You are currently viewing „Die Leute sollen hier mit Spaß arbeiten“

„Die Leute sollen hier mit Spaß arbeiten“

Ist es ein Café, ein Second-Hand-Laden, ein Eine-Welt-Laden oder eine Buchhandlung? Schaufenster und Ladenlokal des „Café Lichtblick“ in der Gisbertstraße im Herzen Köln-Stammheims geben da nicht sofort eine Antwort. Im Schaufenster werden gut erhaltene Mäntel und Kostüme für 50 Cent angeboten, innen wartet ein hell eingerichteter Raum mit Ladentheke und Bücherregal. Eine-Welt-Honig und Stammheimer Imker-Honig warten ebenso auf Käufer. Weiter hinten isst eine Seniorin Eintopf, die Spielecke ist nur ausnahmsweise leer.

Fröhlich und arbeitsintensiv
„Wir haben ein- bis zweimal im Jahr Schlussverkauf der Kleiderkammer. Das ist eine fröhliche und arbeitsintensive Aktion“, erläutert Antje Gensichen die Schaufensterdeko. „Fröhlich und arbeitsintensiv“ könnte auch das Motto der 48-jährigen gebürtigen Düsseldorferin sein, die seit zehn Jahren die Begegnungsstätte der Brückenschlag-Gemeinde mit Buchladen, Kleiderkammer und Café leitet. Gensichen wird dabei tatkräftig von rund 35 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unterstützt. Die gelernte Krankenpflegerin und Sozialarbeiterin mit Diplom in Gemeindepädagogik kam nach beruflichen Stationen in Berlin über die Stellenausschreibung der Brückenschlag-Gemeinde nach Köln. „Als ich die Ausschreibung sah, dachte ich: Es gibt also noch andere schräge Leute, die solche Cafés machen“, erinnert sie sich.

Café, Buchladen und Indoor-Spielplatz
„Schräg" bedeutet in diesem Fall nicht der Versuch, über ein Café mit Menschen auch über Gott und den Glauben ins Gespräch zu kommen. Darin unterscheidet sich das „Lichtblick“ nicht von den anderen Gemeindecafés, die im Netzwerk christlicher Cafés organisiert sind. Ungewöhnlich ist allerdings der Buchladen, in dem vor allem Senioren sich freuen, dass dort jedes lieferbare Buch bestellt werden kann. Das „Lichtblick“ besteht seit 18 Jahren. Damals überlegte die Gemeinde, welche Marktlücke sich im Stadtteil Stammheim schließen ließe. Café und Buchladen waren die Antwort. Das Publikum ist so gemischt wie der Stadtteil: „Morgens kommen Mütter und Tagesmütter mit Kleinkindern“, weiß Gensichen. „Unsere Spielecke ist dann Stammheims Indoor-Spielplatz“. Senioren und Seniorinnen kommen gerne samstags zum Frühstück.

Kartenaktion und Frühstück vom Baum
In zehn Jahren konnte Gensichen viele Vorschläge oder Ideen umsetzen: Bereits über 100 Mal fand die Aktion „Lesen und lesen lassen“ in Zusammenarbeit mit dem Katholischen Bildungswerk statt, bei dem auch Kölner Autoren wie die Krimiautorin Brigitte Glaser zu Gast waren. Die Postkarten, auf denen die Besucher zu Alltagsfloskeln wie „Oh mein Gott“ oder „Gott sei Dank“ ihre Gedanken notieren können, werden auch von Religionslehrern gerne als Unterrichtsmaterial genutzt. Beim „Frühstück vom Baum“ haben alle Besucher die Möglichkeit, schnell und unbürokratisch bedürftigen Mitmenschen etwas Gutes zu tun, indem sie ihnen ein Getränk oder einen Snack bezahlen. Über ihr mobiles Café fand Gensichen in Stammheim erstmals auch Kontakt zu russlanddeutschen Migranten. All dies wäre ohne die entsprechende Unterstützung kaum möglich. Die Koordination und Betreuung der Ehrenamtler ist ein Schwerpunkt ihrer Arbeit. „Die Leute sollen hier mit Spaß arbeiten“, ist ihr Hauptanliegen. Gensichen ist begeistert von der Bereitschaft der Kölner, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Öffnungszeiten und Kontakt
Die ökumenische Begegnungsstätte „Lichtblick – Café + mehr“ in Köln-Stammheim, Gisbertstraße 98/Ecke Scharffensteinstraße, ist geöffnet dienstags bis freitags von 9.30 bis 13 Uhr und von 15 bis 18 Uhr, samstags von 9.30 bis 13 Uhr, sonntags und feiertags (von Oktober bis April) von 15 bis 18 Uhr.

Text: Annette von Czarnowski
Foto(s): Annette von Czarnowski