Kehraus auf den Poller Wiesen. Die kleinen Altäre werden auseinandergeschraubt, die Birkenzweige zu Haufen gestapelt, einige Unverdrossene schauen sich auf der großen Leinwand vor der Bühne einen Film über die nächste Kirchentags-Stadt Bremen an und hoffen insgeheim darauf, dass sich die Wise Guys noch einmal zeigen. Zwei Stunden vorher hatte der Kirchentag noch einmal bewiesen, dass er die Massen bewegt. Brechend voll waren die Wiesen am Rhein, als Präses Nikolaus Schneider den Schlussgottesdienst des 31. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Köln eröffnete. Und eine halbe Stunde nach der Eröffnung strömten immer noch Tausende Richtung Rheinufer.
Die Liturgie auf der riesigen Bühne leitete Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, die Predigt hielt Mechthild Werner, Pfarrerin aus Erfurt.
„Die globale Zerstörung geht in erster Linie von christlich geprägten Ländern aus“
Nach dem Abendmahl an über 100 Tischen mitten auf der Wiese hielt Werner die Abschlusspredigt. Sie wählte aufrüttelnde Worte, um auf die drohende Klimakatastrophe und auf das Schicksal der Globalisierungsopfer hinzuweisen. „Steh auf und iss“ zitierte sie aus der Elia-Geschichte, die während des Abendmahls gelesen wurde. Ein Engel rührt Elia an, der in die Wüste zum Sterben gegangen war, und nach der Speisung ging Elia 40 Tage und Nächte. „Aber darf man diesen Satz sagen angesichts so vieler dicker Deutscher in einer verfetteten Welt?“ Angesichts der Wetterkapriolen in Deutschland in den vergangenen Monaten merkte Werner an, dass jetzt zu spüren sei, was in den vergangenen Jahrzehnten an Kohlendioxid in die Luft gepustet worden sei. Um ein Prozent pro Jahr soll in Zukunft der Ausstoß des Treibhausgases sinken. „Da fühlen sich die großen Mächte plötzlich nicht mehr so mächtig“, rief die Erfurter Pfarrerin. Aber es seien ja die Kühe, die pupsten und rülpsten und die Gase in die Atmosphäre entließen. „Wir finden immer irgendein Rindvieh, das schuld ist.“ Da gab es spontanen Applaus. Die globale Zerstörung gehe in erster Linie von christlich geprägten Ländern aus. „Wir sind Mittäter“, so Werner. Aber den Protestantismus mache ja aus, dass man sich schuldig bekenne und dann wieder aufstehe, um zu handeln. Beim Klimaschutz sei es höchste zeit, „dass alle den Hintern hochkriegen. Wo bleibt denn der VW mit Hybrid-Antrieb?“ Deutsche Umwelttechnik sei führend. Sie müsse aber auch eingesetzt werden. „Wir haben eine wunderbare Welt. Geben wir gut auf sie acht.“
„Spiritualität und Weltverantwortung gehören untrennbar zusammen“
Kirchentagspräsident Dr. Reinhard Höppner lobte Köln und die Veranstaltung: „Wir haben einen reich erfüllten Kirchentag hinter uns. Wir haben viel Herzlichkeit und ökumenische Weite erlebt“, sagte er zu Beginn seines „Wortes des Kirchentages“ und dankte den kölschen Protestanten und der rheinischen Kirche für ihre Gastfreundschaft und den vielen tausend Helfern für ihr Engagement. „Wenn Sie einen in der Nähe sehen, nehmen sie ihn mal in den Arm. Die haben es sich verdient.“ Und er richtete auch einen Dank an Gott, dass das Fest so schön gewesen sei.
Höppner hat ein neues Kirchentagsgefühl ausgemacht. „Spiritualität und Weltverantwortung gehören untrennbar zusammen.“ Er forderte ein Ende der Kriege, die mächtige Staaten schwächeren aufbürdeten. Niemand dürfe die Macht der Stärke gegen die Macht der Würde stellen. Denn wenn Menschen gedemütigt würden, entstehe Gewalt. Die christliche Losung „Liebe deinen Nächsten“ gelte im übrigen auch für Terroristen wie im Nahen Osten. „Es kann lange dauern, aber auch sie gehören an den Verhandlungstisch.“ Der Kirchentag habe sich sehr verbunden gefühlt mit dem friedlichen Protest beim G-8-Gipfel. Nun gehe ein Kirchentag zu Ende, „aber die Kirchentagsbewegung geht weiter. Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig, Kraft kommt aus Gemeinsamkeit“.
Nach dem Gottesdienst wurden die Wise Guys stürmisch gefeiert, die noch einige Lieder sangen. Dan Dickopf erinnerte sich an das Konzert am Donnerstag vor 70.000 Menschen. „Immer wenn ich über die Rheinbrücken fahre und die Poller Wiesen sehe, werde ich mich an diesen Abend erinnern.“
Zahlen und Ausblick
Insgesamt haben laut Angaben der Kirchentagsleitung 110.000 Dauerteilnehmer am Kirchentag teilgenommen, dazu noch tausende Tagesgäste. Am Abend der Begegnung zur Eröffnung am vergangenen Mittwoch hatten sogar bis zu 400.000 Menschen teilgenommen. Der nächste Kirchentag findet 2009 in Bremen statt. Für 2010 steht der 2. Ökumenische Kirchentag in München im Terminkalender. Der katholische Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode lud die evangelischen Christen herzlich zum Katholikentag 2008 ein – mit den Worten: „Er ist zum Glück in Osnabrück“.
Tipps
Die Schluss- und Dankesworte von Kirchentagspräsident Dr. Reinhard Höppner sind auf den Seiten der rheinischen Landeskirche als pdf-Dokument hier nachzulesen.
Präses Nikolaus Schneider, DEKT-Pressesprecher Rüdiger Runge und andere ziehen ihre Kirchentags-Schlussbilanz unter der Überschrift „müde und glücklich“ auf den Seiten der rheinischen Landeskirche, nachzulesen hier.
Foto(s): Rahmann