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Kirchentag macht Kino: Zwölf ausgesuchte Leinwandgenüsse im Programm

Schon wieder wurde ein Film des Kinoprogramms für den Deutschen Evangelischen Kirchentag, das vom 7. bis 9. Juni in Köln gezeigt wird, gekürt. ‚Workingmen’s Death‘ des Österreichers Michael Glawogger, das visionäre Dokument über vergessene menschliche Körperarbeit im Sog der Globalisierung, wurde der Deutsche Filmpreis 2007 verliehen. Auf den Internationalen Berliner Filmfestspielen zuvor nahm schon der Film ‚Tuyas Ehe‘ den begehrten ‚Goldenen Bären 2007‘ mit in das Herkunftsland China.

Kirchentag cineastisch illustrieren
Beide Werke gehören zur Staffel der zwölf ausgesuchten und ausgezeichneten Leinwandgenüsse, die Motto und Themen des Kirchentages cineastisch illustrieren. Neue und junge Filme, gesellschaftlich engagiert, künstlerisch ambitioniert, wie von der Evangelischen Filmjury oftmals empfohlen. Sie repräsentieren wie ‚Esmas Geheimnis‘, der bosnische Überraschungssieger der Berlinale 2006, internationales Filmschaffen, Kunst und Unterhaltung – kein großes Popcorn-Mainstream-Multiplex-Kino, aber großarti ges Kino für Herz und Intellekt.

Filmgespräche mit Experten
Das Programm steht ganz in der langen Tradition kirchlicher Filmarbeit, die mit ihrem Mut und ihrer Weitsicht die Mutter moderner, avantgardistischer Kulturarbeit der Kirche ist. In der Gepflogenheit von „Kirche und Kino“ wird das Programm durch Filmgespräche mit Experten begleitet. Gespielt wird an drei Terminen tags im Kino des Museums Ludwig, als Open-Air-Kino abends um 22 Uhr erstmalig im Kölner Radstadion in unmittelbarer Nachbarschaft zum RheinEnergie-Stadion in Köln-Müngersdorf. Realisiert wird das Kirchentags-Kino durch den Kulturbeirat der Evangelischen Kirche im Rheinland in Zusammenarbeit mit der Kino Gesellschaft Köln, die auch das Programmkino Filmpalette betreibt, und dem Filmkulturellen Zentrum im GEP/Frankfurt.

Weitere Filme im Museum Ludwig
UNSER TÄGLICHES BROT: Woher kommt unser Essen, wie werden unsere Nahrungsmittel hergestellt, was sagt ihre Produktion über uns und unsere Welt aus? Solchen Fragen geht der bildgewaltige Dokumentarfilm nach, der durch seine kommentarlosen Szenen zum Nachdenken über den Schöpfungsauftrag zwingt.
Österreich/Deutschland 2005, Regie: Nikolaus Geyrhalter, 92 Min. Donnerstag, 7. Juni, 16 Uhr

CACHÉ: Ein Pariser Ehepaar fühlt sich durch anonyme Videoaufnahmen seiner Wohnung bedroht. Die seltsamen Botschaften haben scheinbar etwas mit der Vergangenheit des Mannes zu tun, aber auch mit uneingestandener Schuld. Ein beklemmend-kühles Drama, das den Zuschauer in die Rolle des Fährtenlesers drängt
und nach der historischen Verantwortung des französischen Bürgertums fragt.
Frankreich/Österreich/Deutschland/Italien 2005, Regie: Michael Haneke mit Juliette Binoche, Daniel Auteuil, 119 Min. Donnerstag, 7. Juni, 19 Uhr

MOOLAADÉ – BANN DER HOFFNUNG: In einem senegalesischen Dorf fliehen vier Mädchen vor der rituellen Beschneidung und suchen bei einer Frau Schutz, die ihre eigene Tochter vor der genitalen Verstümmelung bewahrt hat. Das provoziert die Männer, die ihre Vormachtstellung bedroht sehen. – Kraftvolles Drama, das als farbenprächtige Hommage vom Mut und der Emanzipation afrikanischer Frauen erzählt.
Senegal/Frankreich/Burkina Faso/Kamerun/Marokko/Tunesien 2004, Regie: Ousmane Sembene, mit Fatoumata Coulibaly, Maimouna Helene Diarra, Salimata Traore, 120 Min (OmU). Freitag, 8. Juni, 11 Uhr

REQUIEM: Anfang der 1970er-Jahre beginnt eine an Epilepsie leidende Frau in Tübingen mit ihrem Studium. Doch der Zwiespalt zwischen ihrer strengen Herkunft und den Freiheiten der Stadt überfordert sie. Eines Morgens bricht sie zusammen und glaubt, von Dämonen verfolgt zu werden. – Ein raues Seelendrama, das unmittelbar am Schicksal der Protagonistin teilhaben lässt und durch die Abkehr von gängigen Exorzismus-Klischees beeindruckt.
Deutschland 2005, Regie: Hans-Christian Schmid, mit Jens Harzer, Sandra Hüller, Imogen Kogge, 92 Min. Freitag, 8. Juni, 19 Uhr

FALSCHE BEKENNER: Ein Heranwachsender, der die Realschule gerade hinter sich gebracht hat, treibt durchs Leben, bis er durch anonyme Bekennerschreiben, in denen er die Schuld an einem Unfall auf sich nimmt, seinem Dasein einen »Kick« verschafft. – Der Film skizziert das Bild einer Generation, die ihre Verweigerungshaltung kultiviert,und das Profil einer Gesellschaft,der die Mitte abhanden gekommen ist.
Deutschland 2005, Regie: Christoph Hochhäusler, mit Constantin von Jascheroff, Laura Tonke, 94 Min. Samstag, 9. Juni, 11 Uhr

ERDE UND ASCHE: Ein alter Mann und sein fünfjähriger Enkel warten an einer staubigen Kreuzung irgendwo in der menschenleeren Weite Afghanistans auf eine Mitfahrgelegenheit. Hinter ihnen liegt das Grauen, die Bombardierung ihres Dorfes, bei dem der Rest der Familie ums Leben kam, vor ihnen eine kaum verheißungsvollere Zukunft. – Ein bewegendes Porträt eines armen Landes, das über Nacht in das Zentrum der Weltpolitik geriet.
Afghanistan /Frankreich 2004, Regie: Atiq Rahimi, mit Abdul Ghani, Jawad Mard Homayoun, 105 Min (OmU). Samstag, 9. Juni, 16 Uhr

TUYAS EHE: Die junge Tuya kämpft in der ländlichen Kultur und kargen Steppe der
Inneren Mongolei, weitab und doch bedroht von den globalisierten
Boomstädten an Chinas Küste, um die Existenz ihrer Familie, ihrem
behinderten Mann Bater und zwei Kindern. Als sie plötzlich schwer erkrankt,
beschließen sie die Scheidung, damit Tuya einen gesunden Mann heiraten kann, der die Familie ernährt. Die Männer kommen scharenweise; doch Tuya fordert, ihr Mann Bater müsse weiterhin bei ihr bleiben.- Mit bewegenden Bildern und liebendem Blick schildert der Film die Ambivalenz menschlicher Entscheidungen.
VR China 2006, Regie:Wang Quan’an, mit Yu Nan, Bater, Senge,
Peng Hongxiang, Zhaya, 92 Min. Samstag, 9. Juni, 19 Uhr

Filme im Radstadion, am RheinEnergie-Stadion, Köln-Müngersdorf/Open Air
THE YES MEN: ›Theyesmen‹, ein Netzwerk aus Aktivisten und Schauspielern, die politische Themen der Globalisierung mit faszinierenden, medienwirksamen Aktionen entlarven. – Der Film begleitet einige ihrer intelligenten Aktivitäten über einen Zeitraum von vier Jahren. .
USA 2003. Regie, Dan Ollman, Sarah Price, Chris Smith, 80 Min. Donnerstag, 7. Juni, 22 Uhr

VOLVER: Zwei Schwestern kehren regelmäßig in ihr spanisches Heimatdorf in der La Mancha zurück, um das Grab ihrer Familie zu pflegen. Beim Besuch ihrer Tante werden Erinnerungen wach, die mit Eifersucht, Gewalt und Totschlag verbunden sind. – Eine Mischung aus Groteske und Komödie, in der mit leichter Hand die Geheimnisse einer spanischen Frauendynastie skizziert werden, wobei vor allem der gelassene Umgang mit dem Tod überrascht.
Spanien 2005, Regie: Pedro Almodóvar, mit Penelope Cruz, Carmen
Maura, 120 Min. Freitag, 8. Juni, 22 Uhr

ADAMS ÄPFEL: Ein aus dem Gefängnis entlassener Rechtsradikaler wird zur Resozialisierung zu einem Pfarrer geschickt, der die Schattenseiten des Lebens nicht sehen will. Das provoziert ihn so sehr, dass er den Pfarrer unbedingt von der Verderbtheit der Welt überzeugen will. – Fabel voller absurder Überraschungen, die mit biblischen Verweisen spielt und über die Theodizeefrage reflektiert. Ein sympathisches Plädoyer für Vielfalt und Menschlichkeit.
Dänemark 2005, Regie: Anders Thomas Jensen, mit Mads Mikkelsen,
Ulrich Thomsen, 89 Min. Samstag, 9. Juni, 22 Uhr

Eintritt
Der Eintritt ist für Kirchentagsbesucherinnen und -besucher frei, ansonsten zum ermäßigten Preis von 5 Euro.

Text: EKiR
Foto(s): DEKT