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Ein Haus aus lebendigen Steinen

Dass 2017 ein evangelisches Jubiläumsjahr wird, ist inzwischen allseits bekannt. Die Kirchengemeinde Frechen hat jedoch doppelten Grund zur Freude: Ihre sonnengelbe Kirche, im Jahre 1717 erbaut, feiert ebenfalls Geburtstag. Aus diesem Anlass erscheint jetzt ein Bildband im Bachem-Verlag, der Geschichte und Geschichten rund um das Gotteshaus erzählt und gleichzeitig eine Einladung ist, das zweifache Jubiläum gemeinsam mit der Gemeinde zu feiern.

Mit Stolz und großer Freude präsentierte das Autoren- und Organisationsteam auf einer Pressekonferenz im Frechener Gemeindesaal das frisch erschienene Buch. Pfarrer Bernd Stollewerk, der zusammen mit seiner Kollegin Almuth Koch-Torjuul Herausgeber der Festschrift ist, begrüßte die Journalisten mit den Worten: „Der eigentliche Star steht hinter uns“, womit er natürlich die Jubilarin, also das Kirchengebäude, meinte. Damit lieferte er auch schon den Einstieg für Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul, die das Konzept des Buches erläuterte: Das Buch stelle nicht etwa die gesamte Geschichte der Gemeinde Frechen oder das aktuelle Gemeindeleben in aller Vielfalt dar, sondern rücke die Kirche selbst in den Mittelpunkt, die gleichzeitig von den Evangelischen in der Region, aber auch allgemein vom Christlichen Glauben spreche. „Die zwei Pole – das Regionale und Spezifische und das über Zeit und Region hinaus Bedeutsame – zusammen in den Blick zu nehmen, das fanden wir spannend“, so die Pfarrerin. Im Hauptteil des Buches „Eine Kirche erzählt vom Glauben“ wird daher in 12 Kapiteln jeweils ein Detail der Kirche in den Blick genommen und davon ausgehend ein größerer Aspekt des evangelischen Glaubens erörtert.

Großer Dank an alle Beteiligten
Die Erstellung des Buches war ein langer Prozess – bereits vor drei Jahren hatte man unter Mithilfe von Dr. Anselm Weyer die Konzeption erarbeitet. Seitdem wurden Autorinnen und Autoren gesucht und gefunden, Bilder gemacht, Quellen zusammengetragen, geschrieben, gestaltet und diskutiert, das Ganze koordiniert durch den Redaktionskreis. Vor allem historische Informationen und Bilder kamen nicht zuletzt von den Gemeindegliedern, die sich aktiv an der Entstehung des Bandes beteiligten. Ihnen allen dankten die Herausgeber herzlich und schlossen daran auch ihren Dank an die hauptverantwortlich Beteiligten an: Dr. Franz Kretzschmar als Experte für Baugeschichte, Dr. Martin Bock und Dorothee Schaper von der Melanchthon-Akademie Köln für ihre theologischen Beiträge, Dr. Lothar Weiß, der Daten und Fakten für die historischen Anhänge zur Verfügung gestellt hatte, sowie die Mitarbeiterinnen des Bachem-Verlags für ihre außerordentlich gute Begleitung und Unterstützung. „Wir feiern ja nicht nur ein Denkmal – die lebendigen Steine sind immer noch in Bewegung! In dieser Kirche wurde und wird gelebt und wir lernen über die Menschen, die vor uns hier gelebt haben, auch über ihre Fehler und Herausforderungen“, resümierte Almuth Koch-Torjuul.

Ein Blick in die Geschichte
Kleine Einblicke in die wechselvolle Geschichte der Frechener Kirche gaben Bauhistoriker Dr. Frank Kretzschmar und der Vorsitzende des Frechener Geschichtsvereins, Dr. Franz-Joseph Kiegelmann. „Dass an dieser Stelle überhaupt ein so altes protestantisches Gotteshaus steht, ist den Jülicher Landesherren zu verdanken, auf deren Gebiet es, verglichen mit der Reichsstadt Köln, in religiösen Fragen relativ tolerant zuging. Dadurch machten sich im 18. Jahrhundert viele Gläubige aus der Großstadt sonntags zu Fuß auf den Weg nach Frechen, was sich wiederum baugeschichtlich niederschlug: In den 1780er Jahren entstand zu ihrer Unterbringung der ‚Kölner Bau‘“, erläuterte Dr. Kretzschmar. Nachdem die preußische Zeit viele Protestanten ins Rheinland gebracht hatte, fanden ab 1913 vergrößernde Baumaßnahmen statt, in deren Zuge auch der Glockenturm entstand. Die modernsten Elemente des Gebäudes stammen schließlich aus dem Jahr 2014, als der Altarraum neugestaltet wurde. Dr. Kiegelmann beleuchtete die Schwierigkeiten, denen die Gemeinde unter dem Druck der Gegenreformation ausgesetzt war, welche zu Verfolgungen und Zerstörungen führte. Erst mit der Einführung der Glaubensfreiheit unter Napoleon im Jahre 1802 entspannte sich die Lage und die evangelische Gemeinde etablierte sich in der Gesellschaft, nicht zuletzt auch durch ihr Engagement für die Bildung – die evangelische Schule stand auch jüdischen und katholischen Kindern offen und bereicherte somit das Leben im Ort insgesamt.

Die Kirche als begehbare Bibel
Dr. Martin Bock, der für das Buch einen theologischen Essay verfasst hat, fügte einen weiteren Blickwinkel hinzu: “Vor dem Lesenkönnen der Bibel war der Kirchenraum ein ganz wichtiges Vermittlungsinstrument, sozusagen eine begehbare Bibel.” Beim Betreten dieses „Leseraums“ begegnet den Eintretenden ein Vers aus dem 1. Petrusbrief, das Leitbild der Gemeinde, das an der Wand im Eingangsbereichs zu lesen ist: „Lasst euch als lebendige Steine in das Haus einfügen, das der Geist Gottes baut.“ Dieses Bild habe der evangelischen Minderheit von damals helfen können, Wurzeln zu schlagen, stelle aber auch heute die Frage, wie unsere Kirche heute aussehen soll und wie wir heute Menschen beherbergen und integrieren können, so der Theologe. Im Jubiläumsband entdeckt der als Rundgang gestaltete Beitrag von Dorothee Schaper Psalmzitate und Glaubenshilfen im Kirchenraum.

Der Bildband „Die Evangelische Kirche in Frechen. Ein Haus aus lebendigen Steinen“ ist im Bachem-Verlag erschienen und kostet 19,95 Euro. Erhältlich ist es online sowie im Buchhandel und im Frechener Gemeindebüro.
Wer die Frechener Kirche besuchen und an einer Jubiläumsveranstaltung der Gemeinde teilnehmen möchte, findet auf ihrer Gemeindewebseite alle weiteren Informationen.

Text: Kristina Pott
Foto(s): Kristina Pott