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Der Weihnachtsmann lebt. Oder: Das Christkind war früher evangelisch

Dr. Manfred Becker-Huberti ist katholisch. Er ist – unter anderem – Pressesprecher des Erzbistums Köln. Unter anderem? Ja. Denn jedes Jahr wieder wird er selbst zu so etwas Ähnlichem wie dem Weihnachtsmann: Er beschert uns ein wunderbares Buch. Meistens bringt uns dieses Buch einen Heiligen, eine Legende, das Lebensgefühl von Kindern kurz vor Weihnachten, das Staunen – und den Glauben – wieder.

Becker-Huberti hat uns erklärt, was es mit dem Heiligen Martin auf sich hat. Mit ihm und der Gans. Und dem Pferd – das übrigens erst viel später dazu kam. Dass Martin seinen Mantel geteilt hat, weiß (fast) jeder, Kinder glücklich gemacht hat und macht, Anlass zu wunderbaren Laternenzügen gibt. Doch nicht nur das. Nein, ihm verdanken wir auch den „Piepenkerl“ oder den ‚Weckmann“. Rezepte gibt es natürlich gleich dazu. Man kann ihn backen, er lebt in vielerlei Gestalt, in manchen Bräuchen weiter, auch die Bastelanleitungen für Laternen liefert das Buch gleich mit.

Becker-Huberti hat uns auch ein ganzes Lexikon beschert. Um Bräuche und Feste geht es da. In über 3.000 Stichwörtern mit Infos, Tipps und Hintergründen begleitet uns dieses Lexikon durch das ganze Jahr. Vom Weihnachtsmann war natürlich auch da schon die Rede. Von ihm. Und Santa Claus, Väterchen Winter und Father Christmas.

Und dieses Jahr schenkt uns Becker-Huberti ein ganzes Buch, in dem es um ihn geht. Den Weihnachtsmann. Und mit wem er schon alles so verwechselt worden ist. Mit dem Nikolaus etwa: „Wer ist nun eigentlich wer? Und woher stammen sie?“ fragt der herausgebende Herder-Verlag und fährt fort: „Auf humorige Art und Weise stellt Manfred Becker-Huberti die Geschichte vom Weihnachtsmann von germanischen Weihnachtszwergen über das Väterchen Frost bis hin zum Heiligen aus Demre in der Türkei dar.“ Illustriert hat es Andrea Schraml.

Warum nun auch Katholiken am 24. 12. Geschenke bekommen? Weil das Christkind konvertiert ist
Doch die Verwirrung von Kindern und Erwachsenen wird ja noch viel größer, wenn sie nicht nur über den Weihnachtsmann und seine Erscheinungsformen – mit Bart und Rute oder anders – nachdenken. Sondern auch über das Schenken. Denn dann muss man sich fragen: Wie stehen eigentlich der Weihnachtsmann und das Christkind zueinander? Wer schenkt denn da was? In seiner Besprechung von Becker-Hubertis neuestem Buch scheint auch Rundschau-Journalist Stefan Volberg verblüfft: „Das Christkind war ursprünglich – evangelisch! Wie bitte“, ruft er aus. Und erklärt mit Becker-Huberti: „Im MIttelalter seien Kinder am Tag der Unschuldigen Kinder [28. Dezember] beschenkt worden; dann rutschte dieser Termin mit der zunehmenden Popularität des Heiligen Nikolaus auf den 6. Dezember. Martin Luther, der ‚die Heiligen als Fürsprecher und Patrone nicht mehr brauchte‘, habe das Schenken vom Nikolaus gelöst und auf Weihnachten übertragen. Die neue Schenkfigur übernahm er aus dem Elsaß: das Christkind, das am 25. Dezember bescherte, und zwar ausschließlich die Protestanten.“ Daraufhin blieb „bei den Katholiken nun erst recht der Nikolaus der Gabenbringer“ – so etwa bis zum Jahr 1900. Erst danach hätten sich „die Bräuche vermischt“, der „evangelische Adventskranz und der lutherische Christbaum ‚konvertierten‘ in katholische Haushalte. Das Christkind schloss sich an, und das Schenken zu Weihnachten wurde auch bei Katholiken üblich. Und – bringen wir es auf den Punkt – als das Christkind katholisch wurde, nahm in evangelischen Familien der Weihnachtsmann seinen Platz ein.“ Volbergs Fazit: „Ein kluges, überraschendes und durchaus witziges Buch.“

Die Bücher von Manfred Becker-Huberti, eine „weihnachtliche“ Auswahl
Der Weihnachtsmann lebt. Wie er wurde, was er ist. Verlag Herder Freiburg 2004. ISBN 3451070359, kartoniert, 192 Seiten, 6 Euro

Der heilige Martin. Leben, Legenden und Bräuche. Greven Verlag, Köln 2003. ISBN 3774303444, gebunden, 176 Seiten, 14,90 Euro

Die Heiligen Drei Könige. Geschichte, Legenden und Bräuche. Greven Verlag, Köln 2004. 200 Seiten, 16,90 Euro.

Lexikon der Bräuche und Feste. Verlag Herder Freiburg, 2. Aufl. 2001, ISBN 3-451-27317-9, 480 Seiten, 25,50 Euro




Text: Al-Mana
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