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„Das gefährlichste Buch der Welt“ – Führung der AntoniterCityTours


„Dass es Menschen mit übersinnlichen Kräften gibt, war für die Menschen in früheren Zeiten ein fester Bestandteil ihres Glaubens“, erklärte Dr. Anselm Weyer am Anfang seiner Führung „Das gefährlichste Buch der Welt“. Die AntoniterCityTours hatten zu dem Rundgang eingeladen, er führte unter anderem zum Petersportal des Kölner Doms, wo die ungefähr 15 Teilnehmenden einen Beleg für Weyers Behauptung bewundern konnten.

Erster Ketzer Simon Magus
Dort nämlich ist eine apokryphe Episode aus der Apostelgeschichte dargestellt: Simon Magus, der erste Ketzer des Christentums, hatte vor dem römischen Kaiser geprahlt, er verfüge über größere Kräfte als Petrus und sich zum Beweis in die Lüfte erhoben. Daraufhin betete Petrus zu Gott, er möge Simon Magus stürzen lassen – was denn auch geschah. Es kommt halt immer darauf an, wer die ungewöhnlichen Fähigkeiten gewährt hat, und zu welchem Zweck sie eingesetzt werden.

Großer Zorn auf Frauen
Für den Dominikaner Heinrich Kramer – lateinisch: Henricus Institoris – war der Fall klar: Sobald Frauen im Spiel sind, handelt es sich um schwarze Magie, sie seien von ihrer Natur her anfällig für den Pakt mit dem Teufel. Deshalb nannte er sein Werk, das er 1486 veröffentlichte, auch „Malleus maleficarum“, zu Deutsch: „Hexenhammer“. Er verwendete bewusst das weibliche „malefica“ (also: Hexe): „Hexenmeister oder Zauberer spielen in dem Buch kaum eine Rolle, Kramer hatte wohl aus irgendeinem Grund einen großen Zorn auf Frauen“, so Weyer.

Gnadenlosigkeit nahm zu
„Zahlen aus der Zeit nach der Veröffentlichung belegen, dass sich die Verfolgung nach dieser Veröffentlichung auf Frauen konzentrierte“, beschrieb Weyer die Wirkung des damaligen „Bestsellers“. Und auch die Gnadenlosigkeit nahm zu. Weil es damals noch keine Formen der Beweissicherung gab, war die Folter ein durchaus übliches Mittel, um Verdächtige zu einem Geständnis zu zwingen. Kramer, der in seinem Machwerk nicht nur magische Praktiken beschrieb, sondern auch detailliert den Ablauf von Hexenprozessen vorgab, hatte auch in dieser Hinsicht eigene Ideen: „Er forderte, dass die Regeln für die Anwendung der Folter bei der Befragung von Frauen, die der Hexerei angeklagt waren, ignoriert werden durften. Etwa, wenn es um die Dauer der Quälereien ging.“

Es handelte sich um Fälschungen
Auf allgemeinen Wunsch ersparte Anselm Weyer den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Einzelheiten, gab am früheren Ort des Dominikanerkonvents, An den Dominikanern, aber einen Einblick in den speziellen Charakter des Institoris. Denn Köln hatte für die Wirkung des „Hexenhammers“ insofern große Bedeutung, als der Verfasser den angesehenen Prior des Dominikanerkonvents, Jakob Sprenger, als Mitautor angab. Allerdings nur in den Ausgaben, die außerhalb von Köln erschienen. Und ebenfalls nur jenseits der Grenzen des Bistums war der Schrift eine Approbation der Kölner Universität beigegeben: „In beiden Fällen handelte es sich offensichtlich um Fälschungen“, so Weyer.

Dr. Anselm Weyer während seiner Ausführungen vor dem Kölner Dom

30 Hexen verbrannt
Dabei fiel die freie Reichsstadt Köln erst später durch besonderen Furor bei der Hexenverfolgung auf. Und zwar ab 1627, als mit Katharina Henoth eine Dame aus angesehener Familie trotz zweifelhafter Prozessführung auf Melaten als Hexe verbrannt wurde. „Danach wurden in wenigen Jahren in Köln etwa 30 Hexen verurteilt und hingerichtet“, erzählte der Stadtführer, der darin eine Folge der allgemeinen Gewaltentfesselung während des Dreißigjährigen Krieges sieht.

Mutiger Gegener Friedrich Spee
Zu Katharina Henoths Zeiten gab es aber mit dem Jesuiten Friedrich Spee von Langenfeld einen mutigen Gegner des Hexenwahns und der Folter. Letztere beschrieb er als grausam und hielt sie für völlig untauglich bei der Wahrheitsfindung. „Seine Schrift konnte er natürlich nur anonym veröffentlichen, er hätte sich sonst des Verdachts der Ketzerei ausgesetzt“, sagte Weyer am Erzbischöflichen Generalvikariat. An dessen Fassade hängt heute eine Gedenkplatte für diesen „Verteidiger der Menschenwürde.“

Erfindung der Populärliteratur
Auch am Historischen Rathaus ist er verewigt: In der dritten Etage steht er als Skulptur in der Versammlung bedeutender Kölner, gleich neben der längst rehabilitierten Katharina Henoth: „Dass sich die beiden kannten, ist allerdings eine Erfindung der Populärliteratur“, so Weyer.

Eine Führung zum selben Thema wird im zweiten Halbjahr des Jahres von den AntoniterCityTours erneut angeboten. Ein Termin steht derzeit noch nicht fest.

Weitere Führung im April für Familien:
Zu einer Familienführung laden die AntoniterCityTours für Freitag, 5. April, 11 Uhr, während der Exco ein. Die Teilnahme kostet 11,90 Euro, ermäßigt 9,90 Euro. Und darum geht es: Im Agnesviertel wohnen Laura, Sema, Kevin und Wladi. Hier ist die Alte Feuerwache, hier arbeitet Bolle, der Straßenkehrer, und hier ist – an der Grenze zum Eigelstein – auch der Bolzplatz, der zum Treffpunkt von vier Detektiven wird. Die Autorin Christina Bacher hilft dem detektivischen Spürsinn auf die Sprünge: Was führt der fiese Michi Mense im Schilde? Und warum ist es superpraktisch, Türkisch oder Russisch zu kennen? Ein literarischer Rundgang für Kinder von 8 bis 13 Jahren mit Christina Bacher.

Text: Hans-Willi Hermanns
Foto(s): Hans-Willi Hermanns