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Nachrichten von der Frühjahrssynode des Kirchenkreises Köln-Mitte:

Mit „Flucht und Heimat“ war der Abendmahlsgottesdienst zur Eröffnung der Synode des Kirchenkreises Köln-Mitte in der Kölner Kartäuserkirche überschrieben. Zwei Fluchtgeschichten wurden vorgetragen, sie erzählten von der Sehnsucht nach der Heimat, von schmerzvollen Trennungen der Familien, von mehrwöchigen Fluchten und von großer Verzweiflung, sie stammten aus den Jahren 1938 und 2016 – und unterschieden sich in Nichts. Als „eine große Gesellschaftsgeschichte“ bezeichnete Pfarrerin Miriam Haseleu die Vertreibungen vieler Menschen im 20. Jahrhundert. „Die europäische Geschichte ist eine Geschichte der Wanderung. Migration gehörte immer dazu“, erklärte sie und folgerte, dass die Hilfsbereitschaft Vieler in der Flüchtlingsarbeit nicht als reiner Aktionismus gewertet werden dürfe. Die Arbeit werde aus Überzeugung getan, denn sie sei mit der eigenen Biografie verknüpft. „WIR sind die Gelähmten auf der Trage“, resümierte die Pfarrerin aus Köln-Nippes in ihrer Predigt zum 5. Kapitel des Lukas-Evangeliums. Damit gab sie der Geschichte von der Heilung des Gelähmten eine neue Lesart.

58 Synodale begrüßte Rolf Domning, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte, am Freitagabend, 10. Juni, zu den anschließenden Beratungen im Haus der Evangelischen Kirche. Ausdrücklich bedankte er sich für den „berührenden Gottesdienst“ mit dem Motiv des Perspektivwechsels hin zur Rolle der Gelähmten. Als gelähmt habe auch er sich empfunden nach den Ereignissen der Kölner Silvesternacht.

Viele Synodale besuchten zum ersten Mal eine Synode, da sie erst im Februar in ihrer Gemeinde zum Presybter bzw. zur Presbyterin gewählt wurden. Sie begrüßte Domning besonders herzlich zur konstituierenden Sitzung.

Vortrag von Kirchenrat Rafael Nikodemus
Mit dem vom Kreissynodalvorstand gewählten Themenschwerpunkt „Dialog mit Muslimen“ hatte es sich die Synode nicht leicht gemacht. Im Mittelpunkt des Vortrages von Kirchenrat Rafael Nikodemus aus der Abteilung „Ökumene“ der Evangelischen Kirche im Rheinland stand die viel diskutierte Arbeitshilfe „Weggemeinschaft und Zeugnis im Dialog mit Muslimen“.

„Es sind nicht die andern“
„Das Zusammenleben mit Muslimen ist für viele Menschen in Deutschland und in unserer Kirche mittlerweile zur Normalität geworden“, meinte der Kirchenrat und fügte hinzu, dass sich gleichzeitig an vielen Stellen auch Widerstand rege. Nikodemus: „Wir erleben zurzeit eine ungeheure Polarisierung unserer Gesellschaft. Viele Konfliktlinien mit dem auch institutionell stärker in der deutschen Gesellschaft verankerten Islam verunsichern zudem viele Menschen. Von all diesen Auseinandersetzungen bleiben auch die Menschen in unseren Kirchengemeinden nicht unberührt.“ Es seien eben nicht „die anderen“, die sich Pegida-Demonstrationen anschlössen und die AfD wählten. Als Gründe machte er mangelnde Erfahrungen mit Muslimen, mit Moschee-Vereinen und islamischen Verbänden aus.

Prozess mit interkultureller Öffnung
Die neue Arbeitshilfe der rheinischen Kirche sei deshalb vor allem „auf einen offenen Dialog“ ausgelegt. Sie lade dazu ein, die Begriffe „Muslime“ und „Dialog“ im Hinblick auf das Zusammenleben von Christen und Muslimen theologisch zu reflektieren. Das Besondere an dem Heft sei weniger der Text selbst, sondern vielmehr der damit verbundene Diskussions- und Beratungsprozess. Dieser soll noch bis zum Jahr 2018 andauern. Die Neubearbeitung des 2011 erschienenen Heftes „Mission und Dialog in der Begegnung mit Muslimen“ ziele auf einen landeskirchlichen Prozess mit interkultureller Öffnung und der Anregung zur Diskussion um den „Missionsbegriff in einer multireligiösen Gesellschaft“.

Mangel an Mission und Evangelisation
Der Kritik, es werde in der Arbeitshilfe „zu negativ über Mission“ gesprochen, wolle man nachgehen, versprach der Theologe und stellte fest, dass es eher einen Mangel an Mission und Evangelisation gebe, statt einem Zuviel. „Schon lange sagen wir, dass es eine Sprachschule des Glaubens geben muss“, so Nikodemus. Nicht etwa für die Menschen außerhalb der Kirche, sondern für jene aus der Mitte der Gemeinde. Er verwies auf die Aktion „glaubensreich“, die das vermitteln wolle: Den eigenen Glauben auf vielfältige Weise zum Ausdruck und damit „Kirche in Bewegung bringen“.

Helfen, ohne viel zu fragen
„Strategische Mission“ sei dort abzulehnen, wo Menschen selbstverständlich Hilfe und Unterstützung benötigten. In der Flüchtlingsarbeit könne es nicht darum gehen, Programme aufzulegen, um Menschen zum christlichen Glauben zu bewegen, hier dürfe die Religionszugehörigkeit keine Rolle spielen: „Wenn einer auf der Straße liegt, dann frage ich ihn nicht nach seinem Taufschein, um ihn dann – je nach Antwort – zu behandeln oder auch nicht“.

Aufgaben in der Gesellschaft
Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Papier gelte es auch, Zeugnis zu geben, „aus welcher Quelle wir leben“ in einer zunehmend „bunter werdenden Gesellschaft“, in der die Zugehörigkeit zur (Evangelischen) Kirche nicht mehr selbstverständlich sei. Dies gelte gerade auch in der Begegnung mit Muslimen. „Zugleich geht es darum, zu entdecken, wo wir gemeinsame Aufgaben in der Gesellschaft wahrnehmen können und sollen. Das gilt für alle Ebenen der Gesellschaft.“

Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Christen und Muslime könnten gemeinsam – etwa zur Einschulung – eine religiöse Feier durchführen, erklärte der Pfarrer, „aber doch so, dass jeder Partner im Glauben ganz bei sich bleiben kann“. Dieser Sichtweise lägen theologische Überlegungen zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten von Islam und Christentum zugrunde. Grundsätzlich werde zwischen dem einen Gott und verschiedenen Gottesbildern unterschieden: „Der eine Gott ist es, der alle Menschen geschaffen hat, sein Bund mit Noah bezieht sich auf die ganze Menschheit, der Segen für Abraham schließt ebenfalls den Segen für alle Völker ein“.

Lob und Kritik
In der anschließenden Debatte wurden Lob und Kritik geäußert: Lob gab es unter anderem für „das religionspluralistische Denken der Arbeitshilfe“ und für die intensive Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Mission“, vermisst wurden Impulse zur Weggemeinschaft und auch, „dass die Verhältnisbestimmung von Staat und Kirche nur sehr verkürzt“ dargestellt worden sei. Der Superintendent ermutigte die Synodalen, sich ausführlich in den Presbyterien und Gemeinden mit der Arbeitshilfe zu beschäftigen. Bis zum 30. September 2016 nimmt die Evangelische Kirche im Rheinland deren Rückmeldungen entgegen.

Hier geht es zur Diskussionsplattform der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Einladung zum Studientag
Zum vorgetragenen Thema wird am Samstag, 10. September, von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr, zu einem Studientag über die „christlich-muslimischen Verhältnisse im Rheinland“ in die Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall 24b, eingeladen. Dann sollen auch muslimische Sichtweisen auf die Inhalte der Arbeitshilfe zu Gehör kommen.

Gebot der Nächstenliebe
„Ich ergänze das Referat von Herrn Nikodemus gerne in Hinblick auf den Kölner Kontext“, sagte Pfarrerin Dorothee Schaper, Beauftragte für den christlich-muslimischen Dialog im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region und Gast auf der Synode. Letztes Jahr im Oktober habe ein Muslim das Gebot der Nächstenliebe „auf sehr besondere Weise ausgelegt“. Sie erinnerte an die Rede des Kölner Schriftstellers Navid Kermani in der Frankfurter Paulskirche anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. „Ein großes Ereignis, wenn es Christen und Muslimen in diesen Zeiten gelingt, sich gegenseitig zu helfen, ihre eigenen heiligen Schriften besser zu verstehen“, so Schaper. „Als protestantischer Imi war ich mächtig stolz darauf“.

Begegnungen zwischen Christen und Muslimen
Schaper berichtete von vielen Begegnungen zwischen Christen und Muslimen: etwa beim gemeinsamen musikalischen Workshop „Lailah“ in der Gemeinde Lindenthal und der Riehler Kreuzkapelle oder bei der kalligraphischen Auseinandersetzung eines irakischen Künstlers mit Psalmworten in der Melanchthon-Akademie, inspiriert durch das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms. Sie erinnerte an das hebräische Friedenslied, das der Rat der Religionen auf dem BIRLIKTE-Festival gesungen habe und das gleichzeitig als Segen verstanden worden sei.

Blick in die Zukunft
Über die regelmäßigen Begegnungen hinaus – etwa beim Jahresempfang des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, im Rat der Religionen, in der gemeinsamen Friedensverpflichtung von Christen und Muslimen – müsse man dennoch besorgt fragen: „Wie können wir muslimische Gemeinden und Familien in ihrer Sorge um fanatisierte Jugendliche unterstützen?“ Und wie können wir daran mitwirken, dass sich „Desorientierte und Frustrierte von ihren islamfeindlichen Tendenzen und Positionen befreien“.

Wahlen in den Kreissynodalvorstand
Wahlen standen ebenfalls auf der Tagesordnung der Synode des Kirchenkreises Köln-Mitte: Pfarrerin Miriam Haseleu aus der Gemeinde Köln-Nippes wurde in das Amt der zweiten Stellvertretenden Skriba gewählt. Sie folgt damit Pfarrerin Bettina Kurbjeweit, die aus diesem Amt ausgeschieden ist. Zum dritten Synodalältesten (Laien) wurde Bernd Margraf aus der Gemeinde Köln-Deutz/Poll gewählt, nachdem Eva Sürth ihr Amt niedergelegt hatte. Beide Ämter gehören zum Kreissynodalvorstand, dem Leitungsgremium der Kreissynode Köln-Mitte.

Abgeordnete für die Landessynode
Als Delegierte für die Landessynode wurden – neben Superintendent Rolf Domning – berufen: Pfarrerin Ulrike Gebhardt (Gemeinde Lindenthal) als 1. Theologische Abgeordnete, sie wird vertreten von Pfarrerin Miriam Haseleu (Gemeinde Köln-Nippes), von Pfarrerin Susanne Beuth (Gemeinde Köln-Klettenberg) und von Pfarrer Armin Beuscher (Gemeinde Köln-Lindenthal). Als sogenannte Laien wurden die Rechtsanwälte Hella Juliane Plewe (Gemeinde Köln-Klettenberg) und Lukas Pieplow (Gemeinde Köln) ernannt.

Verwaltungsverband Köln-Süd/Mitte
Beschlossen wurde die Beendigung der Verwaltungskooperation der Superintendenturen der Kirchenkreise Köln-Mitte und Köln-Rechtsrheinisch zum Ende dieses Jahres. Bedingt durch die Verwaltungsstrukturreform werden mit Beginn des nächsten Jahres die Verwaltungen des Kirchenkreises Köln-Mitte und des Kirchenkreises Köln-Süd in den Verwaltungsverband Köln-Süd/Mitte (mit Sitz in Brühl) zusammengeführt. Damit einher ging der Beschluss für eine neue Satzung.

Termine:
Die Herbstsynode des Kirchenkreises Köln-Mitte tagt das nächste Mal am Samstag, 5. November 2016 (Wahlsynode). Weitere Tagungen finden am Freitag, 9. Juni 2017, und am Freitag, 10. November 2017, statt.

Unter dem Motto „Reformation erinnern“ startet im September 2016 der theologische Studiengang „STARK – Studium Theologie an der Akademie“. Er beginnt mit einem einjährigen Kurs, der auf das Reformationsjubiläum 2017 einstimmt. Ab sofort können sich Interessierte bei der Melanchthon-Akademie dazu anmelden (www.melanchthon-akademie.de)

Text: Angelika Knapic
Foto(s): Angelika Knapic