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Die "Papst-WG" der PROTs-Sitzung 2019.

Das ewige Ringen um das wirklich Gute – Prots-Sitzung in der Kartäuserkirche

Es ist wie immer in der evangelischen Kirche ein heftiges Ringen um die gute Sache. Da macht auch die Prots-Sitzung keine Ausnahme. Innerhalb der höchstgeheimen Prots-Ordens streitet die Loge vom blauen Stab mit der Loge vom blauen Teller über den richtigen Weg. Heribert Rösner vertritt die Stabloge, Prots-Logen-Großmeister Detlev Prößdorf vertritt das Ganze und Dorothee Schaper ist die Tellerlogenmeisterin. Zusammen stellen sie auch das Präsidium der Prots-Sitzung in der Kartäuserkirche. „Wenn der Pfarrer predigt, hat die Gemeinde zu schweigen“, lautet das Credo von Rösner. Und während des Gottesdienstes werde eher gebrummelt als gesungen. Der blaue Stab symbolisiere geschlossene Lippen. Schaper interpretiert den Teller als offenen Mund. „Seit Luther 1517 seine Thesen veröffentlichte, gehört das öffentliche Herumnörgeln an der Kirche zum Protestantismus.“ Und Schweigen? „Wollen wir wirklich, dass unsere Presbyteriumssitzungen schon um 23 Uhr zu Ende sind?“ Natürlich ist auch der Dom ein Thema. Der kommt ja in fast allen Liedern über die Domstadt vor. „Verdomt lang her“, „Dom mer ne Klare“, „Su lang im Dom all die Lechter noch brenne“, „Der Dom es dabei, dat es prima“

… Wie es zugeht in der Papst-WG in Rom, in der Benedikt XVI. und Franziskus unter einem Dach wohnen, machen Prößdorf und Rösner vor. Der geschwätzige Franziskus möchte den schweigsamen Benedikt überreden, Heinrich Bedford-Strohm zurückzurufen, der sich wünscht, dass Benedikt ein Grußwort während der Reformationsfeier in Wittenberg spricht. Der ziert sich aber. Dann klingelt das Telefon. Benedikt rührt sich nicht. „Du kannst ihn bis 20 Uhr anrufen“, drängelt Franziskus. „Ich könnte eine Mail schreiben, wenn ich ihn am Telefon nicht erreiche“, entgegnet sein Vorgänger. Am Ende ist es 20 Uhr und Benedikt hat nicht telefoniert. „Weil Du immer so viel redest“, wirft er Franziskus vor. Auch am „eigenen Laden“ wird Kritik geübt. „Am Dorothee-Sölle-Platz vermietet die Gemeinde Köln eine Wohnung für 1.860 Euro“, erzählt Dorothee Schaper. Dabei hätten der streitbaren Theologin Sölle soziale Themen sehr am Herzen gelegen. Sehr unsanft gehen die „kleinen Racker“ Putin, Erdogan und Trump miteinander um in der Autokraten-Kita. Das Lied zur Nummer: „Sind wir erst groß, dann geht‘s hier richtig los.“ Und: „Wir machen uns die Welt, wiedewiesiemirgefällt.“ An anderer Stelle hieß es, dass Gott wollte, dass Donald Trump amerikanischer Präsident wird. „Da muss Gott aber ziemlich sauer auf das amerikanische Volk gewesen sein.“

Kölsches Liedgut fand sich auch in dem historischen Exkurs in die Zeit der Reformation, als Hermann von Wied die Domstädter für ganz kurze Zeit evangelisch machen wollte. Die Gegenreformation ließ, wie man weiß, nicht lange auf sich warten und gefährdete Leib und Leben der Protestanten. Ein Mahner versuchte, sie zur Flucht zu drängen. Doch die kölschen Evangelischen bewahrten die Ruhe. Dass der Erzbischof alle protestantischen Gottesdienste verbieten wollte, ließ sie kalt: „Ich geh sowieso nicht so oft zum Gottesdienst.“ Dass alle evangelischen Kirchen verkauft werden sollen, war auch kein Grund zur Panik: „Die sind in 500 Jahren so teuer. Da können wir uns die eh nicht mehr leisten.“ Und dann stimmte man an: „Mer losse dr Dom en Kölle.“ Am Ende resümierte Dorothee Schaper: „Offiziell verließen die Kölner Protestanten die Stadt, inoffiziell blieben sie aber. Wie anders könnte Köln so aufmüpfig und tolerant geworden sein?“ Überraschend war am Ende die zarte Liebe zwischen der kölschen Jungfrau und der Düsseldorfer Venetia. Auch wenn sich das während der Nummer bereits angedeutet hatte. Dass dazu Lieder aus der West Side Story umgetextet worden waren, passte zu Köln und Düsseldorf natürlich aufs Trefflichste.

Und dass die Familie in ihrem selbstfahrenden Fahrzeug, die eigentlich aus einem Vorortveedel zum Dom wollte, am Ende auf der Raststätte Limburg in Richtung Rom landet, wunderte den Zuschauer nicht im Geringsten. Hatte man doch gleich den Verdacht, dass aus den Kommunikationsproblemen zwischen den Fahrzeuginsassen und dem Selbstfahrsystem keine verlässliche Zielfindung zu erhoffen war. Auch die Drohung „Jetzt rappelt es aber gleich auf der Festplatte“ zeigte nicht die gewünschte Wirkung. Am Ende wurde die Familie von einer Polizistin aus dem Auto gebeten, weil sich herausstellte, dass keiner der Insassen einen Führerschein besaß. Einen letzten Gruß schickte der Familienvater durch das offene Seitenfenster an das System: „Fähranleger Langel. Und dann volle Geschwindigkeit!“ Mathias Bonhoeffer, Pfarrer an der Kartäuserkirche, freut sich wie das Ensemble, dass die Prots-Sitzung wieder in einer Gemeinde angesiedelt ist.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann