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Gelebte Städtepartnerschaft: Ordination zur Diakonin in Liverpool

Hannelore Morgenstern-Przygoda (Sozialwerk/KDA) war am Sonntag 29. Juni 2003, zur Ordination ihrer Arbeitspartnerin Francis Lovett zur Diakonin in Liverpool.
Eine „Diakonin“ oder  ein „Diakon“, das ist in der anglikanischen Diözese Liverpool ein Titel, den die Ordinierten im ersten Jahr nach ihrer Ordination führen, in dieser Zeit werden sie in ihrer Arbeit weiterhin begleitet. Danach erhalten sie den Titel und uneingeschränkten Status des Pfarrers beziehungsweise der Pfarrerin. Der Besuch von Frau Morgenstern-Przygoda war Teil des gelebten Miteinanders der Städtepartnerschaft Köln-Liverpool. Für alle an dieser Partnerschaft Interessierten hat Frau Morgenstern-Przygoda folgenden Bericht geschrieben:

Zur Vorgeschichte
Neben ihrer hauptberuflichen, vollzeitlichen Arbeit bei „Mission in the Economy“ der anglikanischen Diözese Liverpool hat Fran Lovett eine theologische Ausbildung durchlaufen. Ihr einwöchiger Aufenthalt in Köln im Mai 2002 war Bestandteil dieses Ausbildungsprogramms – gemeinsam mit 16 weiteren Teilnehmenden.

Die Ordination
Ende Juni erfolgte die gemeinschaftliche Ordination der Ausbildungsgruppe in der Liverpooler Kathedrale. Zur Vorbereitung zogen sich die Studierenden für ein Wochenende in ein Tagungshaus zurück. Von dort erschienen sie direkt in der anglikanischen Kathedrale, wo um 10.30 Uhr der Ordinationsgottesdienst unter Leitung des Bischofs The RT. Revd James Jones begann. Die Predigt hielt die Dean von Lester, The Very Revd Vivienne Faull zum Predigtext Markus 10, 35-45 – ein Text, der auch Grundlage für unser Verständnis von Dienst und Dienstgemeinschaft ist. Die feierliche, zweistündige Zeremonie mit Abendmahl wurde mitgestaltet neben Chor und Organist von zwölf FunktionsträgerInnen (auch dem katholischen Priester John Divine) und einer Gruppe von 20 Archdeacons. Dreizehn Ausgebildete wurden zunächst in der Kathedrale ordiniert, während gleichzeitig und ausschließlich die Feier für die anderen unmittelbar in ihren Pfarrkirchen stattfand. Für die große Gruppe folgte diese Einführung am Abend des selben Sonntags oder eine Woche später. Zu den am 29. Juni Ordinierten gehörte beispielsweise auch Dr. Shannon Ledbetter, die wie Fran Lovett im Mai 2002 zur ersten Besuchsgruppe in Köln gehörte; die Amerikanerin Shannon lebt seit 17 Jahren in Liverpool und arbeitet als Development Officer for Church and Community Connections an der Liverpool Hope Universität.

Den Gottesdienst eröffnete Rupert Hoare, der Dean der Kathedrale und ein bekannter Partner im städtepartnerschaftlichen Austausch Köln-Liverpool. Teil des feierlichen Zeremoniells war der Einzug von Chor und der großen Gruppe kirchlicher FunktionsträgerInnen zusammen mit den zu Ordinierenden. Die ersten Kirchenreihen waren für deren Familien und Freunde freigehalten worden; die KandidatInnen saßen zunächst auf Gangplätzen. Die Predigt war der erste Höhepunkt des Gottesdienstes, die Ordinierten schätzten es, dass eine Frau predigte.

Unter Leitung des Arcdeacon werden die KandidatInnen dem Bischof und der Gemeinde vorgestellt. Dazu traten die angehenden Diakone und Diakoninnen vor, und eine sie begleitenden Person der Gemeinde stellte mit den Worten vor: „Bischof, ich stelle Ihnen Fran Lovett aus der Gemeinde St. Helens vor“ . Der Arcdeacon ergänzte: „Sie wird ihren Dienst in der Gemeinde St. Peter, Newton-Le-Willows übernehmen“. Alle Genannten umringten den Altar, dann wandten sich der Gemeinde zu. Der Bischof fragte die Gemeinde, ob diese Menschen ordiniert werden sollten und ob die Gemeinde sie unterstützen wolle; was die Gemeinde beide Male bejahte. Im Zwiegespräch mit dem Bischof gab die Gruppe die Erklärung zur Bereitschaft ihres kirchlichen Dienstes ab. Im Wechsel mit der Gemeinde wurde die Fürbitte für die Zuordinieren gesprochen. Die Ordination erfolgte in drei Schritten: Einsegnung, Überreichung der Bibel, wechselseitiger christlicher Friedensgruß. Es schloss sich die Eucharistie-Feier an mit der Austeilung an zwei Plätzen. Die Kollektensammlung erfolgt, ohne den Zweck zu nennen. Den zeremoniellen Schlusspunkt setzte der Auszug der Ordinierten und kirchlichen Würdenträger mit einem großen Orgelnachspiel. Der gesamte Gottesdienst wurde per Videokamera aufgezeichnet.


Angesichts der Größe der Kathedrale konnten sich im hinteren Kirchenteil alle Ordinierten mit Freunden und Verwandten treffen. Neben dem Bischof standen während der Ordination mehrere Menschen. Ein Mann war offensichtlich nicht kirchlicher, sondern weltlicher Funktionsträger; er trug eine Perücke. Dies, so erklärte Fran’s Ehemann Ian später, sei notwendig, da die Pfarrerschaft der Kirche von England hoheitliche Aufgaben habe: Die Registrierung von Trauungen, Taufen, Beerdigungen können ausschließlich von Geistlichen durchgeführt werden. Heutzutage ist offen, ob Menschen derartige Registrierungen bei der Kirche oder Kommune durchführen lassen.


Fran und Ian Lovett
haben im Laufe der Jahre an vielen englischen Orten gelebt und gearbeitet, die meiste Zeit im Süden Englands. Zu Frans Ordinations-Feier hatten sie viele Familien-Mitglieder zu Gast; manche waren aus Frankreich und von Jersey angereist. Dazu kamen Menschen, deren Freundschaft das Ehepaar an den verschiedenen Orten ihres Lebens gewonnen hat. Man versammelte sich am Vorabend und wurden in Haus und Garten bewirtet; untergebracht waren die meisten in einem Hotel am Wohnort Newton-Le-Willows, eine gute halbe Autostunde östlich von Liverpool.Sonntags fuhren die meisten Gäste mit einem eigens gemieteten Bus nach Liverpool. Nach der Ordination trafen sich alle wieder in Haus und Garten von Lovetts, wo sie abermals festlich bewirtet wurden. Fran selbst kehrte nach zweieinhalb Tagen Abwesenheit in ihr Haus zurück. Schwiegertöchter, Freundinnen und Nachbarinnen hatten die Bewirtung übernommen. Nach dem Essen begrüßte und dankte Ian den etwa 35 Gästen in einer kleinen Rede. Dann zeigte Fran, was sie sich als Rede aufgeschrieben hatte und nun doch nicht verlesen wollte. Bei ihrer langen Ansprache ging sie chronologisch durch ihr Leben und stellte dabei ihre Gäste und die Art der Beziehung zu ihnen vor. Der Grundtenor ihrer Ausführung war: „Wir sind gesegnet, weil wir Euch begegnet sind“. Von den Geschenken wurde nur eines offen gezeigt: Ein Nachbarin hatte eine Torte hergestellt, deren Zuckerguß-Ornamente die ordinierte Fran darstellte zusammen mit Blumen, Bibel und Kerzen.


Für das Sozialwerk des Stadtkirchenverbandes Köln nahm Hannelore Morgenstern-Przygoda an der Ordination teil. Sie überreicht Fran eine Glückwunschkarte und einen Blumenstrauss. Fran und Ian sorgten dafür, dass alle Gäste um den Besuch aus Köln wussten. In der Kathedrale war es möglich, auch Shannon Letbetter Kölner Glückwünsche zu überbringen, Msg. John Divine zu begrüßen und mit Gesine und Rupert Hoare zu sprechen, der ausdrücklich für den Besuch dankte und vermerkte, dass dies ein hochgeschätzter Teil der ökumenischen Partnerschaft sei.

Noch ein Tipp
Wer mehr über Europas größte Kathedrale, die von Liverpool nämlich, wissen möchte, erfährt hier  allerhand.

Text: Hannelore Morgenstern-Przygoda
Foto(s): liverpool cathedral