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Neu erschienen: Eine Dokumentation der Geschichte des „Kölner Runden Tischs für Integration“ 1991 bis 2008

Normalerweise sind runde Jubiläen ein Anlass für Vereine und Institutionen, auf die Arbeit der vergangenen Jahre zurückzublicken. So gesehen, kommt die Dokumentation, die der „Kölner Runde Tisch für Integration“ jetzt vorgelegt hat, etwas „unrund“ daher: Auf 147 Seiten wird die Geschichte des Runden Tisches von 1991 bis 2008, also für 17 Jahre, dargestellt. Möglich wurde dies nicht zuletzt durch einen Landeszuschuss in Höhe von 12.000 Euro.

„Kooperative und kritische Begleitung der Politik durch die Bürgerschaft“
Toni Rütten vom nordrhein-westfälischen Integrationsministerium verwies bei der Vorstellung der Dokumentation auf das große Gewicht, das die Landesregierung dem Thema „Migration“ beimesse: „Wir müssen den Migranten Möglichkeiten geben, hier mithalten zu können. Sie müssen in die Lage versetzt werden, die deutsche Sprache zu lernen. Aber auch die hiesige Gesellschaft muss sich auf die Einwanderer einstellen. Der Staat kann nicht alles leisten. Er braucht die gesellschaftliche Unterstützung.“
Und in diesem größeren Kontext sieht Rütten die Unterstützung der Broschüre über den Kölner „Runden Tisch für Integration“, der beispielhaft stehe für die kooperative und kritische Begleitung der Politik durch die engagierte Bürgerschaft.

„Friede, Freude, Döner Kebab“ reichen nicht
Es gehe nicht um die Ausländerfreundlichkeit der „Gutmenschen“ nach dem Prinzip „Friede, Freude, Döner Kebab“. Es gehe um die kontinuierliche Arbeit gegen Fremdenhass und für Integration.“
Aus den Kellern der Gründer des Runden Tisches wurden ungefähr 20 Kisten unglaublich viel Material geholt“, beschrieb Rütten die Herangehensweise der Autorinnen und des Autors. Zusammengestellt haben die Dokumentation Ciler Firtina und die Studenten Madlen Vartian, Jülide Menemencioglu und Torben Scharm.

Zur Geschichte des „Runden Tischs für Integration“
Als sich zu Beginn der 90er Jahre die Übergriffe auf ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen häuften, seien in vielen Städten „Runde Tische“ entstanden. Der in Köln sei besonders, so Rütten, weil hier die kommunale Politik mit den engagierten Bürgern eng vernetzt sei und viele Vorschläge des Runden Tisches aufgegriffen habe. „Die politische Elite arbeitet eng mit den Basisgruppen des zivilgesellschaftlichen Engagements zusammen. Die Strukturen, die 1991 entstanden sind, haben die beiden ProKöln-Kongresse 2008 und 2009 in dieser Stadt verhindert.“
Ausgelöst wurde die Gründung des „Runden Tischs“ durch das legendäre „Arsch-Huh-Konzert“ auf dem Chlodwigplatz im November 1991. Karl-Heinz Pütz, einer der Veranstalter, erinnert sich: „Das war die emotionale Kehrtwende. Nach dem Konzert haben wir das Thema von der emotionalen und die Sacharbeitsebene heben wollen.“

Das „schlüssige Integrations-Konzept der Stadt Köln“ fehlt noch immer
Auf der Teilnehmerliste der konstituierenden Sitzung des „Runden Tisches gegen Ausländerfeindlichkeit“, die auch in der Dokumentation abgedruckt ist, findet man von evangelischer Seite die Unterschriften von Manfred Kock, damals Stadtsuperintendent, und Martin Hüneke, 1991 Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte. Conny Gilges, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter, und Professor Peter Canisius haben ebenso unterschrieben wie die ehemaligen Bundesminister Dr. Katharina Focke und Dr. Gerhart Baum, Jürgen Bednarz vom WDR und Hilmar Ankerstein, Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit.
Canisius erinnert sich an die damalige Situation. „Damals lebten viele Flüchtlinge noch auf Schiffen im Deutzer Hafen. Wir haben gesagt: So bringt man Menschen nicht unter. So züchtet man Aggressionen.“ Canisius kritisierte auch die Presseveröffentlichungen in den Folgejahren über die „Klau-Kinder“. Das Problem mit den Taschendiebstählen habe man gelöst, indem man die Menschen in menschenwürdigen Verhältnissen untergebracht habe. Man warte allerdings immer noch, so Canisius, auf ein in sich schlüssiges Integrations-Konzept der Stadt Köln. Zwar finde man immer wieder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Stadtverwaltung, die bereit seien, bei Problemen mit Migranten und Migrantinnen zu kooperieren. „An manche Türen muss man sehr laut klopfen, und manche bleiben auch verschlossen.“

Fair: In Köln wurde mit dem Thema Migration nie Wahlkampf getrieben
Rütten verwies auch auf das Fairness-Abkommen zwischen den Parteien in Wahlkämpfen, das auf eine Initiative des Runden Tisches zurückgehe. Mit dem Thema Migration sei in Köln anders als etwa in Hessen nie Wahlkampf betrieben worden. Er lobte die Arbeit des Runden Tisches, die kontinuierlich mit viel Sachverstand geleistet worden sei. „Der Runde Tisch hat in Zusammenarbeit mit der Verwaltung viele Probleme kleingearbeitet.“ Gilges warf zum Schluss einen Blick in die Zukunft: „Wir wünschen uns für Köln ein Amt für Integration.“

Bezug der Dokumentation
Die Dokumentation mit zahlreichen Dokumenten und erhellenden Texten zur Geschichte des „Runden Tisches für Integration“ kann kostenlos bestellt werden in dessen Büro, Hansaring 68-70, 50670 Köln, Telefon 0221/569105 61. Als PDF-Dokument zum Herunterladen findet man die Dokumentation unter der Internet-Adresse www.rundertischkoeln.de .

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann