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Der Blick von Nippes auf die Welt: Heinrich Pachls Jahresrückblick in der Kulturkirche

Heinrich Pachl kann als erfahrener Kabarettist ohne Probleme alleine einen ganzen Abend füllen. Bei seinem Jahresrückblick „Das war 2004!“ in der Kulturkirche Köln bekam er trotzdem Unterstützung. Nicht nur durch sich selbst – als Videoprojektion auf die Rückseite der Bühne. Solche multimediale Finessen sind ja inzwischen Standard in der Kulturkirche der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Nippes. Musikalisch segmentierte „Dicke Luft“ den Abend, also eine Gruppe, die als Bläserorchester angekündigt war. Dies könnte irreführend sein, da die Rhythmusgruppe aus Bass, Gitarre, Schlagzeug und Perkussion besteht.

Weltstadtteil Nippes
Der Jahresrückblick traf auf großes Interesse, war doch die Kulturkirche wieder einmal sehr voll. Zu hören bekam das Publikum Pachls Ansichten über die große wie die kleine Welt, wobei nicht immer zu entscheiden war, welches von beiden denn nun der „Weltstadtteil Nippes“ ist. So räsonierte der Kabarettist und Wahl-Nippeser über die Bundespolitik, etwa die Slogans der großen Parteien: „Das wichtige Tun“ und „Die Chance nutzen“. Beide Male zeigte er sich verblüfft über die Auslassungen: Wer soll das Wichtige tun? Und verschweigt der Slogan der CDU nicht, dass man eigentlich gar keine Chance hat? Auch ansonsten warf für Pachl die Bundespolitik viele Fragen auf: Ist Merkels Steigerung auf Kohl Köhler? Ist der Abschied von Merz als Variation davon zu sehen, dass die Ratten das sinkende Schiff verlassen? Oder hat Merz, „der Klaus Kinski der CDU“, das Schiff von Angela Merkel, der „Pommerschen Kampfkartoffel“, nur verlassen, damit das Schiff endlich sinkt? Und nötigt auf internationalem Parkett nicht das Können der Vereinigten Staaten von Amerika, insbesondere von George W. Bush, nicht Respekt ab? Beherrscht der wiedergewählte Präsident nicht die unglaubliche „Kunst, sich gegen empfundene und dazu noch selbst erfundene Bedrohung entschlossen zu zeigen“?

Bezüglich der nur mutmaßlich kleinen Welt der Kommunalpolitik, die in Köln ja laut Pachl zu Recht nicht von Kommunal-, sondern von Lokalpolitikern gemacht wird, kamen Themen zur Sprache wie: Die Weiterentwicklung des Klüngels zum Luxus, schließlich hat Arentz Geld bekommen, ohne etwas dafür zu tun. Die „Talibanisierung der Politik in Köln“ durch Kardinal MeisAdolf-Grimme-Preis für Unterhaltung (Film homo blech) Deutscher Kleinkunstpreis Unterhaus Mainz (Absahnierung)ner anlässlich der Einweihung des neuen Ratssaals. Auch die krude Verkehrspolitik am Beispiel der Straßenbahnlinie 13, die nur in verkehrsarmen Abschnitten unterirdisch verläuft, war Thema.

Als Ausblick sprach Pachl schließlich noch den anstehenden Papstbesuch in Köln an. Er freute sich auf den Heiligen Vater auf den Poller Wiesen, transportiert vom „Papamobil“, das den Papst sowohl ver- wie auch entsorgt – man spreche wohl auch deshalb vom „Heiligen Stuhl“.

Eingerahmt wurde der von durchgängigem Gelächter begleitete Abend durch „Dicke Luft“, deren Darbietung ebenfalls Beifallsstürme erntete. Der Erfolg der fülligen und mitunter rhythmisch raffinierten Arrangements hätten womöglich gerade in der schwierigen Akustik der Kulturkirche durch eine konventionellere Aufstellung und einen Dirigenten maximiert werden können. Dem Erfolg der mitunter auf Knien gespielten Stücke tat das aber keinen Abbruch, so dass Pachl wie „Dicke Luft“ einen dankbaren Applaus für den gelungenen Abend in der Kulturkirche erhielten.

Text: Anselm Weyer
Foto(s): Anselm Weyer