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„Mein Engagement ist auch ein Dankeschön“

Ein bisschen war es wie bei der Konfirmation: Feierlich zogen Menschen in erwartungsvoller Anspannung zu Beginn des Gottesdienstes in die Kirche ein, nur dass die meisten deutlich älter waren als 14 und sich für ein Ehrenamt auf vier Jahre verpflichtet haben. Am vergangenen Sonntag haben die evangelischen Kirchengemeinden im Rheinland ihre Presbyterinnen und Presbyter in ihr neues oder auch schon altes Amt eingeführt und sie damit für vier Jahre verpflichtet, die Gemeinde zu leiten. Unter dem Motto „Kirche mit Spielraum“ waren die evangelischen Gemeindeglieder im Rheinland Anfang Februar zur Wahl aufgerufen, allerdings nur dort, wo es mehr Kandidatinnen und Kandidaten gab als zu besetzende Presbyteriumsplätze. In etwa der Hälfte aller rheinischen Kirchengemeinden konnte gar keine Wahl stattfinden. Dieses Bild zeichnete sich auch im Kirchenkreis Köln-Nord ab, hier wurde in nur fünf von zehn Gemeinden gewählt, und im Kirchenkreis Köln-Mitte, wo in drei von sechs Gemeinden gewählt wurde. Im Kirchenkreis Köln-Süd mit 17 Gemeinden und im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch mit 20 Gemeinden fiel der Gang zur Urne in jeweils einem Drittel der Gemeinden aus. Anders als in Nord und Mitte konnten hier aber ausreichend viele Kandidaten gefunden werden, so dass keine Ämter unbesetzt bleiben.

Manchen fehlen Mut und Zutrauen in die eigene Befähigung
„Grundsätzlich haben viele Gemeinden, in denen keine Wahl stattgefunden hat, ebenso intensiv nach Kandidatinnen und Kandidaten gesucht wie die Gemeinden, in denen eine Wahl stattgefunden hat“, sagt Günter A. Menne, Leiter des Amtes für Presse und Kommunikation im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region. In etlichen Gemeinden schieden mehrere Mitglieder aufgrund der Altersgrenze auf einmal aus. Jüngere fanden sich wegen hoher beruflicher und zeitlicher Belastung nicht immer in ausreichender Zahl. „Auch mangelte es hier und da an Mut und Zutrauen in die eigene Befähigung.“ Selbst die verkürzte Amtszeit von acht auf vier Jahre erscheine in Zeiten beruflicher Unsicherheit und möglicher Veränderungen manchen Menschen immer noch zu lang. Es wurden aber auch strukturelle Gründe angeführt, die gegen eine Übernahme des Ehrenamtes sprachen, so unter anderem die zunehmende Belastung durch den finanziell notwendigen Personalabbau in den Gemeinden. „Zudem wird ehrenamtliches Engagement auch in vielen anderen Lebensfeldern gefordert und benötigt“, so Menne, „fähige Laien sind in der Regel nicht nur in der Kirche, sondern auch an anderen Orten aktiv und willkommen, das heißt das Presbyteramt hat viel Konkurrenz bekommen.“

Kontinuität ist abgebrochen durch Amtsverkürzung
Der Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, Dr. Bernhard Seiger meint, dass die Verkürzung der Presbyteramtszeit von acht auf vier Jahre „nicht – wie von manchen erhofft – zur Erhöhung der Motivation bei der Kandidatenfrage beigetragen“ habe. Vielmehr sei die frühere Kontinuität durch die neue Regelung gefährdet, unterbrochen zu werden: „Wenn alle Presbyter alle vier Jahre zur Wahl stehen, entsteht Ungewissheit auch bei denen, die gerne Verantwortung tragen würden und es könnten.“ Es sei zudem leichter, für jeden Wahlgang nur ein paar neue Kandidaten zu gewinnen als in jedem Turnus alle aktiven Presbyter erneut plus etliche Neue zur Aufstellung zu motivieren.

Kenntnisse und Erfahrungen einbringen
Die Redaktion sprach mit zwei Gemeindegliedern, die hoch motiviert ihr Amt antreten und in den kommenden vier Jahren ihre Kenntnisse und Erfahrungen in die Leitung ihrer Kirchengemeinde einbringen wollen:

Renate Grunau ist 67 Jahre alt und war rund 30 Jahre bei den Kirchenverbänden in Bonn und Köln beschäftigt. Sie lebt seit ihrem Eintritt in den Ruhestand vor knapp fünf Jahren in Köln-Zollstock und wurde jetzt erstmals zur Presbyterin gewählt.

Renate Grunau
Welche Beziehung haben Sie zu Ihrer Kirchengemeinde?
Ich fühle mich hier in der Gemeinde sehr wohl, sie ist so geerdet, mit vielen treuen Gemeindegliedern. Über den Gospel-Chor bin ich hier hineingewachsen, ich nehme gerne an den an Festen teil und gehe zu den Filmabenden, zwei Pilgertouren habe ich auch schon mitgemacht. Vor allem der Sonntag hat für mich eine Struktur bekommen mit dem Gottesdienst und dem anschließenden Kirchencafé, wo man sich austauschen kann.

Warum haben Sie sich als Kandidatin aufstellen lassen?
Schon vor zwei Jahren bin ich gefragt worden, doch damals wollte ich noch nicht. Jetzt aber habe ich die Kraft, mich ehrenamtlich zu engagieren. Ich habe zwar keine Langeweile, habe meine Enkel, aber ich freue mich auch darauf, wieder Neues in den Blick nehmen, mitdenken und entscheiden zu können. Ich sehe das als Herausforderung an. Wo genau ich mich einbringen werde, weiß ich noch nicht. Soziale Themen liegen mir eher als Finanzen. Mir ist in jedem Fall wichtig, dass wir als Gemeinde offen und einladend sind, auch in der Ökumene und auch im Hinblick auf ausländische Mitbürger.

Was bringen Sie mit für Ihr neues Amt?
Einbringen kann ich sicher meine Kenntnisse und Erfahrungen mit kirchlichen Strukturen, vielleicht auch bei organisatorischen Aufgaben. Ich sehe mein künftiges Engagement auch ein bisschen als Dankeschön an meinen Arbeitgeber. Denn ich habe mich im Kirchenverband immer aufgehoben gefühlt und viel Unterstützung erfahren, gerade auch in schwierigen Zeiten. Auch darum habe ich immer gesagt, wenn ich mich ehrenamtlich engagiere, dann in einer Kirchengemeinde, das liegt mir nahe.

Was halten Sie von der Verkürzung der Amtszeit von acht auf vier Jahre?
Ich finde die Verkürzung gut, einen Zeitraum von vier Jahren kann ich gut überblicken. Bei acht Jahren hätte ich mich wohl nicht aufstellen lassen.

Wie haben Sie die Einführung am Sonntag erlebt?
Die Einführung war für mich ein bisschen wie die Konfirmation. Wir haben uns schon vor dem Gottesdienst getroffen und sind dann gemeinsam mit Pfarrer Gerhard Johennecken und Prädikantin Claudia Lautner in die Kirche eingezogen. Der Gottesdienst war sehr feierlich mit Orgel, Trompete und dem Flötenkreis gestaltet, etwas Besonderes eben in jeder Hinsicht.

Klaus-Michael Bornfleth ist 62 Jahre alt und lebt seit 30 Jahren in Köln-Dellbrück. Als leitender Angestellter war er auch für Versicherungen von Architekten und Bauunternehmen zuständig. 20 Jahre lang war er Betriebsrat, davon zehn Jahre Betriebsratsvorsitzender. Nachdem er 2003 aus dem Berufsleben ausgeschieden war, ließ er sich ein Jahr später als Kandidat für das Presbyterium aufstellen und wurde jetzt – diesmal ohne Wahl mangels Kandidaten – für weitere vier Jahre verpflichtet.

Klaus-Michael Bornfleth
Warum haben Sie sich vor acht Jahren zum ersten Mal aufstellen lassen?
Wegen meiner beruflichen Erfahrungen war ich zuvor schon Mitglied im Kirchbauverein und sachkundiges Gemeindemitglied im Bauausschuss. Als ich dann vorzeitig in den Ruhestand entlassen wurde, hatte ich die Zeit für das Presbyteramt. Ich habe mich damals bewusst für ein Ehrenamt in der Kirchengemeinde entschieden, weil ich meine Kompetenzen hier am besten einbringen kann.

Welche Kompetenzen sind das?
Zum einen meine Erfahrungen im Bauwesen, dann aber auch meine Kenntnisse von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Als Leiter unserer Betriebskrankenkasse hatte ich etwa 20 Angestellte zu führen. Diese Zahl entspricht in etwa den hauptamtlich Mitarbeitenden einer durchschnittlichen Kirchengemeinde inklusive Kindertageseinrichtung. Im Presbyterium war ich in den vergangenen Jahren unter anderem für die Personalfragen zuständig. Im Studium lernen unsere Pfarrerinnen und Pfarrer nicht genug zu Fragen des Personalwesens oder der Betriebswirtschaft. Hier können wir Laien mit unseren unterschiedlichen beruflichen Erfahrungen helfen.

Was hat Sie motiviert, jetzt weiterzumachen?
Die Zusammenarbeit im Presbyterium macht mir großen Spaß. Vor allem jetzt, wo wir nach jahrelangem Sparkurs finanziell und personell wieder solide aufgestellt sind, möchte ich weiter mitmachen. Wir haben im letzten Jahr eine Konzeption entwickelt, an deren Realisierung ich weiter mitarbeiten möchte, denn sie soll ja nicht nur totes Papier bleiben, sondern auch gelebt werden. Im Sommer erwarten wir die Visitation, bei der ich gerne als Presbyter mitwirke. Ich fühle mich einfach sehr wohl in unserer Gemeinde, in allen drei Bezirken von Holweide über Dellbrück bis Thielenbruch. Wir haben viele unterschiedliche Leute mit ganz verschiedenen Talenten und Temperamenten, die sich alle toll ergänzen, wir sind zwar drei Bezirke aber doch „ein Haufen“.

Befürworten Sie die Verkürzung der Amtszeit von acht auf vier Jahre?
Ja absolut, vier Jahre sind doch viel überschaubarer. Es ist ja heute so, dass Menschen, die im Beruf stehen, oder auch Neupresbyter sich gar nicht auf acht Jahre festlegen können, das ist einfach eine sehr lange Zeit.

Wie haben Sie den Einführungsgottesdienst empfunden?
Es war ein schöner Gottesdienst, bei dem nicht nur die Presbyter in ihr Amt eingeführt, sondern auch die Konfirmanden vorgestellt wurden. Die Konfirmanden waren – sagen wir mal – sehr lebhaft. Zusammen haben wir über Glaubensinhalte nachgedacht und uns dabei am Abendmahl von Leonardo da Vinci orientiert, das die Konfirmandinnen und Konfirmanden in einer Freizeit nachempfunden hatten. Der Gospel-Chor hat besonders schön gesungen – insgesamt war das ein sehr motivierender Gottesdienst für die Aufgaben der kommenden Amtsperiode.

Text: Martina Schönhals
Foto(s): Martina Schönhals, EKiR