Einen weiten Bogen spannte Ernst Fey, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord in seinem Jahresbericht während der Herbstsynode des Kirchenkreises am Samstag, 10. November, zu der 110 stimmberechtigte Synodale in die Bocklemünder Auferstehungskirche gekommen waren. Fey nahm Bezug auf ein Essay des amerikanischen Verfassungsrechtlers Professor Josef Weiler mit dem Titel „Ein christliches Europa“. Darin setzt sich Weiler vehement für einen inhaltlichen Gottesbezug in der europäischen Verfassung ein. Fey erinnerte an den jüngsten EU-Gipfel: „Nicht die Frage der Tradition und der Werte, nicht die Frage nach dem Woher unserer europäischen Situation war das Hauptthema, sondern wichtiger war das Abstimmungsverhalten, oder anders, die Macht einzelner Länder bei Abstimmungen.“ Fey fragte: „Sind wir wirklich als ein Land in einem größeren europäischen Kontext dabei unsere Wurzeln zu vergessen oder aus welchen Gründen auch immer zu vernachlässigen?“ Eine „ökumenische Eiszeit“ sieht Fey nicht, auch wenn der Papst den Protestanten abgesprochen habe, eine Kirche im eigentlichen Sinn zu sein. „Ob wir eine richtige Kirche sind, entscheidet nicht ein von Menschen gemachtes kirchliches Gesetz, sondern entscheidet Gott selbst“, fand der Superintendent klare Worte. Vielen katholischen Gemeindegliedern vor Ort, auch leitenden Gremien und katholischen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sei es mehr als peinlich, in diese Auseinandersetzung hineingezogen zu werden.
„Bei der Diskussion geht es um viel mehr“
Fey äußerte sich auch zum geplanten Moscheebau in Ehrenfeld. „Wir haben schon längst gemerkt, dass die Diskussion um den Moscheebau in unserem Kirchenkreis in Ehrenfeld mehr ist als die Diskussion um einen Bau mit Kuppeln und mit hohen Minaretten. Bei der Diskussion geht es um viel mehr. Es geht um die Stellung des Islams, es geht um die Benennung von religiösen und politischen Zielen und die Möglichkeit und Notwendigkeit der Integration von Muslimen in unserem demokratischen Rechtsstaat.“ Fey zitierte eine Resolution aus der Verbandsvertretung. Darin hieß es: „Als Evangelischer Kirchenverband Köln und Region treten wir für Religionsfreiheit ein. Darum schätzen wir die Gestaltungsmöglichkeiten, die der säkulare Rechtsstaat für die Ausübung und die öffentliche Äußerung der Religionsgemeinschaften in seinem System bereitstellt und achten diese als ein hohes, schützenswertes Gut. Er ermöglicht den Religionen, gegenüber dem Staat sowohl solidarischer Partner – zum Beispiel bezüglich der Einhaltung von Menschenrechten oder dem Schutz von Minderheiten – als auch kritische Gegenüber in ethischen Fragen und Wertediskussionen zu sein. Vor diesem Hintergrund unterstützen wird den Bau der neuen Moschee und der muslimischen Bildungs- und Begegnungsstätte in Ehrenfeld. Global gesehen halten wir es für wichtig, dass aus demokratischen Staaten und von ihrer Bevölkerung deutliche und glaubwürdige Zeichen und Beispiele für den respektvollen Umgang miteinander ausgehen. Im Sinne der von uns mitunterzeichneten Kölner Friedensverpflichtung von 2007 begrüßen wir jede Initiative, die zeigt, dass Juden, Christen und Muslime ihren angemessenen Beitrag zur Lösung sozialpolitischer und gesellschaftlicher Krisen leisten wollen.“ Diese Resolution bekräftigte die Kreissynode mit den Zusätzen: „Wer sich auf das Recht der Religionsfreiheit beruft, muss sich allerdings auch daran messen lassen, wie er überhaupt mit den anderen Grundrechten in unserer Verfassung umgeht. Da gibt es die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Dazu gehört auch die konsequente Ablehnung aller Rechtfertigung von terroristischer Gewalt. Es gehört dazu die Freiheit, seine Religion und Konfession wechseln zu können, ohne Angst um sein Leben haben zu müssen“. Bei der Frühjahrssynode wird eine theologische Bestandsaufnahme der Protestanten angesichts der Nachbarschaft von Christen, Juden und Muslimen Hauptthema sein.
„Die Mehrheit der Andersdenkenden muss sich mehr Gehör verschaffen“
Angesichts der im Land weit verbreiteten rechten Parolen erteilte Fey dem Rechtsextremismus eine klare Absage. „Die Mehrheit der Andersdenkenden muss sich mehr Gehör verschaffen – und das nachhaltig.“ Der Superintendent erinnerte daran, dass am Vortag in der Kölner Synagoge in der Roonstraße eine restaurierte Tora-Rolle eingebracht worden sei, die von einem katholischen Prälaten während der Reichspogromnacht 1938 aus der brennenden Synagoge an der Glockengasse gerettet worden sei. Fey schlug den Bogen zur Gegenwart: „In einer Welt, in der in vielen Ländern wieder ein Antisemitismus wächst, den wir vielleicht überwunden wähnten, ist eine Solidarität mit den jüdischen Gemeinden zwingend.“
Vehementer Einsatz für die Sonntagsruhe
Fey riet den Gemeinden zu Zusammenschlüssen im Bereich der Kindertagesstätten nach dem Beschluss des Kinderbildungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen. „Ich möchte Ihnen auf jeden Fall Mut machen, neue Wege von Verbünden zu suchen, die nicht nur eine Einschränkung für pädagogische Arbeit bringen, sondern ein gemeinsames Miteinander zum Wohle aller fördert.“ Vehement sprach sich Fey für die Beibehaltung der Sonntagsruhe aus. Der Mensch sei eben mehr als nur ein bloßer Konsument in den Einkaufstempeln der Innenstädte: „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Einführung des Ruhetages (des Sabbats) eine der größten sozialen Taten für die Menschen war. Geboren aus dem Glauben des Volkes Israel an ihren Gott, geboren aus der Erfahrung, dass der Mensch diese Ruhepause braucht.“ Mit einem Rückblick würdigte Fey die Leistungen der Ehrenamtlichen während des 31. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Köln. Er richtete den Dank des Kirchentages aus für die wunderbaren Tage in Köln.
Haushaltsjahr 2006 schloss mit Überschuss
Das Haushaltsjahr 2006 des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord schloss bei einem Haushaltsvolumen von 741.000 Euro mit einem Überschuss von 28.337 Euro. Die Kreissynode beschloss, 10.000 Euro aus dem Überschuss in die Rücklage „Gemeindliche Aktivitäten“ einzustellen. Weitere 10.000 Euro gehen an das Diakoniehaus Salierring, 8.337 Euro fließen in die Rücklage „Jugendarbeit“. Für 2008 beschlossen die Synodalen einen Haushalt mit einem Volumen von 861.638 Euro.
Stichwort Kirchenkreis Köln-Nord
Dem Kirchenkreis Köln-Nord gehören 15 evangelische Gemeinden mit rund 80.000 Gemeindegliedern an. Sie liegen einerseits im Köl-ner Norden – in Worringen, Niehl und Chorweiler, von Ehrenfeld und Braunsfeld bis zum Rhein im Osten. Andererseits gehören auch die Kirchengemeinden im nördlichen Rhein-Erft-Kreis außerhalb von Köln in Bedburg, Bergheim, Elsdorf und Pulheim zum Kirchenkreis. Superintendent des Kirchenkreises, Ernst Fey, ist Pfarrer in Köln-Ossendorf.
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