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Bebauungspläne an der Kempener Straße gefährden die Arbeit sozialer Einrichtungen rund um den „Worringer Bahnhof“

Die Zeichen stehen auf Sturm. Ein Normen-Kontroll-Verfahren hat der evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte beim Oberverwaltungsgericht Münster gegen die Stadt Köln angestrengt. Überprüft werden soll die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans für das Gelände des ehemaligen Bundesbahn-Ausbesserungswerkes an der Kempener Straße in Nippes. Grund für die Aufregung ist der Worringer Bahnhof, der am Rand des Neubaugebietes auf dem ehemaligen Bahngelände steht und dem Kirchenkreis gehört. 700 Wohnungen werden zurzeit von einer privaten Baugesellschaft, die das Gelände des ehemaligen Ausbesserungswerkes gekauft hat, dort gebaut.



„Angriff auf unser Grundstück“
Der gültige Bebauungsplan sieht eine Verbreiterung der Kempener Straße vor, die noch sechs Meter entfernt vom Bahnhof verläuft und von diesem durch eine Mauer getrennt ist. Um das Neubaugebiet besser an den Straßenverkehr anzubinden, soll unter anderem ein neuer Linksabbiegerstreifen eingerichtet werden. Dann grenzt der Bürgersteig der Kempener Straße direkt an die Fassade des Bahnhofes. Von einem „Angriff auf unser Grundstück“ spricht Rolf Domning, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte. Da in einem Gespräch mit der Stadt kein Ausgleich der Interessen zustande kam, habe man den Weg durch die Instanzen angetreten. Man sei aber weiterhin gesprächsbereit.

Unkalkulierbare Risiken
Peter Kühn, Architekt bei der ASG, der Antoniter Siedlungsgesellschaft, einer hundertprozentigen Tochter des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region, erläutert das Problem: „Der Worringer Bahnhof ist nicht unterkellert. Das ist damals wegen der Schadstoffbelastung des Bodens nicht erlaubt worden.“ Der denkmalgeschützte Bahnhof, so Kühn, stehe auf einer Bodenplatte. Sollte nun die Kempener Straße, die einen Meter tiefer liegt als das Gebäude, an die Fassade heranrücken, fürchtet Kühn, dass der Boden ins Rutschen kommt. Mit unkalkulierbaren Risiken für die Standfestigkeit des Bahnhofes.

Lärmgrenzwerte nicht eingehalten
Nun muss das Gericht entscheiden, ob der städtische Bebauungsplan, den der Rat beschlossen hat, rechtens ist. Wolfgang Brück, Justitiar des Kirchenkreises, weist auf einen weiteren Aspekt hin, der aus seiner Sicht vor den Richtern für den Kirchenkreis spricht. Für den Worringer Bahnhof würden Lärmgrenzwerte wie in einem Wohngebiet gelten. Würden die Straße verbreitert und die Mauer weggerissen, die zurzeit als Lärmschutzwand dient, entstünden Belastungen wie in einem Industriegebiet.

Die Arbeit sozialer Einrichtungen ist gefährdet
Völlig unverständlich ist für alle Beteiligten, dass im Zuge der Verbreiterung der Kempener Straße gegenüber vom Bahnhof eine Mittelinsel gebaut werden soll, auf die Bäume gepflanzt werden. Diese Mittelinseln, auf denen Autos parken, findet man im Verlauf der Straße in vielen Bereichen. „Das macht keinen Sinn“, wendet Domning ein, der die Mitarbeitenden im Worringer Bahnhof vor dem Lärm schützen will. In dem Gebäude ist unter anderem die Verwaltung von „Zug um Zug“ untergebracht. 400 Langzeitarbeitslose beschäftigt der Verein in Qualifizierungsmaßnahmen, um sie in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Darüber hinaus hat auch der Verein „Rat und Tat“, der sich um Angehörige psychisch kranker Menschen kümmert, seine Büros im Worringer Bahnhof. Der stand ursprünglich in Worringen an der Bahnstrecke nach Krefeld und sollte 1984 abgerissen werden. Der evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte kaufte ihn damals für eine Mark, ließ ihn abtragen und 1987 in Nippes wieder aufbauen. Seither beherbergt er soziale Einrichtungen.

„Hier wird massiver Druck auf uns ausgeübt“
Dr. Walter Schulz, Geschäftsführer von „Zug um Zug“, ist nicht gut zu sprechen auf Ewald Hohr, dessen Baugesellschaft das Gelände des ehemaligen Ausbesserungswerkes gekauft hat und dort Häuser bauen lässt. „Was wir hier erleben, ist die Arroganz der Macht“, sagt Schulz mit Hinweis auf einen Bürgersteig, der aus dem Neubaugebiet kommend vor dem Parkplatz der Mitarbeitenden des Worringer Bahnhofes endet. „Hier wird massiver Druck auf uns ausgeübt, weil sich natürlich jeder fragt, warum wir uns weigern, ein Stück unseres Grundstückes abzugeben, damit der Bürgersteig weitergeführt werden kann.“

Entscheidung wahrscheinlich Sommer 2007
Aber es gab auch schon andere Formen von Druck. „Ohne Vorwarnung wurde vor einigen Tagen die Einfahrt zu unserem Parkplatz weggebaggert“, erinnert sich Schulz. „Die Mitarbeiter mussten mit der Straßenbahn nach Hause fahren, weil sie die Autos nicht mehr vom Parkplatz fahren konnten.“ Das war natürlich auch ein Fall für den Juristen Brück, die Zufahrt zum Parkplatz wurde wieder hergestellt. Der Rechtsanwalt rechnet mit einer Entscheidung in Münster für den Sommer 2007. Bis dahin zumindest sei das Grundstück unantastbar.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): ran