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Premiere: Die „Nacht der Kirchen rechts vom Rhein“

Die Superintendentin war "op jöck". So nennt man das wohl, wenn jemand den Versuch unternimmt, an einem Abend an möglichst vielen Orten präsent zu sein. Pfarrerin Andrea Vogel ließ sich an diesem Abend in ihrer Mülheimer Heimatgemeinde von ihrem Kollegen Müller vertreten und besuchte statt dessen etliche andere Kirchen in ihrem Kirchenkreis.

Anlass war eine Premiere: Die erste "Nacht der Kirchen rechts vom Rhein". "Ich freue mich sehr, dass so viele Gemeinden aus dem Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch teilnehmen", sagte die Superintendentin. "In Rath zum Beispiel haben sich die Jugendlichen der Gemeinde sehr stark engagiert. Und in Brück kann man sogar in der Johanneskirche übernachten", lobte Vogel die Vielfalt der Veranstaltungen in der "Nacht der Kirchen".

Ein Sofa zum Philosophieren
Die Evangelische Gemeinde Mülheim am Rhein war gleich mit zwei Veranstaltungsräumen dabei. In der Friedenskirche wurde unter anderem aus "Die neue Reformation: 96 Thesen zur Zukunft der Kirche" vorgelesen. Texte zu Leben und Glauben wechselten sich ab mit meditativer Musik. Der Gemeindekantor Christoph Sperling spielte Lutherkantaten, die er kürzlich auf CD eingespielt hatte. Die "Beymeister" luden Interessierte in ihr Ladenlokal an der Wallstraße ein. Pfarrer Sebastian Baer-Henney hatte zum Beispiel eine Schale mit Sand vorbereitet, unter den er kaum erkennbar Glitzerpartikel gemischt hatte. Wer hinein fasste, konnte den Sand in die Schale zurückrieseln lassen. Überraschungseffekt: Glitzer blieb an den Händen haften. Von einer Schnur konnte man ein Stück abschneiden, einen Knoten knüpfen und in die Hosentasche stecken: "Als Erinnerung, an jemanden zu denken, der Hilfe braucht", sagte Baer-Henney, der ein Sofa für die Gäste auf den Bürgersteig gestellt hatte.

Magisches Licht und Feuer am See
"Auf Luthers Spuren durch St. Theodor" ging es in Vingst. Zweimal konnte man sich durch die katholische Kirche führen lassen und an ausgewählten Stellen Luthertexte hören. Das wollte sich auch "Katharina von Bora" nicht entgehen lassen, die der Nachbargemeinde in Kostüm einen Besuch abstattete. Ansonsten war "Luthers Gattin" in der Erlöserkirche beim Gespräch mit den Frauen anderer Reformatoren anzutreffen. Eindrucksvoll waren die minimalistischen Lichteffekte, die die Erlöserkirche in ein fast magisches Licht tauchten. Das war in der Auferstehungskirche in Buchforst nicht nötig. Deren Äußeres und Inneres machen ohne Verstärkungen Eindruck. Dazu trugen die meditativen Klänge bei, die ein Pianist erzeugte. Im Bergischen hatte man sich den Psalmen zugewandt. Vor der Kirche am Vürfels backte man an einem Lagerfeuer Stockbrot. Dazu gab es Musik und Psalmen wurdne verlesen. Ein kleines Johannisfeuer beendete die Psalmen-Nacht in der katholischen Kirche St. Johann Baptist in Bergisch Gladbach. In der evangelischen Zeltkirche in Kippekausen erlebten die Gäste einen Sommerabend mit Kunst, Musik und Poesie und einem Lichtprojekt zu Psalm 27. Zum Ausklang traf man sich zum Feuer am See.

Übernachtung mit Frühstück in der Johanneskirche
Jane Dunker gehört zu den sechs Leuten, die in der Johanneskirche in Brück übernachteten. Sie ist auch "Kulturbeauftragte" der Gemeinde und hat ein abwechslungsreiches Programm für die "Nacht der Kirchen" zusammengestellt. Los ging es mit der Trommelgruppe aus der Villa Gauhe aus Eitorf. Die behinderten Trommler boten mitreißende afrikanische Rhythmen und diskutierten über vortragene philosophische Texte. Zum Schluss heizte "Bambus Björn" ab ein Uhr nachts all denen ein, die noch nicht ins Bett gefunden hatten. Der Weg dahin war für fünf Teilnehmer um jane Dunker nach der letzten Zugabe im Konzert eher kurz. Sie übernachteten in der Johanneskirche. "Das Konzert endete um 2.30 Uhr. Um 3.10 Uhr hieß es ,Licht aus'." Da schien manchem das Motto des Abends endgültig passend: "Before sunrise". "Am Anfang konnte ich nicht einschlafen", berichtet die Kulturbeauftragte. "Aber plötzlich hörte ich die Pfarrerin rufen ,Aufstehen. Frühstück.' Und da war es schon 10 Uhr." Ein wirklich perfekter Abschluss für eine ziemlich lange Nacht in Brück.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann