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Kirchenschließung: Am 31. Dezember findet in der Kreuzkirche der endgültig letzte evangelische Gottesdienst statt

Pfarrer Dieter Endemann hat im Moment keine leichte Zeit. Er bereitet die Schließung der Kreuzkirche an der Machabäerstraße vor. Am 31. Dezember, dem ersten Sonntag nach Weihnachten, wird dort um 11 Uhr der letzte Gottesdienst gefeiert. Die Leitung hat Rolf Domning, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte, die letzte Predigt hält Endemann, der seit 26 Jahren Pfarrer an der Kreuzkirche ist.



Die Stimmung? Gemischt
Die Stimmung in seiner Gemeinde beschreibt Endemann als „gemischt“. Dankbarkeit für die Zeit in der Kreuzkirche sei genauso anzutreffen wie Verbitterung über die Entscheidung des Presbyteriums der Evangelischen Gemeinde Köln, die Kreuzkirche aus Kostengründen aufzugeben. „Wir wollen die Zeit, die unserer Kirche bleibt, so schön wie möglich gestalten und sie ganz bewusst wahrnehmen“, so Endemann. Gut 1.700 Köpfe zählt die Gemeinde im Bezirk Kreuzkirche. Sie sollen in der Thomaskirche (Neusser Wall/Ecke Lentstraße) eine neue Heimat finden. Endemann bleibt bis zu seiner Pensionierung im Herbst 2009 Pfarrer in seinem alten Bezirk, der bis dahin nicht aufgelöst wird. Nur die Kirche wird geschlossen. Endemann predigt künftig in der Thomaskirche.

Wann begann der „Anfang vom Ende“?
1.700 Glieder pro Gemeinde sind nach den Vorgaben der Evangelischen Kirche im Rheinland zu wenig, um eine Pfarrstelle dauerhaft bestehen zu lassen. 3.000 sollten es schon sein. Vor einigen Jahren hat der Bezirk Kreuzkirche 500 Gemeindeglieder an den Bezirk Thomaskirche abgegeben, um dort die Weiterführung einer vollen Pfarrstelle zu sichern. „Für manchen war das damals der Anfang von unserem Ende“, erinnert sich Endemann. Aber die Arbeit an der Thomaskirche sei auch wichtig. Dort besteht ein Kindergarten, die Arbeit mit Jugendlichen trifft auf starke Nachfrage.

Zählt wirklich nur der „Veräußerungsgewinn“?
Endemann macht aus seiner Enttäuschung über das Verfahren im Presbyterium der Evangelischen Gemeinde Köln keinen Hehl. Der Finanzausschuss habe nach Klausursitzungen „wahre Horrorzahlen“ präsentiert und innerhalb von zwei Wochen den Presbytern und Presbyterinnen die Entscheidung abgerungen, die Kreuzkirche und das Jeremiahaus zu schließen. Alternative Nutzungskonzepte hätten keine Rolle mehr gespielt, obwohl es sehr schöne Räume sind an einem zentralen Standort. „Ziel war nur noch der höchstmögliche Veräußerungsgewinn“, fasst Endemann die Stimmung zusammen.

Aber was wird jetzt aus der Kreuzkirche?
Ein Makler ist beauftragt, nach Interessenten zu suchen. Niemand wagt zu spekulieren, für wen das Gebäudeensemble attraktiv sein könnte. Auch ein Abriss ist nicht unmöglich. Schließlich handelt es sich um ein Grundstück in guter City-Lage. Allerdings: Die Fassade steht unter Denkmalschutz. Enttäuscht bis erzürnt sind etliche Spenderinnen und Spender, die sich jahrelang für die neue Orgel in der Kreuzkirche eingesetzt haben. Nun ist sie da – und die Kirche wird geschlossen. Jetzt steht die Idee im Raum, das Instrument an eine Gemeinde in Ostdeutschland zu verschenken.

Viele Menschen werden die Kreuzkirche vermissen
„Wir haben einfach Pech“, resümiert Endemann. Das Zentrum Kreuzkirche sei wohl von allen evangelischen Gemeindezentren und Kirchen in der Innenstadt neben dem Jeremiahaus in der Mozartstraße, das schon verkauft ist, am ehesten anderweitig verwendbar. Außerdem falle sie im Stadtbild nicht sonderlich auf, da ihr beispielsweise ein Glockenturm fehle. Trotzdem habe die Gemeindearbeit das vielschichtige „Veedel“ mit geprägt. Der Standort hinter dem Hauptbahnhof sei wichtig, weil Kirche in diesem sozialen Problembereich Präsenz zeigen müsse. „Wir haben uns den Problemen geöffnet und gestellt, und wir haben Position bezogen“, erinnert sich Endemann. Man habe zwischen Drogenszene und aufgebrachten Gemeindegliedern vermittelt, ebenso in Sachen Straßenprostitution, und über viele Jahre ein Cafe für Obdachlose beherbergt. „Wir haben sogar Weihnachtsspiele mit Obdachlosen aufgeführt.“ Um gute Kontakte habe man sich zu den zahlreichen Ausländern im Veedel bemüht, speziell im Zuge der Sanierung, und die gute Nachbarschaft durch etliche Feste am Eigelsteintor gefördert. Endemann erinnert auch an die Frauenarbeit in der Kreuzkirche und die Frauengottesdienste, die lebendig und kreativ speziell traumatisierten Frauen neue spirituelle Erfahrungsräume eröffneten.

Manche Gruppe und ausländische Gemeinde ist nun „heimatlos“
Darüber hinaus beherbergte die Kreuzkirche eine koreanische und eine afrikanische Gemeinde. „Die Koreaner sind länger hier als ich“, erklärt Endemann. Die seien nun in der Lindenthal-Decksteiner Gemeinde „untergekommen“. Die Afrikaner suchen noch. Ihre Gemeinde feiert am 30. Dezember noch einmal eine Hochzeit. Absoluten Seltenheitswert hat eine Gruppe, die sich ebenfalls regelmäßig in der Kirche trifft. „Wir haben hier eine Gruppe von Ehemaligen, die in der Kreuzkirche vor 50 Jahren und mehr zur Gemeindejugend gehörten“, berichtet der Pfarrer: „Die können die Schließung natürlich überhaupt nicht verstehen.“

Die letzten Termine
An Heiligabend, 24. Dezember, beginnt ein Gottesdienst mit Pfarrer Endemann um 17 Uhr. Die Geigerin Verona Wiedemann und die Sopranistin Christiane Schulz werden mit dem Organisten Jürgen Schulz den Gottesdienst musikalisch gestalten.
Jürgen und Christiane Schulz geben ein persönliches Abschiedskonzert in der Kreuzkirche am Freitag, 29. Dezember, um 18 Uhr. Seit Anfang November ist die Kreuzkirche täglich zwischen 9 und 19 Uhr geöffnet, damit die Gemeindeglieder Abschied nehmen können.
Am 31. Dezember, dem ersten Sonntag nach Weihnachten, wird in der Kreuzkirche um 11 Uhr der allerletzte evangelische Gottesdienst gefeiert. Die Leitung hat Rolf Domning, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte, die letzte Predigt hält Pfarrer Dieter Endemann.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): ran