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Bilder zur hebräischen Bibel von Hasida Landau

Im aufgewühlten Meer schwingen Wellenberge sich empor. Auf einem ihrer Rücken „reitet“ ein Schiff, während eine einzelne, lang gestreckte Gestalt in die Tiefe gleitet. Bald wird sie vom Wal, dessen Maul sich von unten ins Bild schiebt, verschluckt werden. Ausdrucksstark hat Hasida Landau die Bibelstelle Jonas 1,15 gemalt: „Da nahmen sie Jona und warfen ihn ins Meer und das Meer wurde still und tobte nicht mehr.“ Neben ihrer Interpretation dieses Abschnitts der Jona-Geschichte hängen 33 weitere Arbeiten der jüdischen Künstlerin zur hebräischen Bibel im Gemeindesaal des ersten Pfarrbezirks der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach. Dort, neben der Gnadenkirche am Quirlsberg, soll sich fortsetzen, was in der Abrahams-Herberge in Beit Jala seinen „Anfang“ nahm.

„Auf die Möglichkeit der Versöhnung aufmerksam machen“
Die 2003 eröffnete Abrahams-Herberge ist eine Begegnungsstätte der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde in der palästinensischen Stadt Beit Jala in der israelisch besetzten West Bank. Bethlehem liegt zwei, Jerusalem zehn Kilometer entfernt. Unter Leitung des Pfarrers Jadallah Shihadeh widmet sich die Abrahams-Herberge der Friedenserziehung, „der Versöhnungsarbeit zwischen Juden, Christen und Muslimen, zwischen Palästina und Israel“, wie Horst Gloy schreibt. Der Hamburger Gloy ist Vorstandsmitglied des Fördervereins Abrahams Herberge Beit Jala e.V. mit Sitz in Frankfurt. Der stellte den Kontakt zwischen der im Kibbuz Schluchoth, im Beth-Shean-Tal in der Jordansenke lebenden Künstlerin und dem Pfarrer her. Daraus ging die andauernde Präsentation von Reproduktionen ihrer „Bibel“-Gemälde in der Abrahams-Herberge hervor. „Ich bewundere den Mut der Abrahams Herberge, auch unter schwierigen Bedingungen an Brücken zum Frieden zwischen Juden, Christen und Muslimen, zwischen Menschen in Palästina und Israel zu bauen“, wird Landau zitiert. Insbesondere in der Person Gloys ermöglichte der Förderverein eine weitere Auflage der Kunstdrucke. Im Rahmen einer Wanderausstellung werden sie nun, ergänzt um erläuterndes Begleitmaterial, seit Frühjahr 2010 an verschiedenen Orten in Deutschland gezeigt, „um mit ihnen auf die Möglichkeit der Versöhnung aufmerksam zu machen“.

Partnerschaften über alle Grenzen hinweg
Ausstellungsorte waren unter anderem und werden weiterhin sein: evangelische und katholische Kirchengemeinden, jüdische Gemeinden, und Schulen. Derzeit gastieren die Bilder, denen zur besseren Identifizierung des behandelten Themas jeweils der entsprechende Bibelabschnitt beigegeben ist, im Gemeindesaal der Gnadenkirche. Die Idee, sie in Bergisch Gladbach zu zeigen, hatte der Pfarrer i.R. Axel Becker. Becker, 1981 bis 1992 Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach. Er ist auch der maßgebliche Initiator des seit 2002 bestehenden Kontakts zwischen der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach und der Evangelisch-lutherischen Gemeinde in Beit Jala. Aus diesem Kontakt haben sich mittlerweile freundschaftliche Begegnungen zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen und Organisationen in der Stadt Bergisch Gladbach und in Beit Jala entwickelt. Ab 2005 wirkte ein in Bergisch Gladbach ins Leben gerufener Initiativkreis auf die Gründung einer offiziellen Städtepartnerschaft hin. Die wurde im Juli 2010 vom Stadtrat einstimmig beschlossen. Auch in Beit Jala votierte man für dieses Abkommen.

Verständigung der Völker
Und so findet die Ausstellung mit Landaus Bildern auch im Rahmen der frisch beurkundeten Städtepartnerschaft statt. Ausrichter der Schau ist auf Vorschlag Beckers, der im Vorstand des Fördervereins Städtepartnerschaft Bergisch Gladbach – Beit Jala e.V. wirkt, das Mehrgenerationenhaus Bergisch Gladbach (MGH). Träger des 2008 realisierten MGH ist seit Anfang 2010 die Evangelische Kirchengemeinde Bergisch Gladbach, besser gesagt: die Gnadenkirche. „Das Mehrgenerationenhaus ist kein Gebäude, sondern ein Ort der Begegnung, der aus verschiedenen Räumen und Häusern besteht“, erläutert Andreas Kiriakidis. Der studierte Religionswissenschaftler, Jahrgang 1982, ist Generationenbeauftragter an der Gnadenkirche. Er leitet das MGH und koordiniert dessen „Generationen übergreifende Angebote“. Mit Aufnahme seiner Tätigkeit wurde am MGH neben dem offenen Treff, Beratungen sowie „Haushalts nahen und Familien entlastenden“ Dienstleistungen ein weiterer Schwerpunkt stärker verankert: Die Förderung des interreligiösen und interkulturellen Dialogs in Bergisch Gladbach. „Wie Hasida Landau mit ihren Bildern eine Brücke schlagen möchte, wollen wir das mit unserer Arbeit tun“, zieht Kiriakidis Parallelen zwischen Ausrichtung und Zielsetzung des MGH sowie der Intention der Künstlerin. „Ihre Bilder haben einen Symbolwert für die Verständigung der Völker. Die Ausstellung lädt ein, sich mit einer Problematik zu befassen, die Völker und Religionen trennt. Eine Trennung, die überwunden werden kann.“ Überhaupt passe die Schau „gut zu unserer Gemeinde, weil die Bilder Bibelgeschichten anspruchsvoll interpretieren“.

Der Traum vom Frieden
„Die Themen und nicht zuletzt die Farben meiner Werke sind inspiriert von der unmittelbaren visuellen und geistigen Umgebung, in der ich lebe“, schreibt Landau. Ihre Originalbilder zur Genesis, zu Exodus und anderen Büchern wie Themen des Alten Testaments sind in der Regel in Öl oder Acryl auf Leinwand oder Holz gearbeitet. Ihnen gegenüber verlieren die Reproduktionen zwar etwas an Leuchtkraft. Jedoch bleibt davon die zwischen figurativ und ungegenständlich anzusiedelnde Handschrift der Künstlerin, bleibt die Bildaussage unberührt. Zur Eröffnung der Schau war auch Pfarrer Shihadeh aus Palästina angereist. Der Leiter der Abrahams-Herberge ging ebenfalls auf Landaus Werke ein und dankte der abwesenden Künstlerin, die 1926 in Polen geboren wurde und 1933 mit ihrer Familie nach Palästina ausgewandert war: Ihre Bilder und ihr Engagement schätze man als ein „Zeichen der Verbundenheit mit unserem Traum von einem würdigen und gerechten Frieden zwischen unseren beiden Völkern“. Shihadeh drückte einmal mehr die Notwendigkeit zur Verständigung aus. „Israel braucht Palästina und Palästina braucht Israel.“ Segen und Glück des einen Volkes hingen ab vom Segen und Glück des anderen Volkes. „Woher, wenn nicht aus den drei großen Religionen unserer Heimat, sollte die Kraft kommen, endlich umzukehren aus der Spirale der gegenseitigen Gewalttaten und über die Grenzen hinweg Brücken zum Frieden zu bauen?“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich