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Abschied nach 35 Jahren: Der Porzer Pfarrer Martin Garschagen wird in einem Festgottesdienst entpflichtet

Fast erscheint es Martin Garschagen, als sei sein Weg vorgezeichnet gewesen – nicht nur, was die Wahl des Berufs angeht, sondern auch die der inhaltlichen Schwerpunkte. Als Sohn eines Pfarrers, dessen Vater ebenfalls Pfarrer war, in Bad Kreuznach aufgewachsen, hatte er dort Tag für Tag Patienten, Ärzte und das Pflegepersonal der Kreuznacher Diakonie vor Augen: „Die Nahtstelle zwischen Diakonie, Seelsorge und Verkündigung war für mich immer besonders wichtig“, sagt Pfarrer Garschagen, der jetzt nach 35 Jahren Dienst in der Evangelischen Kirchengemeinde Porz seinen Abschiedsgottesdienst in der Lukaskirche feiert.

So war es nur folgerichtig, dass Martin Garschagen, der hauptsächlich an der Eiler Markuskirche tätig war, schon ab 1984 das Amt des Synodalbeauftragten für Diakonie des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch übernahm – und dann 14 Jahre lang inne hatte – sowie im Vorstand des Diakonischen Werks Köln und Region mitarbeitete. Aber auch vor Ort hatte dies Konsequenzen: „Die Studentenbewegung der 60er Jahre hatte ja unter anderem zur Folge, dass bestimmte Tabus aufgebrochen, dass Themen aus Dunkelheit und Verdrängung hervorgeholt wurden“, erklärt er.

Gründung des Vereins „Porzer Bürger für psychisch Kranke e.V.“
Etwa wenn es darum ging, die Situation psychisch kranker Menschen zu verbessern. So wurden in den 80er Jahren Gesprächs- und Vortragsabende mit Patienten, ihren Angehörigen und Pflegekräften aus dem Alexianer-Krankenhaus in Ensen veranstaltet, an einem Runden Tisch waren Deutsches Rotes Kreuz, Caritas-Verband und Diakonie beteiligt. Diese Arbeit, die maßgeblich durch den Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch gefördert wurde, führte im Jahre 1989 zur Gründung des Vereins „Porzer Bürger für psychisch Kranke e.V.“, dessen Vorsitzender Martin Garschagen neun Jahre lang war.

Gegen eine Verdrängung von Sterben und Tod aus dem Leben
Möglich sei dies auch durch die „vorbildliche ökumenische Zusammenarbeit“ mit der katholischen Nachbargemeinde St. Bartholomäus in Urbach – heute Christus König – gewesen, betont Pfarrer Garschagen. Ebenso wie eine weiteres Großprojekt, die Gründung des „Fördervereins Hospiz Köln-Porz e.V.“. „Seit den 60er und 70er Jahren waren Sterben, Tod und Beerdigung immer weiter aus dem Leben der Gemeinden verdrängt worden, das fand meist im Krankenhaus statt. In meiner Kindheit war es noch anders, da wurden Verstorbene zwei Tage lang zuhause aufgebahrt, und alle Gemeindeglieder verabschiedeten sich von den Toten, auch die Kinder“, erzählt der 65-Jährige.

Errichtung eines Hospizes mit neun Plätzen
In Porz wurde zunächst ein Besuchsdienst für die Begleitung Sterbender und ihrer Familien eingerichtet, es wurden Vorträge und Gottesdienste zum Thema angeboten. Dieser Prozess mündete vor zwölf Jahren in den Bau des Porzer Hospizes, das neun Plätze hat und von der Stadt und dem Caritasverband getragen wird. Der Förderverein hat mittlerweile rund 750 Mitglieder und ist der zweitgrößte seiner Art in Nordrhein-Westfalen: „Wir sind dankbar, dass wir dazu beitragen konnten, dem Thema die öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen, die es heute hat“, sagt Martin Garschagen.

Seminare über die Bergpredigt und Persönlichkeiten der Reformation
Wichtig war dem Pfarrer aber auch die Partnerschaft mit der Gemeinde Göllnitz, ab 1983 fanden regelmäßig Besuche von Abordnungen der Porzer Gemeinde in Brandenburg statt, ab 1990 konnten sie erwidert werden. Aber Pfarrer Garschagen brachte auch die aktuelle theologische Diskussion in die Gemeindearbeit ein. Ab 2003 bot er Seminare zu unterschiedlichen Themenfeldern an: Er infomierte über die Bergpredigt, sprach über das Verhältnis von Christentum und Islam und referierte über Persönlichkeiten der Reformation, zum Beispiel über Philipp Melanchthon und Johannes Calvin. „Einiges ist zu kurz gekommen, bei Konfirmandenfreizeiten zum Beispiel waren andere sicher aktiver“, sagt der Pfarrer. Aber das sei eben von Vorteil, wenn eine Gemeinde über mehrere Pfarrer verfüge – gemeinsam könne man ein breites Feld abdecken. Dass die Porzer Gemeinde nicht mehr, wie noch bei seinem Amtsantritt 1980, sieben Pfarrstellen hat, sondern nur noch viereinhalb, sieht er nicht als besonders kritisch an: „Die Zahl der Gemeindeglieder ist in dieser Zeit ja auch geschrumpft, von etwa 19.000 auf rund 12.000.“

Im Kalender stehen bereits sieben Gottesdienste
Sicher aber werde er immer mal wieder bei Gottesdiensten aushelfen, sieben Termine stünden jetzt schon in seinem Kalender, erzählt Martin Garschagen lächelnd. „Demnächst werde ich auch wieder in der Kantorei mitsingen, meine Frau Christine, die ebenfalls sehr aktiv in der Gemeinde war, macht da schon mit.“ Das Ehepaar lebt seit einem Jahr in Bergisch Gladbach, dort wird sich der Pfarrer im Ruhestand seinen Hobbys widmen, dem Lesen, Wandern und Musik genießen. Aber er möchte auch seine Englischkenntnisse aufpolieren, Kochen lernen und seiner Frau „partnerschaftlich im Haushalt helfen.“ Und bei der Theologie will er weiter auf dem Laufenden bleiben, auch wenn Sohn und Tochter mit der Familientradition gebrochen und andere berufliche Wege eingeschlagen heben. Dann kommt eine neue Aufgabe auf Martin Garschagen zu: „Für Januar hat sich der erste Enkel angekündigt“, erzählt er stolz.

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Pfarrer Martin Garschagen wurde am Sonntag, 16. August, um 15 Uhr mit einem Festgottesdienst in der evangelischen Lukaskirche, Mühlenstraße 2, verabschiedet. Die Entpflichtung nahm Pfarrerin Andrea Vogel, Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, vor.

Text: Hans-Willi Hermans
Foto(s): Hans-Willi Hermans