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Spendenaufruf des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region für den Kölner Flüchtlingsrat

"Tagtäglich werden wir von den Medien mit Berichten über die wachsende Zahl von Flüchtlingen konfrontiert: Kinder, Frauen und Männer jeden Alters, die vor Krieg, Folter, Vergewaltigung und Elend aus ihren Heimatländern fliehen und unter großen Gefahren auf ihrer Reise ins Ungewisse auch zu uns nach Deutschland kommen. 160.000 Menschen waren es bisher allein bis Anfang Juli 2015.

Wie geht es Ihnen persönlich – am Radio, mit der Tageszeitung in der Hand – wenn Sie Meldungen wie diese lesen und hören? Ich selbst erlebe Sorge, Mitgefühl. Und oft auch Überforderung angesichts der Nachrichtenlage: Wer wollte da nicht helfen… Doch wie?"

Mit diesen Worten richtet sich Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, an die Leserinnen und Leser des soeben erschienenen Spendenaufrufs und bietet gleichzeitig eine Lösung an, indem er um Spenden für den Kölner Flüchtlingsrat bittet. In der Zeit vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 nimmt der Kirchenverband diese Spenden entgegen – und verdoppelt sie, bevor sie an den Kölner Flüchtlingsrat weitergeleitet werden. Diese Verfahrensweise hatte die Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region in seiner Herbstsitzung 2014 so beschlossen.

Auch prominente Unterstützer wie der Schriftsteller Navid Kermani und der Kabarettist Wilfried Schmickler stehen mit ihrem Namen für die Arbeit des Kölner Flüchtlingsrates ein und haben sich dem Aufruf angeschlossen.

Beratung und psychologische Unterstützung
Wie die meisten anderen Träger in diesem Bereich ist der Flüchtlingsrat zur Finanzierung seiner Arbeit – neben öffentlichen Mitteln – auf Spenden angewiesen. „Gerade für unser Kerngeschäft, wie Beratung und psychologische Unterstützung, brauchen wir viel mehr finanzielle Mittel, um die weiter ansteigenden Bedarfe zu decken“, berichtet Claus-Ulrich Prölß, seit 1999 Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates. „Die Flüchtlingszahlen haben sich von 2009 bis 2014 mehr als verfünffacht. Unsere Personalstellen leider nicht. Und die Schere droht noch viel größer zu werden.“

Humanitäre Hilfe steht an erster Stelle
Der Verein bietet genau da humanitäre Hilfe an, wo das Ausländer- und Asylrecht Lücken lässt. So ist kaum bekannt, dass ein Asylbewerber die Berechtigung seines Antrags auf Schutzgewährung vor Gericht beweisen muss, obwohl der Staat dafür keine Rechtsberatung anbietet. Er stellt Menschen, die der deutschen Sprache nicht kundig sind, oft nicht einmal einen Dolmetscher zur Seite, und er zahlt auch nicht die Kosten für psychologische Gutachten, mit denen sich belegen ließe, dass eine Rückkehr ins Heimatland eine unzumutbare Belastung wäre.

Bedarf nach Rechtsberatung so groß wie nie
In den vier Beratungsstellen des Kölner Flüchtlingsrates geht es vor allem um die rechtliche Beratung zum Asylverfahren, aber auch um ausländer- und sozialpolitische Angelegenheiten und um den Zugang zum Arbeitsmarkt. „Aber der Bedarf an Rechtberatung ist derzeit so groß, dass ich Termine erst wieder in ein bis zwei Monaten anbieten kann“, schildert Prölß die momentane Lage. „Dabei muss ein Asylbewerber oft schon eine Woche nach Eingang der Ablehnung seines Antrags reagieren.“

Besondere psychologische Beratung für Frauen
In einer der wichtigsten Anlaufstellen des Vereins, dem Flüchtlingszentrum „Fliehkraft“ in der Turmstraße, kann immerhin psychologische Beratung für Frauen angeboten werden, einzeln oder in Gruppen. Leiterin Nahid Fallahi berichtet von Frauen, die in ihren Heimatländern gefoltert und vergewaltigt wurden und es nun kaum ertragen können, in den Wohnheimen wieder mit Männern unter einem Dach zu leben. Oft ziehen sich auch die Asylverfahren über Jahre hin, und dieser lange „Schwebezustand“, die Ungewissheit, die damit verbunden ist, belasten die Menschen ungemein.

Flüchtlingszentrum schafft Zukunftsperspektiven
Zukunftsperspektiven kann das Zentrum aber auch eröffnen – oder wenigstens dazu beitragen, dass die Gegenwart erträglicher wird: Honorarkräfte bieten Deutschkurse und Sport an, es gibt ein Frauencafé, in dem sich regelmäßig Angehörige ganz unterschiedlicher Nationen treffen. Sie verstehen sich zwar nicht gegenseitig, aber sie können gemeinsam kochen, das verbindet. Das Flüchtlingszentrum „FliehKraft“ ist ein echter Treffpunkt geworden, und auch die kulturellen und politischen Veranstaltungen, die von Flüchtlingsgruppen in der insgesamt rund 300 Quadratmeter großen Anlaufstelle organisiert werden, locken stets zahlreiche Besucherinnen und Besucher an.

Verein benötigt weitere Kräfte
Eine Ausweitung der Angebote – das wäre auch der Traum von Claus-Ulrich Prölß. „Man braucht dazu aber qualifizierte Fachkräfte für Beratung, Gruppenarbeit, Fortbildung und Begleitung der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, und zur Durchführung von Informationsveranstaltungen. Mit zwei zusätzlichen Hauptamtlern wäre der Verein schon ein Stück weiter“, sagt der Geschäftsführer, aber das verursache Zusatzkosten in Höhe von 120.000 Euro.

Spendenkonto:
Die Diakoniespende kann von der Lohn- und Einkommensteuer abgesetzt werden. Einzahlungen werden auf das Konto des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region erbeten: Kreissparkasse Köln, Konto Nr. 4404 – BLZ 370 502 99 / IBAN DE10 3705 0299 0000 0044 04 BIC COKSDE33
Stichwort: Kölner Flüchtlingsrat

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Gegründet wurde der Kölner Flüchtlingsrat 1984 nach dem Tod des türkischen Asylbewerbers Kemal Altun unter maßgeblicher Beteiligung des Pfarrers Helmut Ruhrberg. An der konstituierenden Sitzung im Haus der Evangelischen Kirche nahmen Geistliche verschiedener Konfessionen, aber auch Rechtsanwälte und Vertreter von Wohlfahrtsverbänden teil.

Nachdem er zunächst dem damaligen Sozialwerk des Evangelischen Stadtkirchenverbands angeschlossen war, übernahm der Förderverein Kölner Flüchtlingsrat Anfang 1998 die Trägerschaft der Geschäftsstelle. Die befindet sich immer noch in der Kartäusergasse, und auch in der praktischen Arbeit blieb die Nähe zur Evangelischen Kirche stets erhalten: In Gremien wie dem Migrationsausschuss des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region zum Beispiel, am Runden Tisch für Integration und am Runden Tisch für Flüchtlingsfragen. Zusammen mit der Kölner Freiwilligenagentur hat der Kölner Flüchtlingsrat zu Beginn des Jahres 2015 ein „Forum für Willkommenskultur“ ins Leben gerufen, das der Vernetzung und dem Informationsaustausch dient.

Außerdem bieten die Mitarbeitenden des Flüchtlingsrates Qualifizierungsveranstaltungen für die Mitglieder der Initiativen an, bei denen es um Fragen zum Asylverfahren, zu Sozialleistungen für Flüchtlinge und um den Zugang zum Arbeitsmarkt geht.

Text: APK
Foto(s): Hans-Willi Hermans