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150 Jahre evangelische St. Johannes-Kirche in Köln-Deutz

Ein blaues, beschriftetes Banner quer über der Tempelstraße im rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Deutz macht auf ein besonders Ereignis aufmerksam: Die Evangelische Kirchengemeinde Köln-Deutz/Poll feiert das 150-jährige Bestehen ihrer St. Johannes-Kirche. In der damals noch selbständigen Stadt Deutz wurde das evangelische Gotteshaus am Reformationstag 1861 eingeweiht. Nun ist es anlässlich seines runden „Geburtstags“ Ort zahlreicher Veranstaltungen – dreißig an der Zahl. 15 Wochen lang wird gefeiert – vom 5. September bis 19. Dezember. Geprägt ist das Programm nicht nur von einer Vielzahl, sondern auch der großen Vielfalt seiner Angebote. Dafür verantwortlich zeichnen die Mitglieder diverser Arbeitskreise innerhalb der Gemeinde. Sie haben ein abwechslungsreiches, „lebendiges“ Gesamtprogramm konzipiert. Das reicht von „Feste & Gottesdienste“ über „Spiritualität“, „Kunst-Ausstellungen“, „Musik & Wort“, „Kinder & Jugend“, „Für den guten Zweck“ bis hin zu „Führungen & Historien-Ausstellung“. Aufgelistet finden sich diese Jubiläums-Veranstaltungen in einem übersichtlich gestalteten, 43 Seiten starken Programmheft. Neben der gedruckten Form existiert eine Internet-Fassung. Interessierte können sie unter www.150-Jahre-St-Johannes.de aufrufen.




Angebot zur Begegnung
In einem Pressegespräch wurde jetzt nicht nur das Veranstaltungsprogramm, sondern auch die begleitende Festschrift mit dem Titel „Vergangenheit und Gegenwart. Eine Zeitreise mit Bildern, Berichten und persönlichen Erinnerungen“ vorgestellt. Mit der Dokumentation der Historie halte man Rückschau, sagte der Presbyteriumsvorsitzende, Pfarrer Roger Schwind. Das Festprogramm sei ein Angebot zur Begegnung. „Damit möchten wir Erlebnisse im kirchlichen und gesellschaftlichen ´Zwischenraum´ fördern.“ Es gehe einerseits darum, „unsere Johannes-Kirche zu feiern“. Andererseits darum, „mit den Schwerpunkten, die wir innerhalb der Gemeinde aufgebaut habe, Impulse nach ´draußen´ zu geben.“ Das Programm spiegle die „Identität stiftende Kraft“ der St. Johannes-Kirche für ihre Gemeinde wider und verbinde gleichzeitig kirchliche mit weltlichen Aspekten.

Ökumene, Festgottesdienst, Zen, Meditation und Yoga
Drei Beispiele: Am Sonntag, 11. September laden die evangelische und katholische Gemeinde zu einem gemeinsamen, ökumenischen Straßenfest in die Tempelstraße ein. Beginn ist nach den Gottesdiensten in St. Heribert (9.45 Uhr) und der St.-Johannes-Kirche (11 Uhr) um 12 Uhr.
Zweitens: Der Festgottesdienst zum 150. Einweihungsjubiläum, nach dem in angrenzenden Gemeinde-Räumlichkeiten zu Begegnung und Brunch geladen werden, findet statt am Sonntag. 30 Oktober, 11 Uhr. Er steht im Zeichen der Frage, „wie eine fruchtbare Verbindung von Kirche und Stadt(teil) aussehen kann und soll“. Um diese Thematik von „beiden Seiten“ zu beleuchten, wird neben Stadtsuperintendent Rolf Domning die Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes sprechen.
Drittens: Laut Schwind bildet die Beschäftigung, die Begegnung mit unterschiedlichen spirituellen und religiösen Ausdrucksformen, darunter Zen, Meditation und Yoga, einen der Schwerpunkte in der Gemeinde. Dies schlägt sich auf verschiedene Weise ebenso im Programm nieder. Angeboten wird unter anderem eine Einführung in Zen. Texte der Johannestradition werden ausgelegt und durch (Körper)Übungen erfahren. Außerdem gibt es zwei Veranstaltungen zur Sufi-Mystik.

Bewegte Geschichte
Das 150-jährige Bestehen der evangelischen Kirche in Deutz sei ein schöner Anlass, „über unsere evangelische Geschichte nachzudenken“, erinnerte Domning im Pressegespräch an die bewegte Historie der Evangelischen in Deutz und Mülheim. Er stellte fest, dass man mit der ursprünglich frei stehenden und später in die Straßenflucht eingebundene St. Johannes-Kirche seit langer Zeit auch folgendes assoziieren könne: „Die Kirche als selbstverständlicher Teil der Stadt, nicht herausgehoben oder gar abgehoben, sondern ganz nah bei den Menschen, gewissermaßen ´mitten unter ihnen´.“ Laut Domning ist die Johannes-Kirche nicht nur optisch, sondern auch geistlich-kulturell sichtbar. Solche Gemeinde-Profile seien ganz im Sinne des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte, zu dem Deutz gehört, betonte dessen Superintendent Domning. „Wir fördern solche Schwerpunkte, fördern die Vielfalt.“

Musik, Kabarett und Lesungen: ein „stilistisch breites Spektrum“
Zu den Schwerpunkten der Evangelischen Gemeinde Köln-Deutz/Poll zählt außerdem die Musik. Gleichwohl werden in den Festwochen nicht allein Chöre und Gruppen der Gemeinde auftreten. Kantor Daniel Konrad, Leiter des Musik- und Kabarettprogramms, kündigte zusätzlich Gäste an, die insgesamt ein „stilistisch breites Spektrum“ abdecken. Es wird unter anderem, in der Regel immer sonntags, um 17 Uhr, Konzerte mit Orgelmusik und weiteren Instrumenten geben. Die Band „Little Trickster“ wird Rock´n´Rythm spielen. Andere Interpreten bieten Klezmermusik, Gospel oder Neue Musik. Am Sonntag, 23. Oktober, 17 Uhr, gastiert das Kirchenkabarett „Klüngelbeutel“, am Freitag, 23. September, 19 Uhr, liest Autor Hans-Werner Kettenbach aus seinem Buch „Tante Joice und die Lust am Leben“. Konrad hofft, dass die Musik- und Wort-Veranstaltungen sowohl als Kulturereignis wie als Gemeinschaftsereignis wirken.

Die Festschrift
Mit der Festschrift legt die Gemeinde eine übersichtlich gegliederte Information vor: Sie gestattet in Wort und Bild einen Blick in die Historie der St. Johannes-Kirche und setzt Schlaglichter auf Entwicklung und Gegenwart des Gemeindelebens in Deutz und Poll.
1911, so erfährt man, wurde der im neoklassizistischen Stil mit neoromanischern Tendenzen errichtete Sakralbau erstmals mit Elektrizität versorgt. Seitdem erhellen neben Kerzen auch Lampen den Innenraum.
Im Zweiten Weltkrieg, im Juni 1943, brannte das Gotteshaus nach alliiertem Bombardement „völlig aus“, wobei die Außenmauern größtenteils stehen blieben. Nachdem 1949 noch im Rohbau der erneuerten Saalkirche erstmals wieder eine Christvesper gefeiert worden war, fand am 2. Oktober 1950 unter Beteiligung von Pfarrer Hans Encke, damals Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln, ihre Wiedereinweihung statt. Erst 1970 erhielt der ohnehin sanierungsbedürftige, achtseitige Kirchturm mit einer Nachbildung der ursprünglichen Spitzenform endgültig sein im Bombenhagel verlorenes „Gesicht“ zurück.
Die 62-seitige Broschüre ist gespickt mit Reproduktionen älterer und zeitgenössischer Fotografien, mit Abbildungen historischer Dokumente – darunter Aquarelle, ein Kostenabrechnungsblatt sowie Seiten aus dem Protokollbuch der Kirchengemeinde. Vor allem aber beinhaltet sie gut lesbare Darstellungen zur Historie und Architektur des Gebäudes, enthält weiter Beiträge über Orgel, Glocken und Kirchen-Ausstattung. Pfarrer Roger Schwind ist mit einem Vorwort vertreten, Stadtsuperintendent Rolf Domning und Oberbürgermeister Jürgen Roters steuern Grußworte bei.
Darüber hinaus finden sich Erinnerungen ehemaliger Pfarrer und Organisten in Deutz und Interviews mit älteren und jüngeren Zeitzeugen dokumentiert.
Thema ist auch der ökumenische Aspekt: Davon zeugen Grußworte bestehender Nachbar- und Partnergemeinden sowie ein kurzer Text über die ehemalige jüdische Gemeinde in Deutz.

Ausstellung und Bezug der Dokumentation
Aus dieser Dokumentation wurde eine Historien-Ausstellung „abgeleitet“, wie Thomas Steffens, Projektleiter der Festschrift, betonte. Diese kann bis zum 19. Dezember im hinteren Bereich der Kirche nach dem Gottesdienst, vor und nach den Veranstaltungen studiert werden. In diesen Zeiten ist auch die Festschrift zum Preis von 3 Euro erhältlich, ebenso im Gemeindebüro Deutz, Tempelstraße 29.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich