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Zur Schließung der Jugendeinrichtung Offene Tür Rhöndorfer Straße

Die Stimmung in der Offenen Tür Rhöndorfer Straße ist schlecht. Bei den Jugendlichen wie Mitarbeitenden. Denn in „ihrem“ Jugendzentrum gehen mit dem Jahresende 2003 endgültig die Lichter aus. „Viele sind richtig traurig“, beschreibt der Sozialpädagoge Helge Schaar die Gemütsverfassung der 10- bis 20-Jährigen, die regelmäßig die Einrichtung der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Klettenberg besuchen.

Sinnvoll gestaltete Freizeit
Während der Woche kommen jeden Nachmittag und Abend bis zu vierzig von ihnen in den langen Flachbau. „Sie verbringen hier nicht nur einfach ihre Freizeit, sondern gestalten sie sinnvoll. Hier werden sie betreut und begleitet“, betont Schaar. „Denn wir sind in erster Linie eine Anlaufstelle für die Jugendlichen, die in irgendeiner Weise einen Schonraum, Rat und Hilfe brauchen.“

Im von der Sozialpädagogin Susanne Schlenker geleiteten Jugendzentrum stehen Kicker, Billardtisch und Tischtennis-Platten. Man surft im Internet, treibt unter Anleitung von Honorarkräften Sport, töpfert und versucht sich an einer Kletterwand. Neben dem Sportbereich liegt sogar ein Proberaum für die hauseigene Band und fremde Musiker. Schließlich erhalten hier SchülerInnen des Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums der Sekundarstufe I eine Übermittagsbetreuung.

Kirchensteuern gehen massiv zurück
Die Gründe für die im Februar 2003 festgelegte Schließung der Offenen Tür Rhöndorfer Straße seien finanzieller Natur, so Astrid Francovich, Presbyterin und Jugendkirchmeisterin der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Klettenberg. „Aufgrund zurückgegangener Kirchensteuereinnahmen sowie einem neuen Schlüssel seitens des Stadtkirchenverbandes zur Verteilung von Kirchensteuern an die Gemeinden müssen wir in 2004 unseren laufenden Haushalt um gut 90.000 Euro und in den Folgejahren insgesamt noch einmal um circa 50.000 Euro kürzen.“

Angesichts etlicher Fixkosten hätten sich dem Presbyterium nur wenige Bereiche für Einsparungen geboten. So habe man in 2003 bereits die freigewordenen Stellen von Kantorin wie Küster reduziert und über Personalabbau begonnen die Verwaltungsausgaben zu mindern. Mit Beginn 2004 müsse die OT aufgegeben werden. Die Gemeinde habe den notwendigen Trägeranteil von 15 % plus einige zusätzliche Kosten, insgesamt rund 33.000 Euro jährlich, nicht mehr aufbringen können. Aufgrund der vom Stadtrat beschlossenen Sparmaßnahmen im Jugendbereich und der vor kurzem angekündigten Reduzierung der Landesmittel im Landesjugendplan wäre es der Kirchengemeinde voraussichtlich auch ohne die Sparmaßnahmen seitens des Stadtkirchenverbandes ab 2005 nicht mehr möglich gewesen, die erheblich höheren Trägerkosten zu finanzieren, prognostiziert Francovich.

Jugendarbeit: Eine Chance für die Gemeinden, Ansehen und Bekanntheit im Stadtteil zu erlangen
Ende des Jahres 2003 existierten in Köln rund siebzig Einrichtungen für Offene Jugendarbeit. Zehn davon sich in evangelischer Trägerschaft. Noch. Denn jede Gemeinde müsse in Zukunft für sich rechnen, ob und wie sie die 15%-Eigenmittel als Träger aufbringen könne, sagt Stephan Osinski, Leiter der Offenen Tür Werkstattstraße der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Nippes und Vertreter der offenen evangelischen Jugendarbeit auf städtischer Ebene, was er sehr bedauert, denn: „Diese Jugendarbeit stellt einen wichtigen ´Gebrauchswert´ für die Gemeinde dar“. Kirche werde von vielen Menschen daran gemessen, welchen „Gebrauchswert“ sie über die „Dienstleistungen“ wie Konfirmandenunterricht, Seelsorge, Trauungen oder Taufe hinaus biete. „Mit ihren Angeboten erreichen Offene Türen Eltern, Kinder und Jugendliche über die evangelische Gemeinde hinaus.“ Die Gemeinde erhalte dadurch Ansehen und Bekanntheit im Stadtteil. Außerdem die Möglichkeit der Vernetzung mit weiteren Diensten und Organisationen sowie der sozialen und politischen Gestaltung.

Text: Engelbert Broich für den WEG
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