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Hatte immer die Bedürfnisse der Gemeindeglieder im Blick: Der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Deutz/Poll, Georg Heilinger, geht in Ruhestand

33 Jahre und acht Monate lang war die Evangelische Kirchengemeinde Köln-Deutz/Poll untrennbar mit einem Namen verbunden: Georg Heilinger. Als Pfarrer wirkte er nahezu eine Generation lang in den rechtsrheinischen Stadtteilen, nun hat der 60-Jährige seinen Dienst in der Gemeinde beendet.

Von Mittelfranken ins Rheinland
„Schuld“ an seinem langjährigen Wirken war – seine Frau Hanna. „Ich habe in Erlangen mein Studium begonnen und bin dann nach Heidelberg gewechselt. Dort habe ich mein Herz verloren“, schmunzelt der 1949 in Mittelfranken geborene Heilinger. Hanna Heilinger studierte Germanistik und Philosophie – eine Fächerkombination, mit der damals in Bayern kein Abschluss möglich war. Also zog das Paar nach einem kurzen Zwischenstopp in Erlangen ins Rheinland. Bonn war die erste Station, wo Heilinger sein Theologiestudium beendete und 1974 sein erstes Examen absolvierte. Nach zwei Jahren Vikariat in Bonn-Poppelsdorf bewarb er sich zum 1. April 1976 auf eine Stelle als Pastor im Hilfsdienst in der damaligen Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Deutz. Er wurde angenommen – und blieb bis heute.

Zeit für die Probleme der Menschen
Die Seelsorge war einer der Schwerpunkte seiner Arbeit. „Es war mir immer wichtig, Zeit für die Menschen und ihre persönlichen Probleme und Bedürfnisse zu haben“, sagt Heilinger. Daraus resultierten verschiedene Gesprächsgruppen und Kreise, die teilweise über viele Jahre in der Gemeinde bestanden. Gesprächsgruppen für Ehepaare sowie für Geschiedene und allein Lebende gehörten ebenso dazu wie ein Gesprächskreis zur religiösen Früherziehung und eine „sehr lebendige Literaturgruppe“. „Auch einen Männerkreis habe ich vor vielen Jahren ins Leben gerufen. Vor fünf Jahren haben wir den aber in einen Kochkurs umgewandelt und auch für Frauen geöffnet“, erzählt der langjährige Deutzer Pfarrer. Darüber hinaus kümmerte er sich als Synodalbeauftragter des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte um Kindergottesdienst und Kindergartenarbeit, war fast 25 Jahre lang als Seelsorger am Deutzer Eduardus-Krankenhaus aktiv und engagierte sich im Gustav-Adolf-Werk. „Das Gustav-Adolf-Werk hat im 19. Jahrhundert maßgeblich den Bau der St. Johannes-Kirche an der Tempelstraße unterstützt“, begründet Heilinger sein Wirken in dem evangelischen Hilfswerk.

Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit gegründet
Neben den Gesprächsangeboten für die Gemeindeglieder kümmerte sich Pfarrer Heilinger auch um gesellschaftspolitische Aspekte. Als es Anfang der 1990er Jahre einerseits zu vermehrten rechtsextremen Übergriffen kam und andererseits die Stadt Köln Asylbewerberinnen und -bewerber auf einem Wohnschiff im Deutzer Hafen unterbrachte, gründete Heilinger eine Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit. Dadurch wurden Vorbehalte der Deutzer Bevölkerung gegen die Flüchtlinge im Hafen abgebaut, außerdem entstanden bei der Arbeit gute Kontakte zum islamischen Kulturverein, die auch heute noch bestehen. Gute Kontakte bestehen auch zu der Partnergemeinde in Trebbus in der Niederlausitz. Die Partnerschaft bestand schon vor Heilingers Zeit in Deutz, wurde aber von dem Pfarrer engagiert betrieben und ausgebaut. „Unter anderem haben wir den Menschen dort bei der Gründung einer evangelischen Schule geholfen“, berichtet er. Gerne erinnert sich Heilinger auch an Gemeindereisen nach Israel, an der auch zahlreiche katholische Menschen aus dem Stadtteil teilgenommen haben.

Schmerz“ über Rückgang der Gemeindeglieder
In seiner letzten Predigt in der St. Johannes-Kirche erwähnte Heilinger auch seinen „Schmerz, dass so viele Menschen die Gemeinde verlassen haben“. Rund 4.500 Protestantinnen und Protestanten gehören jetzt noch zur Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Deutz/Poll, bei seinem Amtsantritt vor mehr als 33 Jahren waren es gut 1.000 mehr. Den heutigen Namen bekam die Gemeinde auch erst in den Neunziger Jahren, vorher waren die Poller Gemeindeglieder namentlich Deutzer Protestantinnen und Protestanten. Seit 1929 gehören die evangelischen Christen in dem früheren Fischerdorf zu Deutz. Das gemeinsame Verständnis soll ab dem nächsten Jahr durch ein zentrales Gemeindefest noch weiter gestärkt werden, das dann abwechselnd in Deutz und in Poll stattfindet. „Bislang haben die Deutzer und die Poller ihre eigenen Feste gefeiert“, so Heilinger.

Neugriechisch lernen und Gitarre spielen
Nach dem offiziellen Ende seiner Amtszeit freut sich Heilinger zunächst einmal „aufs Nichtstun“. Die Deutzer Pfarrwohnung hat das Ehepaar Heilinger bereits verlassen und eine neue Wohnung im linksrheinischen Köln bezogen. Offiziell in den Ruhestand geht der Pfarrer allerdings erst in zweieinhalb Jahren. Zurzeit befindet er sich in der „Freistellungsphase des Altersteildienstes“. Bei diesem Modell hat er, statt fünf Jahre lang Teilzeitarbeit zu verrichten, ab seinem 58. Lebensjahr zunächst noch zweieinhalb Jahre Vollzeit gearbeitet und hat nun frei. Diese Freizeit plant er unter anderem mit dem Erlernen von Neugriechisch und dem Gitarrenspiel zu verbringen. „Außerdem haben wir es jetzt nicht weit zur Universität. Da gibt es bestimmt das eine oder andere, was mich interessiert. Sicherlich werden wir auch – zur Unterstützung unserer Kinder, die beide in Berlin leben, – regelmäßig dort Zeit verbringen: die dringende Anfrage zum Babysitten liegt bereits vor.“

Text: Jörg Fleischer
Foto(s): privat