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Bild gemalt, ins Fenster gestellt und los ging es: Der Malkurs im Vringstreff ist seit zehn Jahren ein regelmäßig gut besuchtes Angebot

Der Vringstreff in der Kölner Südstadt ist Begegnungs- und Integrationsstätte, Freizeit- und Beratungsort. Nahe des Chlodwigplatzes, die Adresse lautet Im Ferkulum 42, treffen sich Menschen aus dem Viertel: Menschen verschiedener Kulturen und Religionen, Menschen mit und ohne Problematik, mit und ohne festen Wohnsitz, mit und ohne Erwerbstätigkeit. Träger der Einrichtung ist der Vringstreff e.V., eine Initiative unter anderem der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in der Südstadt. Zum Freizeitangebot gehört (fast) seit seiner Eröffnung im Jahr 1997 eine Malgruppe, ein kostenloses Angebot für Menschen jeden Alters und Interesses, gefördert aus Spendengeldern. „Ich wurde von Thomas Säkefeld, einem der Initiatoren des Vringstreffs, gefragt, ob ich mir dort einen Malkreis vorstellen könne“, erinnert sich Ulli Richter, die damals Töpfer- und Seidenmalkurse in Bürgerhäusern gab. „Natürlich konnte ich. Daraufhin habe ich ein Bild gemalt und ins Fenster gestellt. Quasi als Werbung für das zusätzliche Angebot. Und die Resonanz war gut.“

Einfach nur malen! Menschen mit und ohne Probleme
Noch heute leitet Richter – wohlgemerkt ehrenamtlich – die Malgruppe. Interessierte treffen sich jeden Mittwochnachmittag, von 14.30 bis 17 Uhr. Das ganze Jahr hindurch. 14 Menschen im Alter zwischen Vierzig und Achtzig gehören zum engeren Kreis. Gleichwohl findet die Gruppe sich immer neu zusammen. Gesundheitlich oder anderweitig bedingt, legen manche eine Pause ein. Und kommen irgendwann wieder.
„Für viele bedeutet das Malen nicht nur eine Beschäftigung mit sich selbst, sondern auch Anschluss an eine Gruppe“, freut sich Jutta Eggeling, Leiterin des Vringstreffs, über die Fortdauer des Angebotes. Die in der Einrichtung gelebte Idee der Teilhabe beziehe sich ebenso auf den Malkreis. An ihm würden Menschen mit und ohne Problematik, Menschen aus dem Veedel und darüber hinaus teilnehmen, erläutert die diplomierte Sozialpädagogin.

80 oder 47 Jahre alt – egal, alle machen mit
Einige sind seit der Gründung dabei. Etwa die Rentnerin aus dem Kölner Süden. Weit über siebzig Jahre und körperlich geschwächt, macht sie sich noch heute fast jeden Mittwoch auf in Richtung Chlodwigplatz. Auch Anja (47) zählt zu den frühesten Gästen. Nach einer Auszeit versucht sie sich erneut, vorzugsweise in Acryl und stets abstrakt. Aus dem Gefühl heraus kreiert sie Muster. Immer wieder dominieren auf ihren Blättern schräge Linien und Streifen.
„Als mich Ulli Richter gefragt hat, ob ich mit malen möchte, habe ich Ja gesagt“, so Barbara, eine weitere Teilnehmerin. Das war im Februar 2006. „Ich bin jemand, der seit 25 Jahren Tagebuch schreibt. Ich nutzte das Malen hier, um mein Tagebuch zu erweitern. Die Ergebnisse werden eingeklebt. Man kann hier, im positiven Sinne, das machen, was man möchte“, schätzt Barbara die Mittwochs-Treffen. Für Anneliese (80) gehören sie seit zwei Jahren zum festen Wochenplan. Sie brachte Erfahrungen aus anderen Malkursen in die Gruppe. „Es macht einfach Spaß“, begründet sie ihre Anwesenheit. Besondere Freude bereitet ihr die Aquarellmalerei. „Sie liegt mir, wegen der Zartheit.“ Dagegen greift eine ihrer Mal-Kolleginnen lieber zur Pastellkreide. „Weil das so sinnlich ist, man kann die Farben mit den Fingern verstreichen“, beschreibt die 67-Jährige. Sie besuchte vor sieben Jahren eine Vernissage im Vringstreff. Dabei erfuhr sie von dem Kreativ-Angebot. Zuvor hatte sie unter Anleitung einer Freundin gemalt. „Aber erst seitdem ich hierher komme, bin ich regelmäßig künstlerisch aktiv. Man lernt viel hier. Und man bekommt Abstand zu sich selbst.“ Attila (73) führte soziales Engagement in den Vringstreff. „Mit großer Überraschung habe ich dann die Malgruppe ´entdeckt´, und ich bin dabei geblieben.“ In der Gruppe arbeitet er bevorzugt in Aquarell. Zuhause dagegen dürfen es auch schon ´mal Ölfarben sein.

Malen im Wintergarten
Anfangs konnte die Malgruppe sich in einem separaten Raum der Einrichtung ausbreiten. Seitdem dieser als Büro und Beratungszimmer dient, weichen die Malenden in das Café aus. Als bevorzugter Arbeitsplatz hat sich eine Ecke des Eingangsbereichs, eine Art Wintergarten, bewährt. „Die Lösung ist nicht ideal“, gibt Richter zu. „Aber dort ist es am hellsten, dort gibt es das meiste Tageslicht.“

Beim Malen „mutiger und selbstsicherer“ werden
Neue Teilnehmende würden oft mit der Einschränkung vorstellig: „Ich kann gar nicht malen“, so Richter. „Nach ein paar Tagen sehen sie dann, dass etwas entsteht. Sie werden mutiger und selbstsicherer.“ Diese individuellen Entwicklungen motivieren auch Richter. „Förderung und Anleitung sind sehr wichtig. Viele wollen gefordert werden, andere benötigen eher Freiraum zum Experimentieren“, hat sie festgestellt. „Und nur so macht auch mir die Aufgabe Spaß.“ Dabei sieht sich Richter als Ansprechpartnerin über das Kunstmachen hinaus. „Zuhören ist sehr wichtig.“

„Farbe ist das, was gut tut“
Hin und wieder, etwa in der Vorweihnachtszeit, wird schon mal gebastelt. Im Vordergrund steht dabei aber noch immer die Malerei, mit Acryl, Aquarell und Pastell auf Papier. „Farbe ist das, was gut tut“, argumentiert Richter. Manche der Teilnehmenden malen auch außerhalb der Gruppe. Viele jedoch beschränken ihre kreativen Momente auf die wenigen Stunden am Mittwoch. „Unser Angebot ist kostenfrei“, betont Richter. „Die Materialien werden gestellt.“ Dafür sorgen Spenden. Einmal bekamen die Teilnehmenden durch Initiative von Künstler Cornel Wachter und Lutherkirchen-Pfarrer Hans Mörtter, Vorsitzender des Vringstreff-Vereins, sogar Leinwände zur Verfügung gestellt. Ansonsten sorgen auch schon mal Richters Freundinnen mit ihren Basarerlösen für ein Plus in der Kasse. Dass sich der Vringstreff in Mitträgerschaft der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in der Südstadt befindet, ist Richter und den Hobby-Malenden bekannt. Sie seien dankbar für das Angebot. Für das Malen selbst spiele diese Tatsache aber keine Rolle.

Zweimal jährlich: Eine öffentliche Ausstellung
Ein bis zwei Mal jährlich präsentiert sich die Gruppe der Öffentlichkeit. Dann zeigt sie im Vringstreff Arbeiten zu einem bestimmten Thema. „Diesen Ausstellungen gilt eine besondere Konzentration. Wir arbeiten gezielt darauf hin.“, so Richter. „2006 hatten wir das Thema Hände. Zuletzt ging es um die Arbeit mit Komplementärfarben. Der Titel: „Rot benötigt Grün, (um zu leuchten). Blau fehlt Gelb (um Grün zu werden).“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich