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Einige Ergebnisse der Landessynode 2008: Haushalt, Kirchen-Gebäude und Finanzen, Zukunft des Pfarrdienstes, „Erziehungscamps“

Trotz mehr Steuern: Finanzdezernent mahnt weiter zur Sparsamkeit
Die Synode der EKiR hat den landeskirchlichen Haushaltsplan 2008 mit einem Volumen von 82,4 Millionen Euro einstimmig beschlossen. Zuvor hatte Oberkirchenrat Georg Immel, Finanzdezernent der rheinischen Kirche, in seinem alljährlichen Finanzbericht die Veränderungen in der Entwicklung der Kirchensteuereinnahmen und der Haushaltskonsolidierung erläutert: Obwohl die Kirchensteuereinnahmen gestiegen sind, mahnte Immel zum Festhalten am Sparkurs in den Gemeinden: Die demografische Entwicklung werde dazu führen, dass die rheinische bis zum Jahr 2030 etwa ein Drittel Mitglieder weniger haben werde – dann rund zwei Millionen. Im gleichen Zeitraum erwarte man eine Halbierung der Finanzkraft der Kirche.

Im Jahr 2007 umfasste der landeskirchliche Haushalt 78,9 Millionen Euro. In 2008 steigen die Ausgaben, und zwar im Wesentlichen dadurch, dass in 2008 allein 3,5 Millionen Euro zusätzlich – insgesamt 4,4 Millionen Euro – zur Auffüllung der Versorgungskasse in den Haushalt gestellt werden müssen. Die Zuweisungen an die Schulen und Internate steigen um 775.000 Euro, während die Zuweisungen für die Studierendengemeinden um 136.000 Euro auf 2,63 Millionen Euro sinken. Auch für die Liegenschaften der Landeskirche werden insgesamt 179.000 Euro weniger benötigt. Die Rückstellungen für die Altersteilzeit bzw. den Altersteilzeitdienst sinken ebenfalls, und zwar um 538.000 Euro auf 260.000 Euro. Die Ausgaben für die Pfarrbesoldung belaufen sich im Jahr 2008 auf 235,5 Millionen Euro, das sind 41 Prozent des Nettokirchensteueraufkommens. 2007 waren es 41,2 Millionen Euro weniger. Die Mehrausgaben sind nicht auf eine Erhöhung der Besoldung oder der Pfarrstellen zurückzuführen, sondern sie ergeben sich aus Nachzahlungen in die Versorgungskasse zur Absicherung bestehender Versorgungsverpflichtungen (Versorgungssicherungsumlage).

Immels Finanzbericht und seine Präsentation zum Nachlesen hier.

Neues Kirchliches Finanzwesen
Neu im Haushalt 2008 etatisiert sind die Kosten in Höhe von 6,2 Millionen Euro für die Projektfinanzierung des so genannten Neuen Kirchlichen Finanzwesens (NKF) in der rheinischen Kirche. Das neue kaufmännische Buchungssystem bilanziert Vermögen, Schulden und Rücklagen und gliedert Aufgaben und Handlungsfelder nach Kostenstellen. Doch es geht nicht nur um Buchführung: Erreicht werden soll „die Erkenntnis über den Stand der Verpflichtungen, die wir heute haben und die möglicherweise die nächsten Generationen mit weniger Mitteln werden erfüllen müssen“, unterstrich der Finanzdezernent in seinem Bericht. Die rheinische Kirche ist eine der ersten Landeskirchen im Bereich der EKD, die das NKF einführt.

Weniger Ausgaben für gesamtkirchliche Ausgaben
Die „außerrheinischen gesamtkirchlichen Ausgaben“ liegen im Haushaltsjahr 2008 mit 36,3 Millionen Euro um ca. eine Million Euro niedriger als im Jahr 2007. Die Umlage an die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) soll um 367.000 Euro auf 9,4 Millionen Euro sinken (2007: 9,7 Millionen Euro), der Anteil der rheinischen Kirche am Finanzausgleich der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bleibt, wie im letzten Jahr, bei 23,7 Millionen Euro. Die Umlage an die Union Evangelischer Kirchen (UEK) beträgt 727.000 Euro (2007: eine Million).

Gemeinden finanzieren den landeskirchlichen Haushalt per Umlage
Die Evangelische Kirche im Rheinland rechnet für das Jahr 2008 mit einem Kirchensteuer-Verteilungsbetrag von 574,1 Millionen Euro. Da die Kirchensteuerhoheit in den 777 Gemeinden liegt, wird der landeskirchliche Haushalt aufgrund einer kirchengesetzlichen Regelung mit einer Umlage von 10,25 Prozent finanziert. Das sind für das laufende Jahr 58,9 Millionen Euro .

Zukunft des Pfarrdienstes: Neue Auswahl- und Bewerbungsverfahren beschlossen
Fast einstimmig wurden weit reichende Beschlüsse zur zukünftigen Gestaltung des Pfarrdienstes getroffen – „ein überraschendes und deutliches Signal“, kommentierte Oberkirchenrat Jürgen Dembek, Personaldezernent der rheinischen Kirche, das Ergebnis.
Zur Vorgeschichte: Ein umfangreiches Maßnahmepaket zur mittel- und langfristigen Sicherstellung des pfarramtlichen Dienstes hatte die Landessynode bereits vor einem Jahr beschlossen. Es geht darum, angesichts des Rückgangs der Gemeindemitgliederzahlen und der in den nächsten 25 Jahren zu erwartenden Minderung der Finanzkraft eine erhebliche Reduzierung der Zahl der Pfarrstellen vorzunehmen und dabei neue Steuerungs- und Planungselemente einzusetzen. Auch soll sichergestellt werden, dass neben den – zurückgehenden – Gemeindepfarrstellen zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse für Theologinnen und Theologen entstehen. Verhindert werden soll außerdem, dass aus Mangel an Gemeindepfarrstellen eine ganze Generation von angehenden Pfarrerinnen und Pfarrern unbeschäftigt bleibt. Die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer im so genannten Wartestand soll durch das neue Auswahlverfahren deutlich vermindert werden. Zurzeit befinden sich rund 120 Theologinnen und Theologen im Wartestand. Sie haben keine Gemeinde- oder Funktionspfarrstellen, meist aber befristete Beschäftigungsaufträge. Für eine Versetzung in den Wartestand gibt es sehr unterschiedliche Gründe, zum Beispiel die Beendigung einer befristeten Berufung in eine Funktionspfarrstelle ohne sofortige neue Berufung, das Ende einer dienstlichen Freistellung ohne neue Pfarrstelle oder der Verlust einer Pfarrstelle, die aufgrund von Strukturmaßnahmen aufgehoben werden musste.

Soweit die Problemanzeige. Jetzt beschloss die Synode heute das „Rahmenkonzept für die mbA-Stellen (Pfarrstellen mit besonderem Auftrag) sowie um Richtlinien für das zentrale Auswahlverfahren für Pfarrerinnen und Pfarrer im Wartestand und für aus der Pfarrstelle Abberufene und Richtlinien für das zentrale Bewerbungsverfahren für den Zugang zum Pfarrdienst“.

Im Folgenden noch einmal die wichtigsten Maßnahmen, die aufeinander aufbauen:



  • Pfarrerinnen und Pfarrern im Wartestand sollen in Pfarrstellen mit besonderem Auftrag (mbA-Stellen) vermittelt werden. Die mbA-Stellen werden auf landeskirchlicher Ebene angesiedelt. Das Rahmenkonzept begrenzt die mbA-Stellen im Bereich des Wartestandes auf sechs. Mit der Befristung wird deutlich gemacht, dass diese Stellen nicht als Pfarrstellen auf Dauer angelegt sind, sondern dass aus der mbA-Stelle eine Bewerbung auf frei werdende Gemeinde- oder Funktionspfarrstellen erfolgen muss. Die Pfarrerinnen und Pfarrer in mbA-Stellen sind verpflichtet, sich auf reguläre Pfarrstellen zu bewerben. Ein längerer Verbleib in mbA-Stellen ist nicht beabsichtigt. Wird nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf dieser sechs Jahre eine neue Pfarrstelle übertragen, tritt die oder der Betroffene in den dreijährigen Wartestand. Eine erneute Teilnahme an dem Auswahlverfahren ist nicht möglich.

  • Pfarrerinnen und Pfarrer, die 60 Jahre oder älter sind, sollen – so der heutige Beschluss der Synode – nicht in mbA-Pfarrstellen eingewiesen werden. Sie sollen weiterhin Beschäftigungsaufträge übernehmen.

Die Landessynode hatte bereits 2007 beschlossen, ein zentrales Auswahlverfahren für die Pfarrerinnen und Pfarrer im Wartestand einzurichten. Jetzt wurden die Richtlinien dafür beschlossen. Danach ist nur eine einmalige Teilnahme an dem Auswahlverfahren möglich. Wer das Auswahlverfahren erfolgreich absolviert hat, wird in eine mbA-Stellen eingewiesen, die in allen Arbeitsfeldern des pfarramtlichen Dienstes eingerichtet werden kann.

Ebenfalls 2007 hatte die Synode beschlossen, den Zugang zum Pfarrdienst durch ein zentrales Bewerbungsverfahren (kein Auswahlverfahren) zu regeln, mit dem Ziel, die Zahl der Berufungen in den Pfarrdienst auf Lebenszeit zu begrenzen. Präzisiert wurden nun auch dafür die Richtlinien:




  • Vikarinnen und Vikare, die nach dem 2. Examen das zentrale Bewerbungsverfahren für den pfarramtlichen Dienst erfolgreich durchlaufen haben, werden in ein dienstrechtlich vorgeschriebenes Pfarrdienstverhältnis auf Probe berufen. Danach werden sie in ein Pfarrdienstverhältnis auf Lebenszeit in mbA-Stellen berufen, um sich aus diesen Stellen auf reguläre Pfarrstellen zu bewerben.



  • Theologinnen und Theologen, denen die Anstellungsfähigkeit für das Pfarramt verliehen worden ist und die das zentrale Bewerbungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben, werden in eine mbA-Stelle berufen. Wiederholte Bewerbungen sind möglich.



  • Der Kirchenleitung wird ab sofort für die Dauer von fünf Jahren in jedem zweiten Besetzungsfall einer Pfarrstelle das Vorschlags- und Besetzungsrecht übertragen. Dieses Recht hatte die Kirchenleitung bislang bereits für jeden dritten Besetzungsfall inne. Das Vorschlagsrecht ersetzt die Wahlfreiheit der Gemeinden nicht, bündelt sie aber. Wird in einer Gemeinde eine neue Pfarrerin bzw. ein neuer Pfarrer gesucht, und hat die Kirchenleitung das Vorschlagsrecht, meldet die Gemeinde der Kirchenleitung den Bedarf mit einem Profilwunsch. Die Kirchenleitung vermittelt dann geeignete Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Wartestand, unter denen die Gemeinde ihre Wahl treffen kann. Werden Gemeindepfarrstellen frei, für die die Kirchenleitung kein Vorschlags- und Besetzungsrecht hat, erfolgt die Besetzung wie bisher durch direkte Pfarrwahl nach direkter Bewerbung.



  • Die Besetzung der mbA-Stellen durch die Kirchenleitung soll für den Bereich des Wartestandes fortlaufend stattfinden, für den theologischen Nachwuchs zum 1. Januar bzw. zum 1. Juli. Ziel ist es, auf die Anforderungen der Kirchenkreise relativ zeitnah reagieren zu können. Denn die Beschreibung der Aufgabenfelder der mbA-Stellen soll auf Kirchenkreisebene durch die dortigen Leitungsorgane, die Kreissynodalvorstände, festgelegt werden.



  • Die Landessynode 2007 hatte die Kirchenleitung beauftragt, der Landessynode 2008 ein Verfahren vorzulegen, wie in Zukunft die Zahl der Pfarrstellen in den nächsten 20 Jahren berechnet und wie die Verteilung der Pfarrstellen auf die Kirchenkreise vorgenommen werden soll. Bisher gab es kein solches zentrales Planungsinstrument, das Prognosedaten über den zukünftigen Pfarrdienst liefert. Auch dieses Verfahren wurde heute Mittag beschlossen: Die „Eckpunkte zur Berechnung und Verteilung von Pfarrstellen“ empfehlen, die Anzahl der Pfarrstellen pro Kirchenkreis nach der Zahl der Mitglieder der Kirchengemeinden und der Zahl der Evangelischen pro Quadratkilometer zu berechnen und festzulegen. Voraussetzung ist, dass die Kreissynoden ein Rahmenkonzept für den Pfarrdienst im Kirchenkreis erstellen. Dieses Rahmenkonzept geht vom Ist aus und beschreibt prognostisch den zukünftigen Zuschnitt der Pfarrstellen. Dabei sind die jeweiligen Soll-Pfarrstellen des Kirchenkreises, die Entwicklung
    der Finanzkraft, die Entwicklung der Mitgliederzahlen der Kirchengemeinden, aber auch die geistlichen Traditionen und Bedürfnisse der Gemeinden zu berücksichtigen sowie die möglichst gleichmäßige pfarramtliche Versorgung der Gemeinden.


Mit diesem Maßnahmenbündel wird eine zukunftsorientierte Personalplanung für den Pfarrdienst angestrebt – unter der Maßgabe, dass sich die Anzahl der Pfarrstellen in der rheinischen Kirche von derzeit gut 2.000 bis zum Jahr 2030 halbieren muss. Gleichwohl soll der theologische Nachwuchs Chancen haben: im Jahr 2008 werden 30 mbA-Stellen (als lebenslange Pfarrstellen) für Vikarinnen und Vikare, Pfarrerinnen und Pfarrer im Probedienst, Pastorinnen und Pastoren im Sonderdienst und entlassene Theologinnen und Theologen mit Anstellungsfähigkeit eingerichtet. Über weitere mbA-Stellen-Errichtungen für den theologischen Nachwuchs wird Jahr für Jahr neu entschieden. Jede Pfarrstelle kostet inklusive der Versorgungsbezüge rund drei Millionen Euro.

Untaugliche Mittel: Verschärfung des Jugendstrafrechts und erniedrigende Erziehungscamps
Die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) verlangt in der Debatte um Erziehungscamps eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung für öffentliche Erziehung, Bildung und Betreuung, um vorbeugende und therapeutische Arbeit zu gewährleisten.
„Gott gibt niemand verloren.“ Das betonte Landesjugendpfarrer Rüdiger Breer vor der Landessynode 2008 bei der Vorstellung der Beschlussvorlage. Das gelte auch im Umgang mit verwahrlosten Kindern und jugendlichen Intensivtätern. Nötig sei Zuwendung und Grenzsetzung.
„Menschen statt Mauern“ – dieses Signal des Präses zur Diskussion um Erziehungscamps verdiene Verbreitung, begründete Breer die Vorlage an die Landessynode 2008 zum Thema. „Alle Fachleute sind sich einig, dass das Jugendstrafrecht ausreicht.“ In die „Litanei untauglicher Mittel“ reihe sich auch der „Generalverdacht gegenüber Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte“ ein.
Eine Verschärfung des Jugendstrafrechts und erniedrigende Erziehungscamps seien untaugliche Mittel, stellt die Landessynode 2008 klar.

Noch mehr Infos und Themen
Natürlich hat die Landessynode 2008 noch viele weitere Beschlüsse gefasst, Vorlagen verabschiedet, Fragen gestellt…. Alles über die diesjährige Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland – bis hin zu Original-Dokumenten, Fotos und O-Tönenen finden Sie im Internet hier.
Alle Dokumente auf einen Blick hier.

Text: EKiR/AL
Foto(s): EKiR