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Benefiz-Aktion „Kunst hilft geben – für Arme gegen Hunger“

Wer die Augen öffnet, kann sehen, dass auch in Köln nicht wenige Menschen von Armut und Hunger betroffen sind. „Alleine 5.000 Obdachlose leben in der Domstadt, auf der Straße oder in simpelsten Behausungen“, sagt Dirk Kästel, ehrenamtlich im „Der Sack e.V“. engagiert. „Armut betrifft sehr viele. In Deutschland gibt es schätzungsweise 400.000 Millionäre und 400.000 Obdachlose. Armut in einem reichen Land.“ Kaum jemand mache sich bewusst, dass in Köln 150.000 Kinder, Frauen und Männer arm seien. „Viele Schulkinder gehen in Köln und anderswo ohne Frühstück zur Schule.“

Suche nach konkreter lokaler Hilfe
Kästel überlegte, wie er, der im Leben immer Glück gehabt habe – und andere – den Betroffenen zumindest lokal konkret helfen könne. „Der Sack“ liefert „im monatlichen Wechsel an 850 Empfangsadressen und 14 Kindergärten Lebensmitteln“ aus. Seit Februar ist Kästel Vorstandsmitglied des von Unternehmern und anderen Bürgern Kölns gegründeten Vereins. Auch als Mitarbeiter der Kölner GAG Immobilien AG wisse er um die Not von armen, mittellosen Menschen.

Auktion von Gemälden und Zeichnungen in der IHK
Im Dezember 2011 hatte Kästel die Idee für die Benefiz-Kunst-Aktion: Künstler und Kunstsammler, Prominente und andere sollen Werke stiften oder eine (künstlerische) Dienstleistung anbieten. Diese können dann direkt erworben oder an einem festen Termin ersteigert werden. Der Erlös soll zwölf Hilfseinrichtungen zufallen. So lautete Kästels Vorstellung. Im Frühjahr liefen die Vorbereitungen an. Insbesondere in Künstler Cornel Wachter und Journalist und Musiker Manfred Johannes Junggeburth fand der Initiator früh Gleichgesinnte. Mit ihrer Hilfe konnten weitere Künstlerinnen und Künstler für das Projekt gewonnen werden. Unterstützung kam auch von Seiten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln. Sie stellt unter anderem die Räume für die Aktion zur Verfügung. „Kunst hilft geben – für Arme gegen Hunger“, so der Name, beinhaltete zunächst eine Ausstellung von Gemälden, Zeichnungen, Objekten, Skulpturen und Fotografien in den Räumen der IHK. Dort fand am Sonntag, 4. November 2012, auch die Auktion statt. Moderiert wurde sie von Linus und Cornel Wachter.

Künstler und Eigentümer haben gestiftet
Aufgerufen wurden etwa 160 Arbeiten von circa 90 bildenden Künstlerinnen und Künstlern und Dienstleistungen. Dabei sind es nicht immer die Künstler selbst, die gestiftet haben, sondern auch Eigentümer dieser Werke, die sich für den guten Zweck von ihnen getrennt haben. Erhard Klein gab Blätter von Felix Droese und Sigmar Polke. Reiner Opoku stellte Arbeiten von Jiri Georg Dokoupil, A. R. Penck und Stefan Szczesny zur Verfügung. Das Kölnische Stadtmuseum gab signierte Kunstdrucke von H.A. Schult, Günter Merkenich, Tony May dazu, das Museum Käthe Kollwitz in Köln ebenfalls (unsignierte) Kunstdrucke von Kollwitz. Mit eigenen Werken beteiligten sich Gunter Demnig, Lutz Fritsch, Günter Grass, Rebecca Horn, Oliver Jordan, Ralf König, Karin Richert und viele andere. Allein 70 Gemälde der verstorbenen Malerin Helga Colden stellte die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM) e.V. zur Verfügung. Alice Schwarzer und Günter Wallraff stifteten signierte Bücher, Elke Heidenreich einen von ihr gestalteten Rosenthal-Porzellanteller plus Brief zum Thema „Liebe“. Ralph Morgenstern ließ in seiner Cafe-Bar am Friesenwall ein Frühstück „Köln“ versteigern, mit ihm als Bedienung.

Ausstellung in der Auferstehungskirche
Unterstützt wird die Aktion unter anderem von der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Als Schirmherren fungieren die Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln sowie Oberbürgermeister Jürgen Roters. Zeitgleich ist in der IHK die ergänzende Ausstellung „Armut und Hunger haben viele Gesichter“ zu sehen. Sie beleuchtet mittels Fakten und Fotografien von Karin Richert, Dirk Kästel und anderen schlaglichtartig die Situation von Armen in Köln, Europa und in der Welt. Konzipiert ist sie als Wanderausstellung. Daher wird sie von Mitte November bis mindestens Ende Dezember, gemeinsam mit nicht veräußerten Kunstwerken, in der ehemaligen evangelischen Auferstehungskirche in Köln-Buchforst, Kopernikusstraße 34, gezeigt. Diese wurde im Rahmen des Modellprojektes „Kirchenumnutzungen Nordrhein-Westfalen“ der Landesregierung zur Umnutzung ehemaliger Sakralbauten von der GAG Immobilien AG instand gesetzt. Mittlerweile wird sie als Predigtstätte und kulturelles Zentrum, als „Ort der Begegnung“ in Buchforst genutzt.

„Vringstreff“ erhält Geld aus dem Reinerlös
Der Reinerlös von Verkauf und Auktion geht zu gleichen Teilen an insgesamt zwölf Einrichtungen in Köln, die sich in der Obdachlosenhilfe und der Unterstützung von Armen engagieren: An den 1997 eingerichteten „Vringstreff“ in der Kölner Südstadt, Im Ferkulum 42. Er ist Begegnungs- und Integrationsstätte, Freizeit- und Beratungsort. Dort treffen sich Menschen aus dem Viertel: Menschen verschiedener Kulturen und Religionen, Menschen mit und ohne Problematik, mit und ohne festen Wohnsitz, mit und ohne Erwerbstätigkeit. Träger der Einrichtung ist der Vringstreff e.V., eine Initiative unter anderem der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in der Südstadt.

Einnahmen gehen auch an GULLIVER
Ebenso kommen die Einnahmen dem GULLIVER zugute. Eröffnet wurde die Überlebensstation für Obdachlose im Januar 2001 in einem Bogen der Hohenzollernbrücke, Trankgasse. Sie ist ein Projekt des Kölner Arbeitslosenzentrums (KALZ) e.V. Gefördert auch durch die Evangelische Kirche, von Politik und Wirtschaft, mitgetragen von bürgerschaftlichem Engagement, dient die Einrichtung seit nun elf Jahren als wichtige Anlaufstelle. Mit vielfältigen Angeboten für das körperliche, seelische und geistige Wohl. Dort finden Menschen ohne Wohnsitz unter anderem Duschen, Toiletten und Waschmaschinen vor. Es gibt ein Tagesschlafraum und eine Kleiderkammer, Beratungs- und Gruppenangebote. Im Café werden Frühstück, Abendessen und andere kleinere Mahlzeiten serviert. Die weitere zehn Einrichtungen sind der/die Kölner Tafel e.V., Helfen durch Geben – Der Sack e.V., Johanneshaus GmbH, Initiative Bauen ,Wohnen, Arbeit, Sozialistische Selbsthilfe Köln Mülheim, Oase e.V., Emmaus e.V., Kellerladen e.V., wir helfen e.V. und Rundschau Altenhilfe „Die gute Tat“ e.V.

Positive kleine Veränderungen
In seiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung dankte Kästel den Unterstützenden, den Stiftenden und Sponsoren. Mit den Präsentationen „Kunst-hilft-geben“ und „Armut und Hunger haben viele Gesichter“ wolle man auch „positive, zumindest kleine Veränderungen in der Denk-, Seh- und Handlungsweise im Umgang mit Armen im Alltag“ bewirken. Kästel stellte fest: „Bildung ist das beste Mittel gegen Armut!“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich