You are currently viewing Der „rote Pfarrer“ und seine Kirche – 90 Jahre Kartäuserkirche mit Vernissage und Fest
Rund um die Kartäuserkirche feierten viele Menschen das große Fest.

Der „rote Pfarrer“ und seine Kirche – 90 Jahre Kartäuserkirche mit Vernissage und Fest

Ihren „Neunzigsten“ hat die Kartäusergemeinde gefeiert und damit bald ein Jahrhundert der evangelischen Nutzung der ehemaligen Klosterkirche. Ihre lange Geschichte ist untrennbar mit der ihres ersten Pfarrers Georg Fritze verknüpft. Er leistete offenen Widerstand gegen die Nationalsozialisten und wurde aus diesem Grund seines Amtes enthoben. Kurz vor dem großen Jubiläumsfest wurde eine historische Ausstellung in den Räumen der Kirche eröffnet, und Georg Fritze nimmt eine zentrale Rolle darin ein.

Gegen das Schweigen
Schon ab Mitte der 14. Jahrhunderts war die Kartäuserkirche erbaut und kontinuierlich erweitert worden. Lange Zeit diente sie als Klosterkirche des Kartäuserordens, bis sie am 16. September 1928 zu einem evangelischen Gotteshaus wurde. Georg Fritze (1874-1939) war ihr erster Pfarrer und bekam der Beinamen „roter Pfarrer“. Der Grund war sein – für einen Kirchenmann unüblichen – offen gelebtes politisches Engagement. Georg Fritze war Pazifist und verurteilte das Schweigen der Evangelischen Kirche zur Judenfrage. Pfarrer Matthias Bonhoeffer blickte in einer kurzen Rede auf seinen Amtsvorgänger zurück, dessen Arbeit noch heute die Gemeinde prägt: „Trotz erheblichen Drucks aus den eigenen Reihen weigerte er sich, den geforderten Eid auf Adolf Hitler zu leisten“, berichtete Bonhoeffer. „Letztlich wurde Fritze seines Amtes enthoben.“

Ein Fest für Hörende und Nicht-Hörende
„Ein richtig schönes Fest“ war schließlich die eigentliche Geburtstagsfeier am Sonntag mit Programm für alle Altersklassen und ausdrücklich für Hörende sowie Nicht-Hörende. Fralau, der „Zauberkünstler ohne Worte“ und selbst gehörlos startete am Nachmittag seine Show vor einem beachtlichen Publikum. Trotz der parallel stattfindenden Kundgebung „Köln zeigt Haltung“ mit mehreren Tausend Menschen, war das Fest durchgehend gut neben der alten Kartause besucht. „Wir freuen uns, dass anderweitige Veranstaltungen unsere Gemeinde fast nie davon abhält, mit uns zu feiern“, resümierte Matthias Bonhoeffer.

Zusammen mit Pfarrerin Dr. Anna Quaas, Pfarrer Dieter Schwirschke von der Evangelischen Gehörlosengemeinde, Kantor Thomas Frerichs und vielen hörenden und gehörlosen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern hatte er – im Anschluss an den gemeinsamen Gottesdienst – ein vielseitiges Festprogramm aufgestellt mit u.a. dem „Südstadtchor“, dem Pop- und Jazzchor der Lutherkirche, einem Orgelkonzert, der Sängerin Cosima, der Sambagruppe „Die Humboldtzen“ und der Karnevals-Tanzgruppe „Frielingsdorfer Mädche“, zu denen der Kontakt über eine FSJ-lerin der Kartäusergemeinde geknüpft worden war. Der Erlös des Festes wird zwei Gehörlosenschulen in Tansania und Eritrea zu Gute kommen.

Text: Claudia Keller
Foto(s): APK