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3- bis 83-Jährige führten die „Heilung des Gelähmten“ in Weiden auf

Die vier Männer mit der Trage, auf der ein Gelähmter liegt, sind zu spät gekommen. Die Menschen drängeln sich schon vor der Tür des Hauses, in dem Jesus spricht. „Unverschämtheit“, maulen einige, als die vier Bahrenträger dennoch versuchen, ins Innere zu gelangen, und „bleibt doch draußen.“ Die Stimmen sind etwas hoch, denn „das Volk“ wird größtenteils von Kindern in Kostümen gespielt bei dieser Aufführung der „Heilung des Gelähmten“ in der Kirche der Gemeinde Weiden.

Die Inszenierung nähert sich nun einem spektakulären Höhepunkt: Die Trage mit dem Gelähmten wird von der Orgelempore abgeseilt – schließlich mussten die Männer in der biblischen Geschichte Teile des Dachs abdecken, um die Trage mit ihrem Freund Joshua anschließend mit Stricken von oben vorsichtig vor die Füße Jesu zu legen.

Heiler der Seele
In der Weidener Version liegt die Darstellerin des Joshua – Chiara Lehmann – da natürlich längst nicht mehr auf der Bahre, sondern ist vorher unbemerkt von den Zuschauern abgestiegen. Nun weicht das „Volk“ zurück und gibt den Blick frei auf den „Gelähmten“, der vor Jesus (Vivien Esser) liegt und von ihm geheilt wird. Mit der Heilung des Leibes gibt er auch den Ungläubigen eine Ahnung davon, dass er ein Heiler der Seele ist.

Gesang mit viel Schwung
Aber in Weiden wird ja nicht nur die Handlung gezeigt, es handelt sich um ein Musical, und darum wird auch laut und mit viel Schwung gesungen: „Freunde, Freunde, Freunde haben ist wie ein Geschenk“, singt der Chor aus etwa 30 Gemeindegliedern im Alter zwischen drei und 83 Jahren, oder „verändert, verändert von Jesus, Jesus, wir haben Wunder gesehen.“ Und zwar so schmissig, dass die Zuschauer einfach mitsingen müssen. Am Ende, nach dem Schlussapplaus, gibt’s noch eine Überraschung für Diakonin Gitta Schölermann und ihren Regieassistenten Thaddäus Ochs: „Gitta, verändert von Gitta…“ singt der Chor als Zugabe, beziehungsweise „verändert von Thaddäus“ – als Dank für die Arbeit in den vergangenen Monaten.

Abseilung unter der Empore
„Wir haben vor Ostern angefangen“, erzählt die Diakonin, die auch für die Jugendarbeit in der Evangelischen Gemeinde Weiden/Lövenich zuständig ist und die Gesamtleitung hatte. Schauspieler, Chor und siebenköpfige Band hätten je eine Stunde geprobt, über die Ferien musste jeder den Text auswendig lernen. Nach Ostern waren zwei Proben angesetzt, zuletzt noch eine „Abenteuernacht“ vor der Aufführung. Da wurde die Kirche „umgedreht“, weil die Spieler ja wegen des „special effects“ mir der Abseilung unter der Empore im hinteren Teil stehen mussten.

Musical im Internet gefunden
„An früheren Musical-Projekten haben wir manchmal sieben Monate gearbeitet, aber das war manchen einfach zuviel“, so Schölermann. Deshalb konnten sich diesmal sogar bis zur Generalprobe noch Mitspieler melden: „Die können dann natürlich keine Sprechrollen übernehmen, sondern kommen direkt zum ‚Volk’“, erzählte Schölermann. Sie hatte das etwa 30 Minuten lange Musical im Internet bei einem Verlag entdeckt, der auf Stücke für Laien-Aufführungen spezialisiert ist, und „Die Heilung des Gelähmten“ wegen der Eingängigkeit der Songs ausgesucht: „Manchmal erzählen mir Eltern, dass die Kinder noch zuhause die Refrains weiter singen“, berichtet die Diakonin lächelnd.

Tolles Erlebnis: die „Abenteuernacht“
Ein tolles Erlebnis sei aber auch die „Abenteuernacht“ gewesen. „Die Zeit, die man da miteinander verbringt, das Essen, die Gespräche, ist eigentlich der schönste Teil solcher Projekte“, meint Gitta Schölermann, die in jedem Jahr ein Musical in der Gemeinde einstudiert. „Dann redet man häufig auch über Dinge, die in der Gemeinde unbedingt angestoßen werden müssten.“

Text: Hans-Willi Hermans
Foto(s): Hans-Willi Hermans