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Organist Frank Stanzl an der Orgel.

Die Rückkehr der Gemeinde-Seele: Neue Muhleisen-Orgel in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Es ist vollbracht: Seit dem ersten September-Wochenende erfüllen wieder Orgeltöne den Innenraum der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche im Kölner Stadtteil Junkersdorf an der Birkenallee. Im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes wurde die neue Muhleisen-Orgel eingeweiht und den zahlreich erschienenen Besuchern ausführlich vorgestellt.

Die Kirche habe nach dem Aufbau der Orgel noch das Aussehen einer Baustelle, räumte Pfarrerin Regina Doffing zu Beginn ein. „Bänke fehlen und das Licht ist noch nicht angeschlossen. Das eine oder andere ist daher noch nicht so, wie es sein sollte. Aber die Orgel ist perfekt, und das ist das Wichtigste an diesem Tag für unsere Kirchengemeinde.“ Oft hätten sich die Verantwortlichen gefragt, ob sie es wirklich schaffen würden, gab sie unumwunden zu. „Und jetzt ist das Ding fertig, steht dort oben und klingt einfach wunderbar“, freute sich die Pfarrerin, der der Weg bis zur Realisierung bisweilen unendlich schien, zumal Hindernisse wie die Pandemie das Vorhaben bisweilen ins Stocken brachten.

Investition in die Zukunft

Die Entscheidung pro neue Orgel war auch dem Alter des Vorgängers geschuldet. Die aus dem Jahr 1976 stammende ehemalige Orgel wurde nach 45-jähriger Tätigkeit aus ihrem Dienst „entlassen“, nach feierlicher Verabschiedung in coronabedingt leider nur kleinem Rahmen abgebaut und nach einer technischen Überholung an die St. Majka-Teresija-Kirche in Koprivnica-Starigrad, etwa 100 km von der kroatischen Hauptstadt Zagreb entfernt, verkauft, wo sie bereits im Einsatz ist.

„Hauptsächlich in der Mechanik war zu schlechtes Material verbaut, und die Überholung der Technik wäre insgesamt zu teuer geworden. Zudem war ihr Standort auch nicht optimal“, blickte Organist Frank Stanzl zurück. Ein Gutachten im Jahr 2018 ergab zwei Optionen für die Gemeinde. „Wir konnten uns entscheiden, entweder eine Viertel Million in die alte Orgel reinzustecken oder langfristig mehr zu investieren, um etwas qualitativ Hochwertiges zu schaffen, das hier im Kölner Westen die Orgel-Landschaft bereichert, denn hier im Umkreis, gerade im evangelischen Bereich, existieren nur sehr wenige, für Konzerte geeignete Orgeln.“ Zwar wurden nach dem Krieg sehr viele Orgeln gebaut, die häufig jedoch nur von geringer Qualität seien. „Das waren mehr oder weniger Provisorien, die zwar lange hielten und auch heute anmachen Orten noch ihren Dienst leisten. Aber nach knapp 50 Jahren ist dann so ein Instrument auch mal hinüber.“

Auf-, Ab- und wieder Aufbau

2019 begannen erste Planungen zur Anschaffung einer neuen Orgel, die ein Jahr später in die „heiße Phase“ abbogen und in der Abnahme (einschließlich lobender Worte) durch den Orgelsachverständigen der Landeskirche, Elmar Sauer, Ende August ihr Ziel erreichten. Erbauer der Orgel, deren Kosten sich auf rund eine halbe Million Euro beliefen, ist die elsässische Firma Muhleisen mit Sitz in Eschau bei Straßbourg. Zunächst wurde das Instrument in einer dortigen Werkstatthalle mitsamt aller Pfeifen, Windladen, Pedal- und Manualtastaturen, Koppeltritte, der Anspielmechanik und der Gehäuseteile aufgebaut und auf seine fehlerfreie Funktionalität der filigranen wie hochkomplexen Mechanik geprüft.

Eventuelle Schwächen konnten noch vor Ort behoben werden. Dort begann auch die Vorintonation, bei der jede Pfeife grob ihren Charakter sowie die für sie vorgesehene Klangfarbe, Lautstärke und Tonhöhe erhielt. Nach dem Abbau in Eschau wurde die Orgel nach ihrem Transport zur Bonhoeffer-Kirche seit Mai Stück für Stück wieder aufgebaut und im Anschluss alle Register fein intoniert, also auf Raum und Zusammenklang angepasst.

Freude am Spiel

Welche vielfältigen Facetten die Pfeifen der insgesamt 20 Register, allen voran das Prinzipal, bieten, demonstrierte Organist Frank Stanzl den Zuhörern während einer ausführlichen Einführung in die neue Orgel, nachdem er sie mit Bachs „Toccata in d“ zuvor offiziell in ihren Dienst gestellt hatte. Dabei war ihm die Freude während der Präsentation mit kurzen Beispielliedern, die auch dünne Prinzipale wie Flöten und Streicher oder die zahlreichen Möglichkeiten der Zungenregister beinhalteten, offensichtlich anzumerken. Gerne gestand er, „noch stundenlang so weitermachen zu können“, doch nutzte er auch die Gelegenheit, auf die Orgel-Festwochen in der Kirche (beginnend Mitte September) aufmerksam zu machen. „Dann werden Sie noch weitere Klangdetails des Instruments hören und kennenlernen.“

Pfarrerin Regina Doffing war sich der großen Bedeutung des Tages für die Historie „ihres“ Gotteshauses und ihrer Gemeinde bewusst. „Die heutige Feier ist ein Moment großer Dankbarkeit und Freude. Mit der Orgel erhält unsere Gemeinde ihre Seele zurück, und mit ihr wird wieder zum Klingen gebracht, was Menschen bewegt.“ Rückblickend auf die vergangenen Monate sei viel los gewesen. „Als die Orgel mit ihren zahlreichen Einzelteilen hier in der Kirche ausgebreitet wurde, konnte ich mir angesichts der vielen Kisten und Kartons nicht vorstellen, dass irgendetwas heranwächst. Doch schon bald stand oben das erste Gerüst. Und jetzt sind wir sehr stolz und glücklich.“

Die Gemeinde sucht weiterhin Patenschaften für viele Pfeifen. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann für eine Spende ab 30 Euro eine Urkunde für eine entsprechende Pfeifenpatenschaft erhalten.

Einweihung der neuen Muhleisen-Orgel und Orgel-Festwochen Junkersdorf 2022

So. 04.09., 11 Uhr
Festgottesdienst mit feierlicher Indienststellung der neuen Muhleisen-Orgel mit anschließendem Empfang und Umtrunk

So. 18.09., 17 Uhr
Eröffnungskonzert „Orgel-Festwochen-Junkersdorf“, Werke von Buxtehude, Dandrieu, J.S. Bach, Mendelssohn u.a., Frank Stanzl
Eintritt 15/10 Euro

So. 02.10., 17 Uhr
Konzert für Orgel und Orchester, Werke von Brixi, Rheinberger und Stanzl (UA), Kammerphilharmonie St. Petersburg, Johannes Geffert, Orgel Frank Stanzl, Leitung
Eintritt 29/19 Euro

So. 16.10., 17 Uhr
Konzert für Orgel und Trompete, Werke von Vivaldi, Albinoni u.a., Frank Stanzl, Paul Rhee
Eintritt 15/10 Euro

Mo 31.10., 19 Uhr
Orgelkonzert zum Reformationsfest, Musik über Luther-Lieder von Buxtehude, J.S. Bach, Mendelssohn u.a., Gerhard Blum
Eintritt 15/10 Euro

So. 06.11., 17 Uhr
Duokonzert – Tenor und Orgel, Werke von Josquin, Bach, Scelsi, Stanzl u.a., Ulrich Cordes, Frank Stanzl
Eintritt 15/10 Euro

Sa. 19.11., 17 Uhr
Abschlusskonzert – Ende der Orgel-Festwochen, Werke von Bruhns, J.S. Bach, Guilain, Mendelssohn, Frank Stanzl, Orgel
Eintritt 15/10 Euro

Tickets für alle Konzerte: 75 Euro (statt 104 Euro) / 55 Euro (statt 79 Euro)

Evangelische Dietrich-Bonhoeffer-Kirche Junkersdorf
Birkenallee 18
50858 Köln
Mail: junkersdorf@ekir.de

https://ev-in-junkersdorf.de

Text: Holger Hoeck
Foto(s): Holger Hoeck