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95 Jahre Evangelische Frauenhilfe in Weiden und Lövenich, jüngst umbenannt in Frauenkreis in der Evangelischen Frauenhilfe

Es war fast wie immer. Vormittags hatte Küster Alexander Hermann im Blauen Saal des Jochen-Klepper-Hauses der Evangelischen Kirchengemeinde Weiden Stühle und Tische zurecht gestellt. Bettina Petry und weitere Menschen mit helfenden Händen hatten die Tafel eingedeckt und dekoriert, später den Kuchen angeschnitten, Kaffee und Tee gekocht. So geht das jeden zweiten Mittwoch, bevor sich nachmittags die Damen der Evangelischen Frauenhilfe des Bezirks Weiden/Lövenich für zwei Stunden in ihrem Gemeindezentrum an der Aachener Straße treffen. Dieses Mal aber, ganz anders als sonst, fand zuvor im angrenzenden Kirchsaal eine einstündige Dankandacht mit Abendmahl statt. Anlass war die kleine Feier zum 95-jährigen Bestehen der Frauenhilfe vor Ort. Pfarrerin Monika Crohn, in der Gemeinde zuständig für die aktuell vierzig Mitglieder starke Frauengruppe, hatte mit Galater 6,2 denn auch einen treffenden Bibeltext gewählt und geringfügig auf die Versammelten umgemünzt: „Eine trage der anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“


Die Schwerpunkte verschieben sich
Vor 95 Jahren also gründete sich innerhalb der Evangelischen Frauenhilfe im Rheinland e.V. die Gruppe Weiden/Lövenich. Damit könnte sie im Kirchenkreis die älteste sein, vermutet die Gratulantin Annelie Carlsohn, Vorsitzende des Frauenhilfe-Kreisverbandes Köln-Nord. Lange Zeit waren ihre Mitglieder unter anderem in der Sozialarbeit und Erwachsenenbildung engagiert, brachten sich auf Festen und anderweitig in der Gemeindearbeit ein. Insbesondere aus Altersgründen haben sich diese Inhalte verschoben. Das älteste Mitglied ist 93 Jahre, 61 das jüngste – wäre da nicht Bettina Petry. Sie zählt erst 45 Lenze, und leitet seit Januar 2008 den Frauenkreis in der Evangelischen Frauenhilfe e.V. der Gemeindebezirke Weiden-Nord/Lövenich und Weiden-Süd. So bezeichnet sich die Gruppe seit dem Jahreswechsel. „Das ist zeitgemäßiger“, begründet Petry den gemeinsam beschlossenen und vom Landesverband in Bonn gut geheißenen Schritt.“Die Ziele und Inhalte sind heute andere“, stellt Petry fest. Zwar werde weiterhin, auch mit befreundeten, jüngeren Nicht-Mitgliedern der jährliche Weltgebetstag der Frauen in der Gemeinde mit gestaltet und die Cafeteria auf Gemeindefesten organisiert. Doch mittlerweile wichtiger seien die vierzehntägigen Treffen. Dabei gebe es in Form etwa einer kurzen Andacht unverändert „geistliches Futter“, stünden Unterhaltung, Kaffeetrinken und Austausch auf dem Programm. „Regelmäßig sind Menschen zu Gast, die Interessantes berichten können“, nennt Petry unter anderem Gemeindeglieder, die Diavorträge über ihre Städtereisen oder andere Hobbys halten. Daneben gebe es Vorträge von ReferentInnen zu altersrelevanten Themen und Gesundheitsfragen, wie Patientenverfügung oder Pflegebedürftigkeit.

Große gegenseitige Unterstützung in der Gruppe
Petry lädt hin und wieder auch die Seelsorgenden der Gemeinde ein, um über entsprechende Themen zu sprechen. Darunter auch die Pfarrerin Monika Crohn. Sie kam 1990 in die Evangelische Kirchengemeinde Weiden. „Die hiesige Evangelische Frauenhilfe bedeutet heute eher Seniorenarbeit“, schildert sie aus eigener Erfahrung die durch die Alterung der Gruppe bedingte inhaltliche Veränderung. Daher sei die Namensänderung in „Frauenkreis“ sehr zu begrüßen. „Unter dem Bergriff Frauenhilfe stellen sich die Menschen etwas anderes vor.“ Hilfestellung, womöglich breit gefächert, sei aber in Weiden und Lövenich nicht (mehr) das Programm. Wohl aber, und das unverändert, die gegenseitige Unterstützung innerhalb der Gruppe. Die Mitglieder besuchen sich gegenseitig, auch im Krankenhaus, begleiteten einander, halten Kontakt bis zum Tod. „So ist unsere Gruppe auch ein Gesprächskreis für seelsorgerische Themen. Er bietet die Möglichkeit, über die nicht einfachen Dinge wie Krankheit und Tod zu sprechen. Das macht den Umgang damit leichter“, sagt Crohn.

„Eine weiß um die andere, man teilt sich mit“
Zu Beginn des „Geburtstags“-Treffens ehrte Petry langjährige Mitglieder. Anschließend trug sie die Gratulationsschreiben der ebenfalls 1914 gegründeten, nur wenig älteren Frauenhilfe in Frechen sowie des Landesverbandes der Evangelischen Frauenhilfe in Bonn vor. Darin beglückwünscht die Regionalreferentin Anja Karthäuser den Weiden-Lövenicher Frauenkreis zu ihren „Schätzen“: Es spreche für die Mitglieder, dass es die Gruppe heute noch gebe. „Eine weiß um die andere, man teilt sich mit.“ Als einen weiteren Schatz benannte Karthäuser die Leiterin Bettina Petry. Ihr Engagement, ihre Kreativität und Ideen hätten der Gruppe Auftrieb gegeben.

„Nachwuchs“ gern gesehen
„Ich wurde damals ins kalte Wasser geworfen“, erinnert sich Petry, die lange als Krankenpflegerin gearbeitet hat. Über den Entschluss ihrer Tochter, in die evangelische Kirche überzutreten und sich konfirmieren zu lassen, war Petrys Kontakt zur Evangelischen Kirchengemeinde Weiden enger geworden. „Durch die Mithilfe bei Veranstaltungen lernte ich hier viele Menschen kennen und erfuhr auch von der Frauenhilfe.“ Jahrzehntelang von der 2006 verstorbenen Hannelore Geleszus geprägt, hatte inzwischen Ursula David deren Leitung übernommen. David suchte aus Gesundheitsgründen eine Nachfolgerin, und fand sie in der aufgeschlossenen, vergleichsweise jungen Petry. „Ich mache es wirklich gerne“, sagt Petry, die sich zudem als Presbyterin engagiert. „Mit immer noch viel Freude“ kümmere sie sich um die Mitglieder der Gruppe, organisiere deren Mittwochstreffen sowie halbjährlichen Bus-Ausflüge. „Dabei erfahre ich manche Unterstützung.“ Gleichwohl würde sie sich über weitere Entlastung und neue Interessentinnen für den Frauenkreises sehr freuen.





Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich