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Gründungserklärung der Kölner Allianz für den freien Sonntag

Am 17. März 2011 unterzeichnete Stadtsuperintendent Rolf Domning die Gründungsurkunde der „Kölner Allianz für den freien Sonntag“. Gemeinsam mit Gewerkschaften, dem Katholikenausschuss Köln, der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und der Evangelischen Arbeitnehmerschaft Rheinland EAN setzt sich die Evangelische Kirche Köln und Region damit ausdrücklich für eine Reduzierung der sonntäglichen Arbeit ein, die über die notwendige „Sorgearbeit“ hinausgeht. Domning hat betont, dass die Mitglieder dieser Allianz einen intensiven und offenen Dialog führen wollen mit all jenen Menschen und Verbänden, die sich für eine stärkere (wirtschaftliche) Nutzung des Sonntags ausgesprochen haben. Der Evangelische Kirchenverband Köln und Region geht dabei mit gutem Beispiel voran und bietet Begleitung bei Diskussions- und Informationsveranstaltungen an – siehe letztes Kapitel in diesem text.

Und hier die Gründungserlärung:
Bedeutung des freien Sonntages
Der Sonntag ist eine frühe soziale Errungenschaft und auch heute als Tag der Ruhe, der Gemeinschaft, der Befreiung von Sachzwängen, Fremdbestimmung und Zeitdruck unverzichtbar. Leben ist mehr als Arbeit, Produktion und Geld verdienen. Die Sieben-Tage-Woche gestaltet einen Rhythmus in unserer Gesellschaft, der seit fast 4000 Jahren das Leben vieler Völker prägt. Der Sonntag stärkt den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft, da er es den Menschen ermöglicht, am sozialen, religiösen, sportlichen, politischen und kulturellen Leben teilzunehmen und sich ehrenamtlich zu engagieren. Der Sonntag schützt den Menschen, die Familie und die persönliche Gestaltung von gemeinsamer freier Zeit.

Folgen der Ausweitung der Sonntags- und Feiertagsarbeit
Seit Jahren vollzieht sich eine schleichende Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes. Immer mehr Wirtschaftsbereiche werden für die Arbeit an diesen Tagen vereinnahmt. Schon seit der Novellierung des Arbeitszeitrechtes im Jahr 1994 wurden die Möglichkeiten zur Sonntagsarbeit im Bereich des produzierenden Gewerbes, des Handels, der Banken, der Versicherungen und der sonstigen Dienstleistungen erheblich erweitert. Immer weniger Menschen können den freien Sonntag genießen. Die Ausweitung der Arbeit am Sonntag in gesellschaftlich nicht notwendigen Bereichen bedeutet einen gravierenden Einschnitt in das Gefüge der Gesellschaft, die dadurch erheblich an Lebensqualität verliert.
Die Sonntagsöffnungen führen nur zu einer Verlagerung von Kaufkraftströmen und generieren keine zusätzlichen Umsätze. Verliererende der Sonntagsöffnung sind kleinere Einzelfachhandelsgeschäfte, während Shopping-Center und Kaufhäuser in den Innenstädten davon profitieren.
Der Schutz des arbeitsfreien Sonntags ist von großer Bedeutung für die Gesundheit der überwiegend weiblichen Beschäftigten, für die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben sowie für das Leben der Zivilgesellschaft insgesamt. Dieser gemeinsame, wöchentliche Ruhetag stärkt den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass der arbeitsfreie Sonntag für die Gesundheit und für das Wohlbefinden der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wichtiger ist, als jeder andere arbeitsfreie Wochentag. Sonntagsarbeit übt enormen Druck auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und deren Familien aus. Sie begünstigt Burnout und führt zu Krankheit und Arbeitsabwesenheit.
Mit der Tendenz zur Liberalisierung des Ladenschlusses ist im Bereich des Handels in den letzen Jahren eine inflationsartige Zunahme verkaufsoffener Sonntage zu beobachten. Oft wird mit der Durchführung der verkaufsoffenen Sonntage gegen geltendes Recht verstoßen. Hinzukommt, dass die behördliche Kontrolle nicht in allen Fällen wirksam stattfindet, und die Ahndung etwaiger Verstöße somit in vielen Fällen unterbleibt.
Das Recht auf arbeitsfreien Sonntag schließt nicht Ausnahmen für die Bereitstellung notwendiger Dienste aus, noch berührt es die wichtige Rolle der Sozialpartner und Sozialpartnerinnen beim Aushandeln von Tarifverträgen.

Rechtliche Grundlagen
Der Artikel 140 Grundgesetz fordert: „Die Sonntage und staatlich anerkannte Feiertage bleiben als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen schreibt in Artikel 25: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage werden als Tage der Gottesverehrung, der seelischen Erhebung, der körperlichen Erholung und der Arbeitsruhe anerkannt und gesetzlich geschützt.“
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 01.12.2009 ein klares Signal gesetzt und die Sonntagsöffnung als Ausnahme beschrieben, die von den Ländern und Kommunen in jedem Einzelfall begründet werden muss. Hierbei muss das öffentliche Interesse im Vordergrund stehen.

Ziele der Kölner Allianz für den freien Sonntag
Die Unterzeichnenden unterstützen das öffentliche Bewusstsein für eine Sonntags- und Zeitkultur, um den kulturellen Rhythmus zwischen Arbeit und Ruhe, um der Menschen willen, zu erhalten und den Menschen eindeutig in den Mittelpunkt allen Wirtschaftens zu stellen. Die Thematisierung der gesundheitlichen, sozialen und kulturellen Folgen einer 24-Stunden-Kommerz- und Konsumgesellschaft ist erforderlich.
Das Engagement gilt dem freien Sonntag und richtet sich gegen eine weitere Aushöhlung der Sonn- und Feiertagsruhe auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Auch die Kommunen müssen sicherstellen, dass der Sonntag im sozialen Zusammenleben seiner Zweckbestimmung entsprechend als Tag der Arbeitsruhe und seelischen Erhebung erhalten bleibt und der Sonn- und Feiertagsschutz neu bekräftigt wird.
Die Unterzeichnenden setzen damit ein Zeichen gegen die Auflösung von gewachsenen Gemeinschaften, die Zersplitterung der Familie und Partnerschaft und die alleinige Ausrichtung auf Produktion und Kapital.
Gefordert wird die Einhaltung und konsequente Kontrolle des Sonn- und Feiertagesschutzes in Köln.

Forderungen an die Politik
Die Gründungsmitglieder der Kölner Allianz fordern die Landesregierung in NRW auf, den arbeitsfreien Sonntag wieder zur Regel zu machen wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Dort heißt es: „Dazu werden wir die Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes korrigieren. Wir werden die Regelungen zu den verkaufsoffenen Sonntagen an die Größe und Struktur der Kommune knüpfen sowie einen Anlassbezug konkret ausgestalten. Das geltende Ladenöffnungsgesetz legt eine Evaluierung fest. Im Dialog mit Handel, Gewerkschaften, Kommunen und Kirchen werden wir daher die Wirkung der Rechtslage bewerten.“
Es dürfen keine gesetzlichen Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagschutz sowie der Ladenöffnungszeiten zugelassen werden.
Der Gesetzgeber auf kommunaler Ebene muss sicherstellen, das der Sonntag im sozialen Zusammenleben seiner Zweckbestimmung entsprechend als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung erhalten bleibt und der Sonn- und Feiertagsschutz neu bekräftigt wird.
Die Respektierung des Sonntags spiegelt die Wertordnung einer Gesellschaft sowie jener, die sie maßgeblich gestalten können. Wir alle stehen in der Verantwortung, uns für den Erhalt des Sonntags zum Wohle einer humanen Gesellschaft einzusetzen.

Bitte um Mithilfe – Informationen für Gemeinden oder Gruppen
Die „Kölner Allianz für den freien Sonntag“ bittet um Ihre Mitwirkung! Werden Sie zu Unterstützern des freien Sonntags. Eine E-Mail oder sonstige Nachricht mit Ihrer persönlichen Meinung zum Anliegen der Allianz würde uns sehr freuen – natürlich auch dann, wenn Sie eine andere Sicht der Dinge haben.
Walter Fuchs-Stratmann, Sozialreferent der Melanchthon-Akademie im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region, ist gern bereit, zum Sachverhalt „Sonntagsruhe vs. Sonntagsarbeit“ in Gemeinden, Gruppen usw. vorzutragen und eine Diskussion zu begleiten.
Nehmen Sie bitte Kontakt auf zwecks Terminabsprache:
Walter Fuchs-Stratmann
Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt KDA Evangelische Arbeitnehmerschaft Rheinland EAN Melanchthon-Akademie
Telefon 0221/93 18 03 27
Fuchs-Stratmann@Melanchthon-Akademie.de

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