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Evangelischer Kirchenverband Köln und Region ruft zu Spenden auf: Traumatisierten Kindern und ihren Eltern helfen beim Schulprojekt „Amaro Kher“

Jedes Jahr ruft der Evangelische Kirchenverband Köln und Region zu einer Diakoniespende auf. „Amaro Kher“, ein Schulprojekt für Roma-Flüchtlingskinder des Vereins Rom e.V., erhält in diesem Jahr das Geld aus der Spendenaktion „Weichen stellen“. Das Besondere an der Aktion: Jeden Cent, jeden Euro, der für „Amaro Kher“ gespendet wird, verdoppelt der Kirchenverband noch einmal.

Spende erbeten für „kinderfreundliches Haus“
„Lernen macht Spaß und eröffnet neue Möglichkeiten. Diese Erkenntnis will Amaro
Kher vermitteln, ein Schulprojekt für Roma-Kinder am Venloer Wall in Köln. Amaro Kher ist Romanes, die Sprache der Sinti und Roma, und bedeutet auf Deutsch ‚unser Haus‘. Und für dieses kinderfreundliche Haus erbitte ich in diesem Jahr Ihre Diakoniespende“, so Stadtsuperindent Rolf Domning in einem vierseitigen Diakoniespendenaufruf des Verbandes. Viele Roma-Kinder besuchten keine Schule, so Domning weiter, „einige haben es versucht und sind gleich zu Beginn gescheitert. Ihre Eltern sind aus vielen Gründen oftmals nicht in der Lage, sie zu unterstützen, sehen vielleicht nicht einmal eine Notwendigkeit darin, dass ihre Kinder eine Schule besuchen. Bauen Sie mit an „Amaro Kher“, damit dieses Schulprojekt für immer mehr Kinder zu ‚hrem Haus‘ werden kann!“

„Wir müssen alles tun, um den Kindern zu helfen, die unter diesen Bedingungen leben müssen“
„Amaro Kher“ ist ein Schulprojekt für Roma-Flüchtlingskinder am Venloer Wall in Köln. „Die Verhältnisse in den Flüchtlingsheimen sind oft sehr schwierig“, weiß Ingrid Welke, Geschäftsführerin des Rom e.V., der seit 2004 mit seinem pädagogischen Team sehr erfolgreich mit Kindern und Familien vor allem aus den Bürgerkriegsgebieten des ehemaligen Jugoslawien arbeitet. „Viele Familien haben große Probleme“, sagt Renate Graffmann, Pfarrerin im Ruhestand und ehemalige Vorsitzende des Rom e. V. „Die Väter und Mütter sind traumatisiert von ihren Kriegserlebnissen. Unter den Frauen ist die Einnahme von Psychopharmaka weit verbreitet. Gewalt ist in den Flüchtlingsheimen alltäglich. Wir müssen alles tun, um den Kindern zu helfen, die unter diesen Bedingungen leben müssen“, so Graffmann.

Renate Graffmann erzählt, wie es zu dem Projekt „Amaro Kher“ kam:
„Im Winter 1986 waren sie plötzlich da: Hunderte Roma – völlig verelendet – auf vermülltem Brachland des Butzweiler Hofs an der Peripherie von Bocklemünd, im Einzugsbereich meines damaligen Pfarrbezirks. Zehn Jahre später suchten Hunderte Kriegsflüchtlinge aus dem Kosovo Zuflucht in unserer Stadt. Die meisten waren Roma. Oft traumatisiert von dem Erlebten, entwürdigt und geschunden an Leib und Seele. Gedemütigt und entrechtet. Viele von ihnen leben noch heute am Rande des sozialen Gesellschaftsgefüges in ständiger Angst vor Abschiebung ins Irgendwo. Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung ist für mich seit vielen Jahren Grundformel meines theologischen Denkens und Handelns. Zusammen mit Roma-Familien versuchen wir – und sei es nur mit kleinsten Schritten – eine Perspektive für unsere gemeinsame Zukunft zu schaffen. Dies konkretisiert sich in besonderer Weise bei dem Romakinder-Projekt „Amaro Kher“. Schon die Kleinen im Kindergarten strahlen Lebensfreude und Entdeckungsbegeisterung aus. Es gibt auch Tränen – aber eben auch Menschen, die trösten und ermutigen. Dass dieses Projekt auch in den nächsten Jahren weitergeführt werden kann, erbitten und erhoffen wir um der Kinder willen.“

So viele Kinder wie möglich sollen in die Regelschule gehen können
Bei „Amaro Kher“ haben die Kinder eine Perspektive, und auch den Eltern wird geholfen. Die Kinder im Alter von sechs bis vierzehn Jahren sind in zwei Schulklassen eingeteilt, entsprechend ihres Entwicklungsstandes und gegebenenfalls unabhängig von ihrem Alter. Für die, die noch nie eine Schule besucht haben, stehen Sprachförderung und die Schulvorbereitung im Vordergrund. In der Primarstufe lernen die etwa Sechs- bis Zehnjährigen den Schulalltag kennen, machen erste Erfahrungen mit Schreiben, Lesen und Rechnen. Tägliche Fortschritte sind unübersehbar. Anspruchsvoller sind dann die Aufgaben in der Sekundarstufe I: Neben der Vertiefung der Kulturtechniken steht Sachkunde auf dem Stundenplan. Der Schulbesuch rüstet sie auch schon ein wenig für das spätere Arbeitsleben aus: Die Kinder lernen dort bereits verschiedene Arbeitsfelder und Berufe kennen. Zwischen 20 und 30 Kinder werden unterrichtet. „Wir möchten so viele Kinder wie möglich irgendwann in der Regelschule sehen“, gibt Ingrid Welke als Ziel aus.

Gearbeitet wird nach dem Konzept der Resilienzförderung
Dieses Ziel hat das pädagogische Team auch bei den regelmäßigen Förder- und Freizeitangeboten im Blick, zu denen sich die Schülerinnen und Schüler nach dem gemeinsamen Mittagessen treffen. Neben der Hausaufgabenbetreuung, der Sprachförderung und der Theater-AG steht dann auch schon mal ein Ausflug ins Schwimmbad auf dem Programm. Sehr beliebt ist der Werkraum, in dem kleine Kunstwerke aus Holz entstehen und in dem ältere Schüler und Schülerinnen Kurse zur Berufsorientierung belegen können. Überhaupt steht bei den Kindern das kreative Arbeiten hoch im Kurs. Davon zeugt eine beeindruckende Ausstellung von kleinen Skulpturen. Für die Schulkinder gibt es an den Nachmittagen zahlreiche AGs. Die Kinder können Fußball spielen, schwimmen gehen, bei der Gartenarbeit helfen, zur Kunst-AG gehen, mit Ton oder Speckstein experimentieren, mit Holz werken oder die Fahrradreparatur-AG besuchen. Bei den Nachmittags-AGs und auch beim freien Spielangebot wird nach dem Konzept der Resilienzförderung gearbeitet. Resilienz ist eine Widerstandskraft in Risiko- und Stresssituationen, mit deren Hilfe die Kinder diese Situationen besser und unbeschadeter überstehen können, als das eigentlich zu erwarten wäre. Die Mitarbeiter von „Amaro Kher“ wissen, dass die Spannbreite an negativen Erlebnissen bei den Kindern sehr groß ist. Sie kennen Krankheit, Krieg, Vertreibung und Vernachlässigung.

Großer Erfolg: Alphabetisierungs- und Deutsch-Kurs für Frauen und Männer
Wenn die Schule für die Kinder ein Erfolgsmodell werden soll, müssen die Eltern der Kinder mit einbezogen werden. Einige Roma finden Arbeit bei „Amaro Kher“: Roma-Frauen kochen das Mittagessen, Roma-Männer fahren Schulbusse. Sozialberatung für die Familien wird in enger Abstimmung mit den städtischen Behörden angeboten. Lernen können die Eltern auch. Ein großer Erfolg ist der Alphabetisierungs- und Deutsch-Kurs für Frauen und Männer. Und um kulturelle und sprachliche Hürden zu überwinden, wurde eine Roma-Mediatorin eingestellt. Denn alle eint das große Ziel, den Kindern einen guten Start ins Leben trotz ungünstiger Anfangsbedingungen zu ermöglichen.

Unterstützung auch von Günter Wallraff:
Der Journalist, Schifsteller und Beisitzer im Vorstand von Rom e.V. ruft ebenfalls zu Spenden auf: „Ich habe viele Menschen „ganz unten“ kennengelernt. Als vor ca. 15 Jahren „Zigeuner“ in ein Flüchtlingswohnheim vis à vis von meinem Wohnhaus untergebracht wurden, lernte ich einige von ihnen näher kennen, erfuhr von ihrer Herkunft, ihren Fluchtgründen, ihren Lebensbedingungen. Sie wohnten in überbelegten Wohnheimen, sogar auf Schiffen und in Containern, erhielten Sammelverpflegung und/oder gekürzte Sozialhilfe und warteten auf ihre Abschiebung. Eine von der unmittelbaren Abschiebung bedrohte Roma-Familie mit zwei kleinen Kindern versteckten wir in unserer Wohnung und konnten ein Bleiberecht für sie erreichen. Inzwischen hat sich die Lage der Roma etwas verbessert, weil die Politik der Stadt Köln nicht mehr darin besteht, es ihnen so ungemütlich wie möglich zu machen. Das ist vor allem ein Verdienst des Rom e.V., der mit seiner Öffentlichkeitsarbeit, mit politischem Druck auf die Verantwortlichen der Stadt und eigenem gesellschaftspolitischem Engagement eine wichtige Rolle für die Verständigung zwischen Roma und Nicht-Roma spielt. Seit 20 Jahren bietet der Verein den Roma Sozialberatung und Vermittlung bei Problemen mit Ämtern und Behörden an, vor fünf Jahren gründete er das Schulprojekt „Amaro Kher“. Dieses Projekt bietet den Roma-Kindern ein Haus, das sie IHR HAUS nennen können, von wo sie nicht umgesetzt oder abgeschoben werden. Wo sie lernen und ihre Freizeit sinnvoll verbringen können. Wo den Älteren über Projekte und Praktika der Einstieg in die Arbeitswelt gelingen kann, damit sie nach der Schule
nicht auf der Straße landen. Die Arbeit von „Amaro Kher“ ist ein wichtiger Schritt für Roma in Sachen ‚weg von ganz unten‘. Helfen Sie mit!“

Fritz Pleitgen: Humane Gesellschaft muss Kindern Geborgenheit und Anregung vermitteln
Auch Fritz Pleitgen, ehemaliger Intendant des WDR und Vorsitznder in der Geschäftsführung der „Ruhr 2010 GmbH“ unterstützt den Spendenaufruf des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region: „Jedes Kind ist ein neuer Vorrat an Zeit, und wer auch nur einem Einzigen Geborgenheit und Anregung gibt, wer ihm das Vertrauen in eine zutiefst gute und sinnvolle Welt vermittelt, in der man es wagen darf, eigene Schritte zu tun und neue Wege auszuprobieren, der kann von sich selbst am Ende sagen: Ich habe gelebt. Das ist das Kennzeichen jeder humanen Gesellschaft und die unbestrittene Einsicht aller Religionen. Wer daran auch nur einen leisen Zweifel duldet, der sollte sich ganz hinten anstellen, denn er hat noch viel zu lernen. Andererseits wissen wir, wie es um viele Millionen Kinder auf unserem Globus bestellt ist, und so kennen wir auch den vorläufigen Zustand unserer Welt. Und nun die gute Nachricht: Wer daran etwas ändern will, muss keinen Augenblick warten. Das neue Diakonieprojekt
des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region kommt ihm sogar einen großen Schritt entgegen. „Amaro Kher“, eine Schule für Roma-Kinder, wo sie lernen
dürfen, ohne vergessen zu müssen, wo sie Flügel bekommen, ohne ihre kulturelle Identität aufzugeben, lohnt auch Ihren Einsatz. Er lohnt sich so sehr und selbstverständlich, dass Sie sich selbst dafür danken können.“

Für eine weitere Stelle und für die zuverlässige Weiterarbeit bei „Amaro Kher“ erbittet der Evangelische Kirchenverband Köln und Region Ihre Spenden. Die Diakoniespende kann von der Lohn- und Einkommensteuer abgesetzt werden. Einzahlungen werden auf das Konto des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region erbeten: Kreissparkasse Köln, Konto Nr.: 4404, BLZ 370 502 99.

Text: Rahmann/Knapic
Foto(s): Amaro Kher