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Superintendentin Andrea Vogel wechselt die Gemeinde

Nach 25 Jahren als Gemeindepfarrerin in Höhenberg-Vingst ist die Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch jetzt dem Ruf der über 400-jährigen „Muttergemeinde“ gefolgt: Am Sonntag, 10. Juli, wurde Andrea Vogel von Synodalassessor Otmar Baumberger in ihre neue Pfarrstelle in der Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein eingeführt. Der Hintergrund: Aus dem Pfarrstellenrahmenplan, den die Kreissynode 2009 verabschiedete, ging hervor, dass im Evangelischen Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch sechs Pfarrstellen abgebaut werden müssen. Der Kirchenkreis war (und bleibt) damit aufgerufen, der demografischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Dazu die – in diesem Prozess besonders geforderte – Superintendentin: "Wir sind jetzt dabei, frei werdende Pfarrstellen kirchenkreisintern neu zu besetzen. Angestrebt sind intelligente Verschiebungen mit Blick auf den Bedarf und die Möglichkeiten der einzelnen Gemeinde." Wie im Fall von Pfarrerin Andrea Vogel selbst: In ihrer bisherigen Gemeinde Höhenberg-Vingst muss wegen der zurückgegangenen Zahl der Gemeindeglieder eine Pfarrstelle wegfallen. Da kam der Ruf aus Mülheim gerade recht.

Die Friedenskirche: Bis auf den letzten Platz besetzt
Der festliche Gottesdienst zur Einführung von Pfarrerin Andrea Vogel in die fünfte Pfarrstelle des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch „am Dienstsitz Mülheim am Rhein“, so Synodalassessor Otmar Baumberger in seiner Ansprache, wurde liturgisch geleitet von Vogels Kollegen am neuen Ort, Pfarrer Klaus Müller. In seiner Begrüßung der bis auf den letzten Platz voll besetzten Friedenskirche in der Wallstraße konnte dieser auch viele Gemeindeglieder aus Höhenberg-Vingst willkommen heißen, die ihrer – nun ehemaligen – Pfarrerin mit dem größten aller Blumensträuße unter den zahlreichen Gebinden ihre Wertschätzung darbrachten. „Wir haben uns gesucht und gefunden“, freute sich Pfarrer Müller über den Wechsel von Pfarrerin Vogel nach Mülheim am Rhein in Anspielung auf den Wochenspruch zum Dritten Sonntag nach Trinitatis. Den Gedanken griff auch Pfarrer Otmar Baumberger in seinen Worten zur Einführung von Superintendentin Andrea Vogel in ihre neue Gemeindepfarrstelle auf: „Alle sind wir heute – und das nicht nur über Google – auf der Suche, während das Leben dahin geht und manches verloren geht“, so Baumberger. „Auch Menschen gehen verloren und wenden sich von der Kirche ab“, merkte der Synodalassessor kritisch an.
Dagegen setze die 1956 geborene Andrea Vogel ihre Vision „einer Gemeinde als Ort, an dem Menschen Gott suchen, neue Kraft finden und sich frei äußern“ könnten. Baumberger betonte den Wert evangelischer Vielfalt – „Gregorianik und diakonische Hilfe gehören zusammen!“ – und lobte zugleich die gute ökumenische Partnerschaft im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch, für die Vogel ebenso stehe wie für Öffentlichkeitsarbeit, „damit Kirche in Köln und Region vorkommt.“

Superintendentin Andrea  Vogel, neben ihr Synodalassesor Otmar Baumberger

"Lassen Sie uns gemeinsam mit offenen Augen und Herzen diesen Weg gehen"
Nach der feierlichen Aufnahme der neuen Pfarrerin in ihren Dienst der Gemeinde und der gemeinsamen Bekräftigung durch die Formel „Ja, mit Gottes Hilfe“ mit einem Händesegen im Kreis der Kolleginnen und Kollegen – darunter Vogels Vorgängerin in Mülheim, Pfarrerin Wilma Falk-van Rees – sowie der Mitarbeitenden, stellte Vogel ihre Predigt unter den Vers 11 des Psalms 86, „Weise mir, Herr, deinen Weg, dass ich wandle in Deiner Wahrheit“: „Abschied, Aufbruch, Veränderung und Neubeginn gehören zum Menschenleben – wir werden gewandelt, und manches Wachsen und Reifen geschieht ungewollt.“ Trotzdem seien auch immer wieder Entscheidungen zu treffen, und um den richtigen Weg müsse manchmal auch gerungen werden: „Das aber tut man nicht alleine, sondern gemeinsam, in der Gemeinde, im Presbyterium und in ökumenischer Weite“ und das im steten Bemühen, so habe Martin Luther einst formuliert, „den Weg der Treue Gottes zu suchen und zu gehen.“ Vogel schloss mit einem persönlichen Wunsch und Appell: „Lassen Sie uns gemeinsam mit offenen Augen und Herzen diesen Weg gehen!“
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst – in gewohnt herausragender Qualität und von großem, den Anlass würdigenden stimmlichen Glanz – von der Mülheimer Kantorei unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Christoph Spering, der auch als Organist zu hören war. Mezzosopranistin Elena Knapp brillierte zusammen mit dem Chor als Solistin in Felix Mendelssohn Bartholdys „Herr, wir traun auf deine Güte.“

Die Einführung.

Die über 400jährige Geschichte der Mülheimer Kirchengemeinde fortschreiben
Unmittelbar im Anschluss an den Gottesdienst, dem neben dem Superintendenten des Kirchenkreises Köln-Süd, Dr. Bernhard Seiger, auch Dechant Franz-Meurer, Vogels katholischer Kollege der gemeinsamen Jahre in Höhenberg-Vingst, beiwohnte, war die Gelegenheit für Grußworte. Für den Evangelischen Kirchenverband Köln und Region überbrachte seiner Kollegin Vogel der Superintendent des Kirchenkreises Köln- Nord, Markus Zimmermann – in Vertretung des verreisten Stadtsuperintendenten Rolf Domning – gute Wünsche und bemerkte, mit Blick auf die erst am Vorabend über der Stadt verglühten „Kölner Lichter“: „Noch nie ist eine Kölner Pfarrerin wohl mit einem Feuerwerk eingeführt worden!“ Der stellvertretende Vorsitzende des Presbyteriums, Andy Rudziewski, überreichte Andrea Vogel einen Stapel leerer Blätter mit Schleife, auf denen sie „die über 400jährige Geschichte der Mülheimer Kirchengemeinde nun fortschreiben“ möge. Beste Grüße und Wünsche übermittelten die acht hauptamtlich Mitarbeitenden der Gemeinde wie auch Vogels katholischer Kollege in Mülheim, Pfarrer Christian Weinhag („Bringen Sie viel Farbe in diesen Stadtteil!“), das freikirchliche Pfarrer-Ehepaar Meisner und Oberkirchenrat Hans-Georg Immel für die Evangelische Kirche im Rheinland.

Viel aufgebaut mit „Herz und Hand“ im „HöVi-Land“ und für „50+“
So sehr Vogel sich über den Stellenwechsel freut, so bedeutete der Abschied aus Höhenberg-Vingst doch auch einen Abschied mit Wehmut, denn 25 Jahre erfolgreiche Arbeit schüttelt man nicht einfach so ab: "Wir haben viel aufgebaut", erzählt sie und erinnert an die Gründung von "Herz und Hand", einer Initiative, deren ehrenamtlich arbeitende Mitglieder ältere Menschen beispielsweise bei Einkäufen und Arztbesuchen unterstützen. Oder an die beiden Gruppen "50+" und "60+". "In denen entdecken Menschen die Gemeinde neu." Die Begegnung mit Menschen war der Pfarrerin immer am wichtigsten: "Die haben wir in unterschiedlichen Formen gefördert, vom Kindergottesdienst über liturgische Nächste für Jugendliche bis zu Themengottesdiensten, die mit immer einem festen Team vorbereitet und gestaltet wurden." Auch das „HöVi-Land“ zählt sie mit zur Bilanz – „ein zutiefst ökumenisches“ Projekt, wie sie betont.

"Mit 75 Prozent" bleibt Andrea Vogel Superintendentin
Viele Erfahrungen, die sie gesammelt hat, wird Vogel natürlich auch in Mülheim lebendig werden lassen. Dort wird sie ihre Stelle mit 25 Prozent in der Gemeindearbeit einbringen, mit 75 Prozent ist und bleibt sie Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch „und als solche auch weiterhin meiner alten Gemeinde verbunden“, verspricht sie. Ihre neue Gemeinde wird die so genannte Entlastungspfarrstelle, die der Pfarrerin Vogel ihren Dienst als Superintendentin ermöglicht, in Kürze ausschreiben. In Mülheim sind dann rechnerisch zwei Pfarrstellen mit drei Personen besetzt, denn Vogels Kollege vor Ort bleibt natürlich Pfarrer Klaus Müller.

Positionen und Visionen
Ihre neue Gemeinde hat die neue Pfarrerin während der 400-Jahr-Feier im vergangenen Jahr sehr beeindruckt: "Die Aktivitäten haben mir sehr gefallen. Die Gemeinde hat mit großen Mut und Engagement diese historische Feierlichkeit gestaltet. Meine Vision ist: Gemeinde soll ein Ort im Leben sein, an dem Menschen wieder zu Atem kommen. Ein Ort, an dem sie sich frei und offen äußern können. Ein Ort, an dem es mal um ‚etwas anderes’ geht als um das Übliche. Und wo es auch ‚anders zugeht’. Ein Ort, an dem das Suchen nach Gott Gestalt annimmt und neu entfacht wird." Vogel will sich auch selbst als Person einbringen, wenn es gilt, „Positionen unserer evangelischen Kirche in der Öffentlichkeit klar zu vertreten.“ Beispielsweise in der Diskussion über den Schutz des Sonntags: „Wir müssen nicht immer einkaufen können. Es muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass sehr viel verloren geht, wenn wir den Sonntag quasi abschaffen und den Rhythmus von Arbeit und Ruhe zerstören. Im Übrigen ist der Sonntag als Tag der Gottesdienste, der Ruhe und der Besinnung zu erhalten.“

„Das Suchen nach Gott neu entfachen“ – schon aus Familientradition
Andrea Vogel wurde in einem Dorf in der Nähe von Detmold in Ostwestfalen geboren und wuchs in Siegburg in einer Pfarrersfamilie auf. Nach dem Abitur studierte sie Theologie in Göttingen und Bonn. Gleich nach ihrem Abschluss trat sie ihre Stelle in Vingst an. Vor ihrer Wahl zur Superintendentin war sie als Skriba im Kreissynodalvorstand des evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch tätig. Seit 1998 ist sie Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland, von 1996 bis 2006 arbeitete sie im Vorstand des Diakonischen Werkes Köln und Region. Die 54-Jährige ist verheiratet, ihr Sohn ist 21 Jahre alt. Demnächst wird sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn im Pfarrhaus an der Mülheimer Regentenstraße wohnen.

Text: Rahmann, Menne
Foto(s): Schulzki, Ortmann