremdung festgestellt. Aber niemand habe etwas gesagt. „Erst kurz nach dem Gottesdienst stellte sich heraus, dass die gesamte Taufgesellschaft katholisch war.“ Man habe dann eine kölsche Lösung gefunden und das Kind nachträglich bei der katholischen Kirche „eingetragen“. „Auch auf einer solchen Ebene funktioniert die Ökumene in Köln gut“, erklärte der Stadtsuperintendent bei einer Führung der AntoniterCityTours unter dem Motto „Wie ich Köln sehe“.

Start der Führung am „protestantischen Dom“
Gemeinsam mit Stadtführer Günter Leitner zeigte er markante Orte in Köln und sprach über die Bedeutung des Protestantismus im „hillije Kölle“ mit dem alle und alles überragenden Dom. Die Führung startete am „protestantischen Dom“, der Trinitatiskirche, die in diesem Jahr 150 Jahre alt wird. Hier erzählte Domning aus seiner Jugend. Aufgewachsen ist er in dem rund 600 Einwohner zählenden Dorf Stromberg im Rhein-Sieg-Kreis unweit von Eitorf. In Stromberg waren fast alle Einwohner evangelisch, in den umliegenden Orten überwog deutlich der katholische Glaube. „Man feierte bei uns nicht Karneval. Es gab aber einen Ernteumzug, der den karnevalistischen Umzügen ähnelte“, erinnerte sich der Stadtsuperintendent: „Meine Mutter hat erzählt, dass ich schon als ganz kleiner Junge gesagt hätte, dass ich mal Pfarrer werden wollte. Daran kann ich mich aber nicht erinnern.“

Erste Pfarrstelle in Eschweiler
Das Studium ging dann aber erst mal in eine komplett andere Richtung. Betriebswirtschaftslehre. „Da habe ich über die ,Grenzen und Möglichkeiten der Partizipation‘ geschrieben. Da ging es zum Beispiel um die Mitbestimung aus der Sicht der christlichen Soziallehre.“ Über diese Arbeit hat Domning sein Interesse für die Theologie entdeckt und in Bonn ein entsprechendes Studium begonnen. „Das volle Programm mit den Sprachen?“, warf Leitner verblüfft ein. „Ich habe damals Hebräisch und Latein gelernt“, erinnerte sich der Stadtsuperintendent und gestand, dass das Theologie-Studium sehr anspruchsvoll gewesen sei. Seine erste Pfarrstelle trat Domning in Eschweiler an, nachdem er dort vorher Pfarrer im Hilfsdienst und davor Vikar in Düren gewesen war. Im Mai 1990 wechselte er auf die zweite Pfarrstelle an der Lutherkirche in der Kölner Südstadt. Seit 2000 ist Domning Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte, seit November 2008 amtiert er als Stadtsuperintendent. Seit 2005 ist er Pfarrer an der Kartäuserkirche.

Anregungen für die Kölner Trinitatiskirche
Zu den schönsten Erlebnissen seiner bisherigen Amtszeit zählt er die Anschaffung der Orgel für die Trinitatiskirche und die Erarbeitung der Festschrift zum Jubiläum. Was die Zukunft der Kirche am Filzengraben angeht, ist Domning optimistisch. „Sie steht in einem aufstrebenden Viertel. Klar, sie steht etwas abseits und ist nicht so präsent wie die Antoniterkirche. Aber die Besucherzahlen in den Veranstaltungen zum 150-jährigen Bestehen steigen.“ Leitner regte an, weitere Institutionen und Vereine ins Boot zu holen. So könnten etwa die Roten Funken in der Trinitatskirche ihr Weihnachtskonzert veranstalten. „Es gibt aber noch weitere Möglichkeiten. So könnte man zum Beispiel mit den „Lyskircher Junge“ Kontakt aufnehmen und an Karneval einen Gottesdienst feiern. Aber die Trinitatiskirche braucht auch darüber hinaus sensationelle Gottesdienste,“ forderte der Stadtführer.

Bewegende Zeremonie im Jeremia-Haus
Angesprochen auf die Aufgabe von Kirchen berichtete Domning von einer bewegenden Zeremonie im Jeremia-Haus vor einigen Jahren: „Ich selbst habe dort die Kerzen ausgeblasen. Der Altar steht jetzt auf dem Geusenfriedhof, das Kreuz in der Kartäuserkirche. Die Glocke wurde nach Afrika verschifft. Ich hoffe, sie ist gut dort angekommen.“ Das Haus wird mittlerweile privat genutzt, wie man hört als Mehrgenerationenhaus. Die Kreuzkirche am Bahnhof hat das Jugendherbergswerk übernommen. „Da wird schon heftig gearbeitet“, teilte Leitner mit. Und für den Neubau auf dem Gelände der Christuskirche habe sich ein neuer Investor gefunden.

Keine Einmischung in Sachen „Schauspielhaus“
Nach der Trinitatiskirche ging es zu der Stelle, an der einst das Stadtarchiv gestanden hatte. Dort hatte Leitner etwas klarzustellen: „Ich hatte oft in dem Archiv zu tun. Und wenn es jetzt heißt, das sei ein freundlicher Ort gewesen, muss ich sagen: Das stimmt einfach nicht. Das war total trostlos, und die Leute, die da gearbeitet haben, waren echte Forschungsautisten.“ Danach stand das Verhältnis von evangelischer Kirche und Kultur im Mittelpunkt. An der Initiative für die Sanierung und gegen den Neubau des Schauspielhauses habe sich die evangelische Kirche, so Domning „mit gutem Grund“ nicht beteiligt: „Wir wollen auch nicht, dass die Stadt sich einmischt, wenn wir beispielsweise eine Kirche aufgeben müssen.“ Eine gewisse Skepsis gegenüber der aktuellen Beschlusslage war beim Stadtsuperintendenten aber doch herauszuhören. „Wir müssen mal sehen, ob man mit der Renovierung des Schauspielhauses letztlich besser fährt.“ Ansonsten hätten die Protestanten keine Berührungsängste, was die Kultur angehe. Ein Beispiel sei die hervorragende Arbeit, die auf diesem Gebiet in der Kulturkirche Köln, der Lutherkirche an der Siebachstraße in Nippes, geleistet werde.

Eigene Position genau benennen
Weiter ging es zu St. Johann Baptist an der Severinsbrücke, mittlerweile ein jugendpastorales Zentrum mit dem Namen „Crux“. Christian Jasper, der sich ehrenamtlich in dem angeschlossenen Café engagiert, erklärte die Wortwahl: „Crux heißt ja Kreuz, und viele Jugendlich stehen in ihrer Entwicklung oft an Wegkreuzungen und müssen sich für eine Richtung entscheiden.“ Gestärkt mit einem Stück Apfelkuchen in edlem Ambiente ging es weiter zur Elendskirche. Dort gab der Stadtsuperintendent einen Überblick über den Stand der Ökumene in Köln. „Es gibt eine enge Zusammenarbeit zwischen den katholischen und den evangelischen Vertretern und Vertreterinnen im „Rat der Religionen“. Darüber hinaus habe ich ein sehr gutes Verhältnis zum Stadtdechanten Johannes Bastgen und zu Hannelore Bartscherer, der Vorsitzenden des Katholikenausschusses.“ Leitner hat einen Unterschied beobachtet zwischen „Amtskatholizismus und einer Art Nebenkatholizismus. Nach dem Motto ,Das machen wir jetzt einfach mal, aber wir müssen da nicht groß drüber reden‘.“ Domning entgegnete, dass die Protestanten ihre unterschiedlichen Auffassungen, zum Beispiel beim Thema Homosexualität, klar vertreten würden. „Die Ökumene leidet, wenn man die eigenen Positionen nicht genau benennt.“

„Wir sind gut aufgestellt“
Die Führung endete im Refektorium im Haus der Evangelischen Kirche. Hier sprach Domning noch einmal über die Angebote, mit der sich die evangelischen Innenstadtkirchen profilieren wollen und nannte als Beispiel die Kartäuserkirche, die sich zur Hochzeitskirche entwickelt habe. Der Stadtsuperintendent sieht in dem „eigenen Profil eines jeden Kirchturms“ jede Menge Potenzial: „Ich bin sicher, da sind wir gut aufgestellt.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann