You are currently viewing 12. Kölner Ökumenetag zum Thema „Ökumene lebt vom Aufbruch – Jetzt!“

12. Kölner Ökumenetag zum Thema „Ökumene lebt vom Aufbruch – Jetzt!“

„Mit der Ökumene, so hat es den Anschein, ist es wie mit dem Wetter. Das Wetter ist immer ein gutes Gesprächsthema. So richtig zufrieden ist fast niemand mit dem Wetter. Dem einen ist es zu heiß, dem anderen zu kalt“, leitete Stadtsuperintendent Rolf Domning seine Begrüßung zum 12. Kölner Ökumenetag ein. Dieser fand unter dem Leitwort „Ökumene lebt vom Aufbruch – Jetzt!“ am Pfingstmontag statt.

„Gott ruft uns zur Einheit“
Veranstaltet wurde er vom Evangelischen Kirchenverband Köln und Region, dem Katholikenausschuss in der Stadt Köln und dem von ihnen gemeinsam verantworteten Evangelisch-Katholischen Arbeitskreis für Ökumene im Stadtbereich Köln (EKA). Als Kooperationspartner traten erneut auf die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Köln, die evangelische Melanchthon-Akademie und das Katholischen Bildungswerk Köln. Zum Auftakt waren die rund 100 Teilnehmenden in der katholischen Kirche St. Peter zu einer Bibelarbeit geladen. Anschließend zog man mit dem Kölner Ökumenekreuz zur AntoniterCityKirche. Dort wurden zunächst Vorträge gehalten; und im weiteren Verlauf im Gemeindehaus in Gruppen zu verschiedenen Themen gearbeitet. Mit einem ökumenischen Vespergottesdienst („Gott ruft uns zur Einheit“), in dem der evangelische Pfarrer Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie, und der katholische Pfarrer i.R. Heribert Heyberg eine Dialog-Predigt führten, schloss der 12. Kölner Ökumenetag.

Ökumene bedeutet, immer wieder aufeinander zuzugehen
Auch in der Ökumene sei man selten zufrieden mit dem Stand der Dinge, setzte Domning, höchster Repräsentant des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, fort. Zwar sei sie manchmal so komplex wie das Klima. Aber dass man den gegenwärtigen Zustand so hinnehmen müsse wie das Wetter, stimme nicht: „Ökumene ist von Menschen machbar.“ Das Wesen der Ökumene sei ein Prozess, ein immer wieder aufeinander Zugehen. „Wem sie wichtig ist, wird von sich aus immer wieder aufbrechen.“ Die Ökumene sei kein Anhängsel der Kirchen, sondern gehöre elementar dazu. „Alle reden vom Wetter. Wir nicht. Wir helfen aktiv das Klima zu verbessern. Denn Ökumene lebt vom Aufbruch. Jetzt.“

Sich nicht entmutigen lassen
Das Leitwort des Tages knüpfe bewusst auch an das Motto „Einen neuen Aufbruch wagen“ des Mitte Mai abgehaltenen Katholikentages in Mannheim an, so Hannelore Bartscherer, Vorsitzende des Katholikenausschusses in der Stadt Köln. In den Worten „Aufbruch wagen“ ließen sich viele Zeichen und Bilder finden. An Pfingsten feiere man das Kommen des Heiligen Geistes, dessen Wirken in und für die Ökumene so wichtig sei. „Aufbrüche sind die notwendigen Voraussetzungen für Ökumene. Sie helfen schon durch Ihr Tun“, dankte sie den Teilnehmenden und Veranstaltenden, insbesondere dem EKA. Den Mitwirkenden im Laiengremium wünschte Bartscherer, dass sie sich „nicht entmutigen lassen.“ Es bedürfe eines langen Atems, immer wieder aufzubrechen, teilte Oberbürgermeister Jürgen Roters in einem von Anne Geburtig verlesenen Grußwort mit. Die Diakonin sitzt der evangelischen Gruppe, Franz-Josef Bertram der katholischen Gruppe im EKA vor, dessen Gesamtvorsitz sie gemeinsam ausüben.

Vortrag nennt Erfolge und Defizite
Dr. Walter Fleischmann-Bisten hielt den ersten von zwei Vorträgen zum Thema „Ökumene lebt vom Aufbruch“. Der Theologe und Historiker leitet seit 2007 das Konfessionskundliche Institut Bensheim der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). In seinem Referat sprach er die biblischen, frühchristlichen Grundlagen der Einheit von Kirche an, die Entwicklung des Dialogs zwischen christlichen Konfessionen und verschiedene Stränge ökumenischer Zusammenarbeit. Er nannte Erfolge und Defizite. Fragte nach möglichen Aufbrüchen für mehr Ökumene. Ebenso richtete er den Blick auf die historische innerevangelische intolerante Haltung gegenüber anderen Kirchen der Reformation, die bis heute nachwirke. Diese Intoleranz gelte es zwingend zu thematisieren.

Die Einheit hat viele Dimensionen
„Ökumene ist Pflicht, nicht Kür!“, betonte Fleischmann-Bisten. Seit dem ersten Pfingstfest hätten die urchristlichen Gemeinden sich „als eine Art Netzwerk in gegenseitiger Pflicht zur Unterstützung“ verstanden. Das Neue Testament rede nicht von Kirche, ohne zugleich von ihrer Einheit zu reden. Die Bemühungen um Einheit und Wahrheit seien nicht beliebig, „sondern Thema des Bekennens und Glaubens“. Die „moderne ökumenische Bewegung“ sei gut 100 Jahre alt, verwies Fleischmann-Bisten auf die erste Weltmissionskonferenz im Juni 1910, „ein große Stunde für die Ökumene“. Es grenze heute an ein Wunder, dass aus den folgenden verschiedenen ökumenischen Zusammenarbeiten trotz zweier Weltkriege „schließlich und endlich 1948 der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) entstehen konnte“. Dieser sei ins Leben gerufen worden, „weil die Kirchen unterschiedlich sind. Und sein Ziel ist es nicht, sie alle einförmig zu machen. Die Einheit hat viele Dimensionen.“ Bei aller Kritik am schleppenden Dialog der Kirchen müsse man sich vor Augen führen: Heute bestehe ein viel größeres Maß an Gemeinsamkeit als 1948, und wir dürften dies auch spirituell erfahren. „Das Bekenntnis zum ökumenischen Weg ist für mich bereits ein Zeichen der Einheit der Kirche“, zitierte er den norwegischen Lutheraner Olav Tveit, Generalsekretär des Weltkirchenrates.

Christus lädt ein, er allein leitet und sendet
„Die zur Kirche Jesu Christi einfach – ihrem Wesen nach – dazugehörende Einheit ist allem Bemühen um Einheit vorgegeben. Gott selbst sammelt seine Kirche. Ihre Einheit ist daher unzerstörbar. Menschliches Tun schafft nicht die Einheit der Kirche und stellt sie nicht wieder her“ – unter diesem „Indikativ“ stehe alle ökumenische Mühe. Der ‚ökumenische Imperativ‘ meine, „dass dieser Einheit aber gelebt und sichtbar werden soll“. Ökumene verdiene im eigentlichen Sinn des Begriffs nur dann ihre Berechtigung, wo Kirchen sich als Kirchen auf Augenhöhe anerkennen würden. Mit Blick auf die Frage des gemeinsamen Abendmahls/Eucharistiefeier habe daran auch die 1999 in Augsburg unterzeichnete „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ nichts geändert. Nach evangelischer Auffassung sei die Kirche „Geschöpf des Wortes Gottes“. „Der Glaube erkennt die verborgene Kirche Jesu in der Vielfalt der Kirchen überall dort als gegenwärtig, wo die Grundvollzüge der Verkündigung des Evangeliums in Wort und Sakrament vorhanden sind.“ Nach Artikel 7 des Augsburger Bekenntnisses von 1530 genüge es zur wahren Einheit der christlichen Kirche, dass das Evangelium einträchtig im reinen Verständnis gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden“. Die Gültigkeit des Abendmahls hänge nicht an der Person, die die Feier leite, so Fleischmann-Bisten. „Christus lädt ein, er allein leitet und sendet. Daher können um das Abendmahl aus evangelischer Sicht heute keine konfessionellen Grenzen mehr errichtet werden.“

Reformationsjubiläum: „große missionarische Chance“
Fleischmann-Bisten empfahl, das Reformationsjubiläum 2017 gemeinsam, aber kritisch und lernbereit zu feiern. Katholiken und Protestanten hätten eine 1.500 Jahre gemeinsame Geschichte. Als eine große Chance für einen neuen ökumenischen Aufbruch bezeichnete es der Theologe und Historiker, „wenn wir die seit mindestens 500 Jahren kontroversen Themen innerkatholisch, innerevangelisch und ökumenisch intensiv und gerne auch kontrovers diskutieren würden“. Auch gelte es, das Reformationsjubiläum 2017 als große missionarische Chance zu erkennen.

Maria Jepsen: Beispiel der menschlichen Hand
Schließlich bezog Fleischmann-Bisten sich auf Maria Jepsen. Die frühere Hamburger Bischöfin habe die ökumenische Problematik und deren Lösung einmal am Beispiel der menschlichen Hand erklärt. Eine Hand mit einem römischen Daumen, reformierten Zeigefinger, lutherischen Mittelfinger, orthodoxem Ringfinger und freikirchlichem kleinen Finger. Alle diese Finger würden benötigt. „Gerade bei der Abendmahlsgemeinschaft sollte man jedenfalls nicht warten, bis es einmal eine menschliche Hand mit fünf gleichen Fingern geben könnte, sondern zupacken!“ so Fleischmann-Bisten. Immerhin habe sich in der „Charta Oecumenica“ 2001 neben den meisten evangelischen und orthodoxen Kirchen in Europa auch die römisch-katholische Kirche auf das Ziel verpflichtet, „auf die sichtbare Einheit der Kirche Jesu Christi in dem einen Glauben hinzuwirken, die ihren Ausdruck in der gegenseitig anerkannten Taufe und in der eucharistischen Gemeinschaft findet sowie im gegenseitigen Zeugnis und Dienst“.

Fischer: Ökumene gehört zum christlichen Denken
„Aufbruch ist immer gut“, meinte der katholische Pfarrer Rainer Fischer im zweiten Referat. Und der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) in Köln stellte Fragen. Was solle aufbrechen, wohin aufgebrochen werden, zu welcher Ökumene? Jeder Aufbruch riskiere auch eine Art von Zusammenbruch. „Warum nicht ökumenisch leisten, was einzelne Kirchen nicht schaffen“, formulierte er. Auch wenn viele von Ökumene redeten, heiße das noch lange nicht, dass man dasselbe meine. Schon über die Ziele gingen die Meinungen auseinander. Fischer forderte ein Nebeneinander der christlichen Kirchen und ihrer Mitglieder nach klassischen Anstands- und Nachbarschaftsregeln. „Nur wer ein Zuhause hat, kann andere in sein Haus einladen, und mein Haus steht neben vielen anderen in einer Straße“, bediente Fischer sich einer bildhaften Sprache. Wir müssten als Christen lernen, die Tür aufzusperren für andere. „Der Mangel an Einheit verstößt gegen das Wesen der Kirche selbst“, betonte er. „Ökumene gehört zum christlichen Denken und Handeln – prinzipiell“, teilt er die Auffassung seines Vorredners Fleischmann-Bisten. Die Einheit sei göttliche Gabe und menschliche Aufgabe, so Fischer. „Einheit müsse aber auch immer eine sichtbare sein, ein Zeichen, dass die Welt glaubt, dass wir eins sind.“ Sie müsse sichtbar werden in der Gemeinschaft, „sichtbar werden in der gemeinsamen Form des Gottesdienstes“. Ob evangelisch, katholisch oder was auch immer – jeder Getaufte gehöre zur weltweiten Familie der Christenheit. Wer nicht ökumenisch denke und handele, sei nicht nur ein halber, sondern überhaupt kein Christ.

Baptisterium als Treffpunkt getaufter Christen
Nach der Arbeit in verschiedenen Gruppen zu Themen wie „Gemeinsame Mitte – Ökumene in Köln“, und „Ökumenische Lebenskunst!?“ diskutierten die Teilnehmenden im Plenum über die Erklärung „Ökumenisch aufbrechen“ des 12. Kölner Ökumenetages. Sie bedenkt das vielfältige ökumenische Geschehen in Köln seit den „ersten Schritten“ 1946 und schlägt gleichzeitig weitere zur ökumenischen Verständigung vor. Gegenüber dem dritten Entwurf vom April dieses Jahres wurden wenige Ergänzungen vorgenommen. Die verabschiedete Fassung soll in Kürze dem Evangelischen Kirchenverband Köln und Region sowie dem Katholikenausschuss in der Stadt Köln vorgelegt werden. Als weitere Schritte zur ökumenischen Verständigung vor Ort werden in der Erklärung unter anderem vorgeschlagen: Die Durchführung jährlicher Taufgedächtnisfeiern, Taufbeckenwege und gelegentliche gemeinsame Taufgottesdienste. „Das Baptisterium unterhalb des Domes soll ein Treffpunkt getaufter Christen werden.“

Regelmäßige Kooperationen auf Stadtebene
Notwendig erachtet wird ein jährlicher öffentlicher Begegnungstag. Als ein solcher ökumenischer Festtag wird der Pfingstmontag genannt. Hinsichtlich der noch immer nicht offiziellen gemeinsamen Feier von Abendmahl/Eucharistie empfiehlt der 12. Kölner Ökumenetag angemessene Zwischenschritte, beispielsweise „die gegenseitige Fürbitte, einen Segensgestus oder das gemeinsame Versammeln um den Altar“. Weiter wünschen sich die Teilnehmenden „über die existierenden Zusammenschlüsse von EKA, ACK und IKCG hinaus regelmäßige Kooperationen auf Stadtebene zwischen Stadtdechant und Stadtsuperintendent, Evangelischer Kirchenverband Köln und Region und Katholiken-Ausschuss der Stadt Köln sowie im Rat der Religionen“. Ebenso einen ökumenischen, von allen ACK-Kirchen gemeinsam getragenen und verantworteten Begegnungsort in der City, der der ökumenischen Bewegung in Köln ein erkennbares Gesicht verleihen möge.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich